piwik no script img

Kampf des Stuttgarter MinistersGoll macht Klar das Leben schwer

Der Stuttgarter Justizminister hat schon mehrfach versucht, Vollzugslockerungen für Christian Klar zu verhindern.

Gilt als besonnen - außer im Fall Klar: Stuttgarter Justizminister Ulrich Goll Bild: dpa

KARLSRUHE taz Was hat der ansonsten freundliche und besonnene Stuttgarter Justizminister Ulrich Goll (FDP) eigentlich gegen Christian Klar? Seit über einem Jahr blockiert Goll die üblichen Haftlockerungen, die eine Entlassung vorbereiten, wo es nur geht.

Zunächst wollte Goll erst gar nicht mit dem Lockerungsprogramm beginnen, weil es "verfrüht" sei. Doch das Landgericht Karlsruhe teilte diese Ansicht nicht, Goll habe jedenfalls keine ausreichende Begründung gegeben.

Der daraufhin von Goll beauftragte Freiburger Kriminologe Helmut Kury erklärte, dass von Christian Klar keine Gefahr mehr ausgehe. Im Februar 2007 beschloss die Haftanstalt Bruchsal deshalb ein Lockerungsprogramm. Doch Goll stoppte es mit Verweis auf ein kurz zuvor bekannt gewordenes kapitalismuskritisches Grußwort Klars an eine Berliner Konferenz. Goll sagte damals: "Wenn Christian Klar sagt, er wolle 'die Niederlage der Pläne des Kapitals vollenden', ist für mich vorstellbar, dass er dabei auch wieder zu Mitteln jenseits unserer Rechtsordnung greifen könnte."

Als Goll deshalb ein neues Gutachten eines anderen Kriminologen in Auftrag gab, verweigerte Klar die Kooperation - das sei eine "Schikane". Das Landgericht Karlsruhe gab Klar Recht. Das Grußwort sei eine zulässige Meinungsäußerung, die kein neues Gutachten erfordere.

Goll behinderte auch Klars berufliche Ideen: Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, hatte Klar angeboten, im offenen Vollzug eine Ausbildung zum Bühnentechniker zu machen. Doch der Stuttgarter Justizminister betonte stets, dass er einer Verlegung Klars nach Berlin nicht zustimmen werde. Ein Theater sei ein "zu exponierter" Ort für den dann ja immer noch inhaftierten Ex-Terroristen.

Schon im September hatte Klars Anwalt Wolfgang Kaleck weitere Vollzugslockerungen, etwa unbegleitete Ausgänge, beantragt. Doch wieder verlangte Goll, dass Klar an einem neuen Gutachten mitwirken müsse. Erst Ende des Jahres gab der Minister diese Position auf.

Stattdessen nutzte er nun die von der Bundesanwaltschaft beantragte Beugehaft, um erneut alle Vollzugslockerungen zu stoppen. Ein wohl auch für die Beteiligten überraschendes Manöver.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!