Gastkommentar von Lothar Probst über das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen: Regierungspartei auf Abruf?
ist Professor am Institut für Politikwissenschaft sowie Geschäftsführer des Instituts für interkulturelle und internationale Studien der Uni Bremen.
Nach den hohen Verlusten bei der Bürgerschaftswahl, die viele hausgemachte Gründe hatten, hieß es bei den Grünen: Ein Weiter so geht nicht.
Ein Neuanfang sollte her – in der Partei und in der Koalition. Als Beobachter der politischen Landschaft in Bremen reibt man sich nach den Koalitionsverhandlungen verwundert die Augen: Ist das der versprochene Neuanfang? Statt eines Zaubers, der, frei nach Hermann Hesse, jedem Anfang inne ist, liegt über diesem Neuanfang das Damoklesschwert des Scheiterns.
Unprofessionell, kopflos, ideenlos, hasenfüßig – so präsentiert sich eine grüne Partei, die noch vor vier Jahren zweitstärkste Kraft in der Bürgerschaft war. In die Koalitionsverhandlungen gingen die Grünen offensichtlich ohne Plan. Die angeschlagene Spitzenkandidatin war offensichtlich nicht in der Lage, die Rolle der grünen Verhandlungsleiterin auszufüllen.
Erstaunlich, was sie als Hüterin der Finanzen alles hat durchgehen lassen: 180 Millionen für den OTB, 180 Millionen für neue Straßenbahnen, Millionen für neue Lehrerinnen und Lehrer, Zurückfahren der geplanten Personaleinsparungen – von den Risiken der alten Legislaturperiode und zukünftigen Einkommenssteigerungen beim Personal im Öffentlichen Dienst ganz zu schweigen. Für die SPD waren die Grünen in den Koalitionsverhandlungen offensichtlich leichte Beute.
Wer jetzt die Legalisierung von Haschisch als grünen Erfolg verkauft, der hat die Messlatte schon so niedrig gehängt, dass darunter auch Zwerge durchpassen. Das Hauptziel der Verhandlungsstrategie war anscheinend: Wieder in die Regierung mit dem bisherigen Personal. Ob das den Grünen in den nächsten vier Jahren wieder Profil geben kann, ist nach den Erfahrungen der letzten Legislaturperiode zumindest nicht selbstverständlich.
Wenn nicht von der Regierungsriege, dann müsste zumindest von der grünen Partei ein Aufbruchssignal in die Gesellschaft ausgehen – ein Signal, dass die Grünen die von neuen innovativen Milieus ausgehenden Impulse für eine kreative Stadtpolitik aufgreifen und verstärken können.
Politik ist mehr als Verwalten und Regieren, Politik ist auch produktive Unruhe. Früher waren die Grünen hier Vorreiter, jetzt sind sie in Bremen mehr mit sich selbst als mit dem Gestalten der Zukunft beschäftigt. In Bremerhaven hat sich die Partei bereits ins Abseits katapultiert und nach der Halbierung ihrer Stimmen bei der Bürgerschaftswahl auch noch einige der ältesten und profiliertesten Mitstreiter verloren.
Auch in Bremen gärt es in der Partei. Der Rückzug von Matthias Güldner war mehr als nur ein Symbol für die mangelnde Bereitschaft, Lehren aus der Wahlniederlage zu ziehen. Es war der Versuch, etwas in Gang zu bringen. Stattdessen streitet sich die neue Fraktion um die Besetzung ihrer Spitze. Die grüne Partei scheint jedenfalls nach den letzten Entwicklungen paralysiert zu sein und nicht zu wissen, in welche Richtung sie eigentlich will.
Wenn sich an diesem Zustand nichts ändert, wird sich bald die Erkenntnis durchsetzen, dass die Bremer Grünen in Zukunft nicht mehr gebraucht werden: weder für das Regieren noch als Partner für die Initiativen, die Ideen für die Gestaltung der Zukunft der Stadtgesellschaft haben.
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