Kommentar Sanktionspolitik Iran: Strategiewechsel notwendig

Die internationale Sanktionspolitik gegenüber dem Iran ist gescheitert. Obamas Bereitschaft zu Gesprächen mit dem Teheraner Regime wäre schon der halbe Weg zu einer Lösung.

Mohammed al-Baradei, der Direktor der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) hat völlig recht: Die internationale Politik der letzten fünf Jahre gegenüber Iran ist gescheitert und hat kontraproduktive Wirkung. Das war absehbar, seit die EU im Frühjahr 2005 auf Vorschlag des damaligen Bundesaußenministers Fischer die iranische Führung ultimativ zur vollständigen Einstellung der Urananreicherung aufforderte und nach Teherans Weigerung gemeinsam mit den USA im UNO-Sicherheitsrat Sanktionen gegen Iran durchsetzte. Al-Baradeis öffentliche Feststellung des Scheiterns dieser Politik erleichtert jetzt hoffentlich die längst überfällige Kurskorrektur in Washington, Berlin und anderen Hauptstädten. Eine Kurskorrektur, mit der eine politische Lösung der Konflikte mit Teheran möglich wird und deren militärische Eskalation verhindert werden kann.

Der künftige US-Präsident Obama scheint zu einer Kurskorrektur bereit, zu der ihm (links)liberale ExpertInnen in Washington ebenso raten wie jene aus dem Lager der realpolitischen Falken. Sollte Obama sein wichtigstes außenpolitisches Wahlkampfversprechen wahr machen und sich ohne Vorbedingungen zu einem Gespräch mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad treffen, wäre das bereits der halbe Weg zu einer politischen Lösung des Konflikts um das iranische Atomprogramm und anderer Streitfragen.

Der neue US-Präsident muss schnell handeln. Die Warnungen von Außenministerin Livni und anderen israelischen Politikern vor Gesprächen Obamas mit Ahmadinedschad werden immer lauter. Und sollte Netanjahu die Wahlen im Februar gewinnen, wächst die Gefahr, dass Israel mit einem präventiven Luftschlag eine militärische Reaktion Irans provoziert, die Washington dann unter Zugzwang setzt, "zur Verteidigung Israels" einzugreifen. Bundeskanzlerin Merkel, die sich im März 2006 schon einmal für einen sehr vernünftigen russischen Kompromissvorschlag zum Teheraner Atomprogramm zwar intern gegenüber Putin, aber, um einen Konflikt mit der Bush-Administration zu vermeiden, nicht öffentlich einsetzte, sollte Obama jetzt in seiner Gesprächsbereitschaft unterstützen.

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Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

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