piwik no script img

die wahrheitRumpelstilzchen der Liebe

Kommentar von Silke Burmester

Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Eine Badehose für den Präsidenten.

Es ist nicht immer leicht für die Première Dame, ihren kleinen Nici auf die Erde zurückzuholen. Bild: reuters

M on cher journal intime …

Wie ich das hasse, diese Pärchenabende! Jetzt waren doch tatsächlich die Obamas bei uns! Momentan könnte ich meine Zeit wirklich sinnbringender zubringen, als darüber zu diskutieren, ob die Kinder besser in einem amerikanischen oder Schweizer Internat auf ihre Eliterolle vorbereitet werden. Und dann dieses Abgeklopfe unter den Frauen! "Und, was machen Sie so?" Als ich Laura Bush neulich sagte, ich sei Musikerin und brächte demnächst eine Platte raus, fragte sie doch tatsächlich: "Für Kinder?"

Obama-Mama ist ja wenigstens nicht ganz so blöd. Im Gegenteil. Wir sind ziemlich schnell beim Thema Männer gelandet und haben uns ordentlich einen gezwitschert. Entsprechend lustig hatten wir es. Im Gegensatz zu unseren Männern. Die fanden sich, glaube ich, einfach nur unsympathisch. Nici hat ununterbrochen an unserem Gast herumgefummelt, was Barack, glaube ich, ziemlich verunsichert hat. Und dann Nicis grauenhaftes Englisch! Seit zwei Monaten hat er Nachhilfe, aber es will einfach nichts fruchten. Zwar sagt er jetzt ständig irgendwelche Humpty-Dumpty-Verse auf, aber er verwechselt noch immer he und she.

Natürlich ist Obama ein Hit! Was ein Mann! Diese Kraft, diese Männlichkeit, die sein Körper aus jeder Pore ausstrahlt ! Er erinnert mich an den Schwarzen, den ich auf St. Barth hatte, als wir die Seifenwerbung geschossen haben. Oder war es für Kokosbutter? Egal. Ich glaube, Nino war sein Name - geschmeidig wie ein Tier mit der Kraft eines schlafenden Vulkans. Und dann ist Obama noch so schlau und so klug und so charismatisch - und so Pop! Ich glaube, das ist es, was mich anzieht - er ist wie ich: Pop at its best. Nur, dass er dafür nicht so viele Berater braucht.

Aber davon abgesehen, ist er ein echter Arsch. Nicht, dass er nicht freundlich mit mir geplaudert hätte, aber er hat mich überhaupt nicht angeguckt. Ich meine, als Frau betrachtet. Er wollte überhaupt nicht flirten. Da kann er eine neue Weltordnung aufstellen, wie er will, ein Mann, der mich nicht anders betrachtet als seine Teekanne, bekommt ein doppeltes Minus auf dem Punktekonto. Dafür hätten wir die Abreise in die Ferien wirklich nicht erneut verschieben müssen.

Heute Mittag geht es endlich los. Ich freue mich sehr, denn ich bin schrecklich urlaubsreif. Ich bin froh, dass Maman den Besuch der Grimaldis noch abwenden konnte, noch mehr Volk um mich herum, halte ich im Moment nicht aus. Der Eklat aus den letzten Tagen zehrt noch sehr an meinen Nerven. Paris Match hatte letzte Woche Fotos von mir veröffentlicht, die allesamt sehr unvorteilhaft sind. Egal, welches Bild, mein Gesicht ist total fratzenartig. Ich sehe aus, als trüge ich eine Maske. Ich habe verlangt, dass meine Fotos nicht länger nachträglich am Computer bearbeitet werden. Daraufhin sagte man mir, sie seien nicht nachträglich bearbeitet worden, es müsse vorher etwas mit meinem Gesicht passiert sein.

Natürlich bin ich total aus der Haut gefahren und habe sofort veranlasst, dass mein Sekretär Sharon Stone kontaktiert. Sie hatte ja dasselbe Problem, als in Folge intensiver Gesichtsgymnastik behauptet wurde, sie habe was machen lassen. Auf allen anderen Titelbildern sehe ich aber recht normal aus. Perfekt eben.

Es ist schade, dass es vielen Franzosen peinlich ist, dass wir uns so in den Vordergrund spielen. So kann ich meinen Coup - ein ausrangiertes Modell, eine mittelprächtige Musikerin wird wider eigene Erwartung erneut zum Hot Shot - gar nicht richtig auskosten. Dass nicht einmal die Gay Community mich in den Ikonenhimmel hebt, gibt mir schon zu denken … Apropos Ikone - gestern Abend hatten sich neun Fans vor dem Palasttor postiert und meinen Namen gerufen: "Carla, unsere Königin, Carla, wir verehren dich!" Total süß. Ich habe sie vom Fenster aus beobachtet. Sie hatten Spruchbänder und Fotoplakate dabei. Auch jetzt noch bin ich ganz gerührt, wenn ich daran denke. Ich habe sie dann aber doch sehr schnell entfernen lassen. Neun Stück! Das ist doch etwas peinlich.

Nici hat seine Badehose vergessen. Als wenn das so schlimm wäre! Ich habe vorgeschlagen, eine neue zu kaufen, und da ist er wieder einmal komplett ausgerastet. Hat das Rumpelstilzchen gegeben und geschrien, das sei typisch für mich, die Italienerin, dass ich das Geld so raushaue. "Neu kaufen! Neu kaufen!", hat er gebrüllt und mir vorgeworfen, ich würde leichtfertig sein Sauerverdientes ausgeben. Dass ich ganz ruhig geblieben bin und vorgeschlagen habe, ich könnte ihm eine neue Badehose kaufen, hat es nicht besser gemacht. Er meint, ich würde meine Überlegenheit ausspielen wollen.

Maman hat völlig recht, wenn sie sagt, Männer verkraften es nicht, wenn eine Frau vermögender ist als sie. Und nun bin ich ja auch noch größer als er, jünger, habe den besseren Hintergrund, die bessere Ausbildung, kenne mehr Leute, bin berühmter und beliebter. Es ist schon toll, wie mein kleiner Schatz das aushält. Das ist die Größe, die ich an ihm liebe. Aber er sieht das nicht. Er sieht momentan gar nichts. Er hat den Hubschrauber losgeschickt, die Badehose holen. Auf Staatskosten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!