Ohne Rebellenchef Nkunda: Friedensgipfel für Ostkongo geplant
1,3 Millionen Menschen sind im Ostkongo auf der Flucht. Kongos Präsident Kabila und sein ruandischer Kollege Kagame wollen ein Krisentreffen in einem Drittland - ohne Rebellenführer Nkunda.
Ein Staatengipfel in der kenianischen Hauptstadt Nairobi soll diese Woche erste Schritte zu einer politischen Lösung in der Demokratischen Republik Kongo ausloten. Die Außenminister Großbritanniens und Frankreichs, David Miliband und Bernard Kouchner, sicherten bei ihrer Tour durch die Krisenregion am Wochenende die Beteiligung der Präsidenten Kongos und Ruandas, Joseph Kabila und Paul Kagame, an dem Gipfel, dessen Zusammensetzung noch nicht feststeht. "Wir hoffen, dass der Gipfel von Nairobi dazu beitragen wird, eine Road Map zu erstellen", sagte am gestrigen Sonntag Tansanias Außenminister Bernard Membe. Tansania hält derzeit den Vorsitz der Afrikanischen Union (AU), unter deren Ägide der Gipfel stattfinden soll.
Kongos Rebellenführer Laurent Nkunda, der immer wieder Direktverhandlungen mit Kongos Regierung in einem Drittland gefordert hat, ist nicht eingeladen. Bei dem Gipfel könnte dennoch darüber beraten werden, welche Form ein Friedensprozess mit Nkunda annehmen kann. Kurzfristig wäre es ein großer Erfolg, wenn die beiden Präsidenten Kabila und Kagame überhaupt miteinander sprechen. Kongo wirft Ruanda vor, Nkunda zu unterstützen; Ruanda wirft dem Kongo vor, geflohene ruandische Hutu-Milizen zu beherbergen. Die internationale Diplomatie sorgt sich, die Eskalation der Kämpfe im Ostkongo könnte sich in einen regionalen Krieg ausweiten, falls Ruanda wirklich eingreift, was es nach übereinstimmender Meinung noch nicht getan hat.
Miliband und Kouchner waren am Freitag in Kongos Hauptstadt Kinshasa eingetroffen und hatten am Samstag die ostkongolesische Provinzhauptstadt Goma sowie ein Flüchtlingslager besucht, bevor sie am Abend nach Ruanda weiterreisten und von dort nach Tansania. Die beiden Minister sahen die dramatischen Bedingungen im Vertriebenenlager Kibati am nördlichen Rand von Goma. Dort drängeln sich mehrere zehntausend Vertriebene, viele von ihnen hatten seit Tagen nichts zu essen gehabt und im Freien im Regen gelebt. "Der dringende Bedarf an Lebensmitteln, Wasser, Obdach und Versorgung muss durch internationale Mobilisierung gedeckt werden", erklärten Miliband und Kouchner hinterher in einer gemeinsamen Stellungnahme, "sowie durch die Sicherung von Zugangsrouten, damit Hilfe alle Gebiete von Nord-Kivu erreicht." Derzeit sind in der Kriegsprovinz nach UN-Schätzungen rund 1,3 Millionen Menschen vertrieben, davon eine Viertelmillion seit Ausbruch der Kämpfe Ende August und rund 50.000 seit letzter Woche.
Ob die "Sicherung von Zugangsrouten" auch die Entsendung von Militär bedeutet, bleibt offen. Am Freitag hatte sich ein EU-Ministertreffen gegen einen entsprechenden Vorschlag von Kouchner ausgesprochen. Aber auf der Ministerreise wurde eine Militärintervention nicht ausgeschlossen. Großbritannien hat laut Presseberichten 500 Soldaten auf Stand-by gestellt, um kurzfristig loszufliegen - wohl damit Frankreich das nicht allein macht, was weder Nkunda noch Ruanda akzeptieren würden.
Überflüssig würde eine solche "humanitäre" Intervention, wenn Hilfswerke in Nord-Kivu wieder mehr Menschen erreichen - gestern kehrten nach Ruanda evakuierte Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen nach Goma zurück. Oder wenn die Rebellen der CNDP ihre Politik fortsetzen, Vertriebene möglichst nicht in Lagern zu belassen. Sie wollen, dass die Menschen in ihre Dörfer zurückgehen, statt in Lagern auf internationale Hilfe zu warten.
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