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Bußgeld gegen Rassismus an der Discotür

ANTIDISKRIMINIERUNG Rot-Grün in Niedersachsen droht Clubs und Discos, die gezielt MigrantInnen abweisen, mit Bußgeldern bis zu 10.000 Euro und rät, bei Diskriminierung die Polizei zu rufen

Mit härteren Strafen will Niedersachsens Landesregierung gegen Rassismus in der Gastronomie vorgehen. Betriebe, die GästInnen wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion nicht in den Laden lassen, müssen künftig Bußgelder bis zu 10.000 Euro zahlen. Das hat das rot-grüne Kabinett am Dienstag beschlossen.

Wie schon in seiner Zeit als Oberbürgermeister Hannovers würden noch immer „junge Leute wegen ihrer Hautfarbe an Discothekentüren abgewiesen“, sagte der seit zwei Jahren regierende SPD-Ministerpräsident Stephan Weil zur Begründung. „Das wollen wir ändern.“

Vor allem in der Landeshauptstadt klagen immer wieder MigrantInnen über Türsteher, die den Einlass zu Clubs und Discos offensichtlich nach rassistischen Kriterien regeln. So sprach das Amtsgericht dem Studenten Murat F. eine Entschädigung von 1.000 Euro zu, weil er an den Türstehern des Nachtclubs „Agostea“ nicht vorbeikam.

„Besonders zu Semesterbeginn erzählen uns KommilitonInnen, dass sie wegen ihres Aussehens in bestimmte Läden nicht herein dürfen“, sagt Gesa Lonnemann, Asta-Referentin für politische Bildung an Hannovers Leibniz-Universität. Gerade wenn Erstsemester die Stadt erkunden, müssten StudentInnen rassistische Einlasskontrollen hinnehmen. „Über den Winter zählen wir dann jedes Jahr rund 20 Fälle.“

Schon vor knapp zwei Jahren hat Hannovers Asta deshalb selbst Discos getestet. „Vor allem in der Innenstadt wurde diskriminiert“, sagt Referentin Lonnemann. „Besonders krass war es am Raschplatz direkt am Hauptbahnhof: Hier kamen unsere Leute nicht in die ,Dax Bier Börse‘, nicht in den Club ,Zaza‘ und auch nicht in die ,Osho‘-Discothek.“

„Absolut zu begrüßen“ seien die härteren Strafen, findet auch Vera Egenberger, die in Berlin das Gleichbehandlungsbüro leitet. In Hannover hat sie etwa einen 33-jährigen Ingenieur unterstützt, der beim WM-Finale nicht in einen Club im lange von den Hells Angels dominierten Steintorviertel durfte – angeblich waren dort TürkInnen und KurdInnen unerwünscht. Für die Diskriminierung an der Discotür seien Bußgelder in fünfstelliger Höhe „ein angemessener und hilfreicher Rahmen“.

Anders als bislang sollen sich angewiesene Gäste direkt beim Ordnungsamt oder bei der Gaststättenaufsicht beschweren können. Bisher blieb ihnen nur der Weg über eine Zivilklage nach dem Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – und die Hoffnung, dass die Ordnungsbehörden Prozesse genau beobachten und im Wiederholungsfall drohen, den Laden zu schließen.

„Um Zeugen für Diskriminierung zu haben, ist es hilfreich, die Polizei zu rufen“, so ein Sprecher der Staatskanzlei zur taz. WYP

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