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Verfassungsschutz darf still sein

Überwachung Gericht verweigert Auskünfte über das Sozialforum

Der Berliner Verfassungsschutz kann Auskünfte an Bespitzelte auch nach zehn Jahren verweigern und dies mit dem Schutz der Quellen begründen. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am Donnerstag. Geklagt hatte Wolfgang F., der Mitglied der Initiative für ein Sozialforum war.

Das mittlerweile aufgelöste globalisierungskritische Bündnis wurde seit seiner Gründung 2003 bis zum Sommer 2006 von mindestens fünf V-Leuten des Bundes- und des Landesamtes für Verfassungsschutz ausgeforscht (taz berichtete). Der Kläger und andere im Sozialforum Aktive wollten nach Bekanntwerden der Überwachung vom Berliner Verfassungsschutz Informationen über die gesammelten Daten erhalten. Doch er bekam nur wenige geschwärzte Auskünfte. Seit 2008 versuchte er daher auf juristischem Wege, an die Daten zu kommen, und beruft sich das Auskunftsrecht nach dem Berliner Verfassungsschutzgesetz.

Der Rechtsanwalt Sönke Hilbrans, der die Klage eingereicht hat, nannte die Entscheidung einen Rückschlag für die informationelle Selbstbestimmung. „Die Entscheidung konterkariert den Willen des Gesetzgebers und gibt sich im Ergebnis mit einigen Sprechblasen des Berliner Verfassungsschutzes zufrieden“, erklärt Hilbrans gegenüber der taz. Auch eine Prozessbesucherin übte scharfe Kritik an der Entscheidung. Sie bezweifelte, dass sich der Verfassungsschutz kontrollieren lasse. „Ich hätte mir nach den NSU-Skandal ein anderes Signal gewünscht“, erklärte sie.

Keine Revision zugelassen

Das OVG hat keine Revision zugelassen. Ob der Kläger dagegen Beschwerde einlegt, werde er erst entscheiden, wenn er die Urteilsbegründung kennt, die bei Redaktionsschluss noch nicht vorlag. Peter Nowak

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