Zur Förderung der Spendenbereitschaft: Kleine Belohnung für die Organspende
Ärztekammerpräsident Hoppe ist strikt gegen finanzielle Anreize für Organspender. Die Medizinethikerin Buyx dagegen befürwortet die Gewährung kleiner Vorteile.
In Deutschland sterben jeden Tag Menschen, weil Organspenden fehlen. Dennoch lehnt die Ärzteschaft finanzielle Anreize zur Förderung der Spendenbereitschaft ab. Die Organspende sei "ein Akt der Nächstenliebe und der Solidarität", sagte Ärztekammerpräsident Hoppe der Nachrichtenagentur AP. "Geld für das Spenden eines Organs anzubieten wäre ein fataler Schritt in Richtung Kommerzialisierung und würde die Tür zum Organhandel öffnen."
Zuletzt hatte die Medizinethikerin Alena Buyx von der Universität Münster vorgeschlagen, die Spendebereitschaft über Steuervorteile, einen Versicherungsbonus oder über zugesagte Zuschüsse zu Beerdigungskosten zu steigern. Hoppe rügte solche Überlegungen: "Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich auszumalen, wie Menschen durch finanzielle Anreize zu einer Organspende gedrängt werden können."
Diesem Vorwurf widersprach Alena Buyx im Gespräch mit der taz. "Wir reden nicht davon, dass Hartz-IV-Empfänger ein paar tausend Euro auf die Hand bekommen sollen, wenn sie ihre Organe zur Verfügung stellen", betonte sie. Es gehe in ihrem Vorschlag lediglich darum, "das Aufkommen an gespendeten Organen zu erhöhen", indem man mit geringen Geldbeträgen "die Motivation stärkt, einen Organspendeausweis auszufüllen", so die Ärztin, die auch studierte Philosophin ist.
Einen ähnlichen Vorschlag wie Buyx unterbreiteten Wissenschaftler an der Universität Bayreuth. Sie schlugen "monetäre Anreize für die postmortale Körperorganspende" vor, mit denen das Aufkommen an Organen erhöht werden könnte. Im Unterschied zu einem "Organhandel" würden Niere oder Herz dann aber nicht an den Bestzahlenden, sondern wie bisher nach Notwendigkeit verpflanzt.
In Deutschland stehen derzeit knapp 12.000 Menschen auf den Wartelisten für eine Transplantation. Schätzungsweise drei Menschen sterben täglich, weil nicht genügend Spenderorgane zur Verfügung stehen. Die Rufe nach einer Reform des Transplantationsgesetzes von 1997 sind daher lauter geworden.
Derzeit dürfen in Deutschland nur Organe entnommen werden, wenn der Verstorbene seine Bereitschaft zu Lebzeiten schriftlich bekundet hat oder die Angehörigen ihre Zustimmung geben. Im Gespräch für eine Reform ist der Vorschlag des Nationalen Ethikrates, der eine Widerspruchslösung an eine Informationspflicht koppelt. Dabei müssten Menschen zu Lebzeiten aufgeklärt werden und sich äußern, ob sie einer Organentnahme im Todesfall zustimmten oder nicht. Käme von ihnen oder ihren Angehörigen keine Ablehnung, dürfen die Organe entnommen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video