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HipHop aus Berlin-KöpenickCheck mal seine Patches

Romano hat zwei Zöpfe und schreibt seltsame Lieder über seine „Metalkutte“. Ein Treffen mit dem Rapper aus dem Berliner Osten.

Cornerboy Romano in Formvollendung. Foto: Promo

Es soll dann noch ein wenig dauern, bis der Künstler zum Interview im Konferenzraum seines Managements erscheint: Er muss sich erst noch die Haare machen. Die Haare sind nicht ganz unwichtig, denn als der Mann vor wenigen Monaten auf der Bildfläche erschien, da waren zwei blonde Zöpfe, die links und rechts an den Schultern herunterbaumelten, und eine goldene Bomberjacke das Markanteste an diesem Typen.

Der Doppelzopf war in diesem Video inmitten von grauen Wohnsilos in Berlin-Köpenick zu sehen und verbreitete via YouTube ein seltsames bis verstörendes Lied, das er der „Metalkutte“ widmete - also dieser mit Insignien zugepflasterten Weste des wahren Heavy-Metal-Fans. „Check mal meine Patches/ Heute ist Konzert/ […] Ich und meine Kutte/ Black-Metal-Kutte“, rappte da dieser Typ zu Kirmesbeats. Alle Welt, zumindest aber die Viertelmillion, die sich diesen Clip ansah, fragte sich: Wer ist dieser Kerl?

Er nennt sich Romano. Eigentlich heißt er Roman Geike und stammt aus Berlin-Köpenick. Jetzt kommt Romano in die Büroetage in Kreuzberg, begrüßt den „Chef“, wie er seinen Manager nennt, geht noch kurz „für kleine Prinzen“ und fängt an zu reden. Davon, dass er im Moment zwischen drei Berliner Bezirken hin- und herfährt: Studio in Prenzlauer Berg, Label und Management in Kreuzberg, Heimat in Köpenick, „direkt am S-Bahnhof“. Derzeit gehe alles drunter und drüber, sagt der Stadtindianer mit dem stechenden Blick: „Wir machen gerade die Feinheiten für das Album.“

Bestandaufnahme des Spätkapitalismus

Im September soll dieses veröffentlicht werden, nun ist zunächst der zweite Vorab-Track, „Brenn‘ die Bank ab“, erschienen. Es kommt wütender daher als der Track über die Metalkutte - wie eine kurze Bestandaufnahme des Spätkapitalismus in Ein-Wort-Sätzen.

Wenn man sich nun diesem Gesamtkunstwerk aus geflochtenen Worten und Haaren nähert, so verwundert es nicht, dass bei den ersten drei Videos - als „Cornerboy“ ist er im vergangenen Jahr bereits gemeinsam mit dem Berliner Produzenten Siriusmo in Erscheinung getreten - der Regisseur und Musiker Jakob Grunert mitgewirkt hat. Der zeichnete schon für den „Supergeil“-Spot mit Friedrich Liechtenstein verantwortlich. Nun also der „Cornerboy“, wie Romano sich auch nennt: „Ja, ich bin ja irgendwie der Typ, der in Köpenick an der Ecke herumsteht und mit den Leuten quatscht.“

Romano ist sicher keine am Reißbrett erfundene Figur. Der Köpenicker Musiker, Jahrgang 1977, ist - siehe Liechtenstein - bereits seit Jahren in der Berliner Musikszene unterwegs, war in dieser Zeit Rockmusiker mit der Band Maladment. Zu Beginn der Nullerjahre entdeckte er schließlich Drum ‚n‘ Bass und Elektro und war dann als MC Ramon unterwegs - und Metal und HipHop mochte er sowieso immer schon: „Auf MTV habe ich Headbanger‘s Ball genauso geguckt wie Yo! MTV Raps“, sagt er über die Musiksendungen seiner Jugend. „HipHop fand ich besser, als er noch ein bisschen rebellischer war - Goldkettchen und brennende Mülltonnen und so. Als die Mülltonnen weg waren und nur noch Goldkettchen da waren, wurde es langweilig.“

„Klaps auf den Po“

Auch in einer anderen Goldkettchen-Szene trieb Romano sich herum: In der Welt des Schlagers. Als Schlagersänger Romano tingelte er bis vor wenigen Jahren durch die Kneipen und Provinzen, er nahm 2009 das Album „Blumen für Dich“ auf. Den kruden Humor hat er beibehalten, und nun, sagt er, fänden in dem Romano anno 2015 „all diese Persönlichkeiten, die in mir stecken, zusammen“. Dass der Schlagersänger in Romano alles andere als tot ist, zeigen auch Titel wie „Klaps auf den Po“ und „Heiss Heiss Baby“, die auf dem kommenden Album zu hören sein werden.

Und dann fände sich in dieser multiplen Persönlichkeit ja auch noch diese Faszination für Metal. Echt oder gespielt? „Ich gehe seit vielen Jahren auf Metalkonzerte“, sagt er. Als er irgendwann einen Metal-Track zu Hause hörte, kam ihm diese Hommage in den Sinn: „Eine Hymne an die Metalkutte, das isses“, habe er sich gedacht. Schon im nächsten Satz erzählt dieser Romano einem, dass er gerne Ballett tanzt. Ja, das hätte er vor ein paar Jahren mal entdeckt, das sei etwas ganz Wunderbares.

Nun muss der Rapper mit dem Faible für NFL-College-Jacken langsam wieder los. Richtung Heimat, Berlin-Fernost. „Das nächste Mal treffen wir uns aber in Köpenick, auf ‚ne Currywurst oder so“, sagt er. Romano steigt in einen alten 7er-BMW und braust davon.

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2 Kommentare

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  • "Metalkutte" in der Kombi von Song und Video ist Kunst. Und zeugt eindeutig von Insiderwissen, verpackt in einen astreinen Trap-Track. Hat bereits jetzt, wenn auch als Hommage geplant, eine Menge an konservativen Metalheads verstört und zu blamablem Haten in den Komentaren veranlasst. Und "Kirmesmusik" diskreditiert hier wohl eher den Autoren.

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