EZB und Griechenland-Krise: Herrin des Geldes
Ohne die Notkredite der EZB bricht Griechenlands Wirtschaft zusammen. Ökonomen streiten, ob sie fließen müssen oder nicht.
Berlin taz/dpa | Ökonomen haben unterschiedliche Einschätzungen über die künftige Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) gegenüber Griechenland. Die einen erwarten, dass die EZB mit Notkrediten die Wirtschaft des Landes vor dem völligen Zusammenbruch bewahrt, bis es Klarheit über den weiteren Weg gibt. Andere sehen den Grexit kommen.
Seit die Regierung in Athen am 28. Juni das Referendum angekündigt hatte, hatte die EZB den Kreditrahmen nicht erhöht, sondern bei einer Obergrenze von 89 Milliarden Euro eingefroren. In den Wochen davor hatte sie den Rahmen stets im erforderlichen Maße erweitert. Jetzt hat die Europäische Zentralbank (EZB) beschlossen, die Notkredite für griechische Banken unverändert aufrechtzuerhalten. Dies entschied der EZB-Rat laut einer Erklärung am Montagabend in Frankfurt am Main.
Die Gewährung von Notkrediten bedeutet aber nicht, dass die EZB Griechenland physisch Geld zur Verfügung stellt oder gar Euro-Scheine auf den Peleponnes transportieren lässt. Vielmehr erlaubt die EZB der griechischen Notenbank den Banken weitere Kredite zu gewähren. Die sogenannten ELA-Kredite halten die griechischen Banken über Wasser. Zwar darf die EZB nur Banken helfen, die unter vorübergehenden Liquiditätsengpässen leiden. Doch die Vorgaben sind ungenau und lassen Interpretationsspielräume.
Weitere Notkredite der EZB seien richtig und notwendig, sagte Gustav Horn, Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. „Die EZB ist verpflichtet, den Zahlungsverkehr aufrechtzuerhalten, solange Griechenland im Euro ist.“ Stoppt die EZB die Notkredite, würde der Zahlungsverkehr und damit die griechische Wirtschaft zusammenbrechen.
Staatliche Schuldscheine
Der Ökonom geht davon aus, dass die EZB Griechenland weiterhin Notkredite gewähren wird. „Sie ist Herrin des europäischen Geldes“, sagte er. „Sie kann das so lange machen, wie sie es für erforderlich hält.“ Das ist seiner Einschätzung nach so lange, bis es eine politische Lösung gibt. „Die Griechenlandkrise wird nicht über die Geldpolitik entschieden“, sagte Gustav Horn. „Die EZB darf keine politische Vorentscheidung fällen.“
Andere Ökonomen gehen aber davon aus, dass die EZB die Notkredite nicht mehr lange gewährt. „Ich erwarte in den kommenden Wochen einen kompletten Zusammenbruch des griechischen Bankensystems, denn die EZB wird ihre Notfallhilfen nicht aufrechterhalten können“, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Fratzscher glaubt, dass die griechische Regierung staatliche Schuldscheine einführen wird. Das wäre eine Parallelwährung zum Euro. Athen hat sich bislang allerdings strikt gegen dieses Modell ausgesprochen.
Sein Kollege Hans-Werner Sinn vom Münchener ifo-Institut fordert ein Ende der ELA-Kredite. Der griechische Staat sei pleite, und mit ihm seien auch die Banken des Landes pleite, sagte er. In dieser Lage dürfe die EZB nicht weiter zulassen, dass die griechische Notenbank den Banken weitere Notkredite gewähre. „Damit kommt freilich die Wirtschaft zum Erliegen, wenn nicht rasch ein neuer fiskalischer Rettungsschirm aufgespannt wird oder Griechenland zur Drachme zurückkehrt.“
Ein Stopp der Kredite würde zu einem Verlassen des Euros führen, sagt auch Ökonom Horn. Aber im Gegensatz zu Sinn fürchtet er dieses Szenario. „Das ist eine zynische Variante des Grexit“, sagte er.
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