piwik no script img

MATTHIAS LOHRE ÜBER DIE FOLGEN DES SAMENSPENDE-URTEILSEnde der anonymen Vaterschaft

Im westfälischen Hamm wurde am Mittwoch Geschichte geschrieben. Dabei hat das dortige Oberlandesgericht vordergründig nichts Neues getan. Es hat lediglich bestätigt, dass der Betreiber von Deutschlands größter Samenbank verpflichtet ist, einer 21-Jährigen den Namen ihres biologischen Vaters zu nennen. Damit bestätigt das Gericht geltendes Recht. Doch zum ersten Mal hat ein sogenanntes Spenderkind erfolgreich gegen einen Reproduktionsmediziner geklagt. Die Klage der Studentin Sarah P. wird den Umgang mit Samenspenden in Deutschland dauerhaft verändern.

Denn das Gericht sagt: Das Recht eines Kindes auf das Wissen um die eigene Abstammung hat Vorrang vor der Anonymität, die den Samenspendern einst zugesichert worden war. Das wird Folgen haben. Zwar ist heute gesetzlich festgelegt, dass Kliniken Daten über die Spender 30 Jahre lang aufbewahren müssen. Aber erst jetzt hat ein Gericht ohne Wenn und Aber erklärt: Auch der beklagte Fortpflanzungsmediziner Thomas Katzorke kann sein Geschäftsmodell nicht dadurch retten, dass er behauptet, er könne angeblich Sarah P.s Unterlagen nicht wiederfinden. Das Urteil der Hammer Richter beendet hierzulande das Geschäft mit dem anonymen Sperma.

Das ist nicht das Ende der Samenspende, im Gegenteil. Schon heute hinterlegen Kliniken Spenderdaten, raten künftigen Eltern gar zur Aufklärung ihres Kindes über seine Entstehung.

Und sogenannte Spenderkinder erklären: Je früher und offener darüber gesprochen wird, dass ihr sozialer Vater nicht ihr biologischer ist, desto weniger belaste sie dieses Wissen. Viel stärker schmerzten Geheimhaltung und Kleinreden. Um Rechtsansprüche an biologische Väter geht es ihnen nicht. Auch für Samenspender ist das Urteil daher eine gute Nachricht.

Inland SEITE 6

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen