piwik no script img

Bodo Ramelow über das Vorbild Linkspartei"Die CSU greift unsere Ideen auf"

Bodo Ramelow, Fraktionsvize der Linkspartei im Bundestag, sieht seine Partei als "Korrekturfaktor".

Findet es nicht schlimm, wenn seine Partei imitiert wird: Bodo Ramelow. Bild: dpa
Ulrike Herrmann
Interview von Ulrike Herrmann

taz: Herr Ramelow, momentan ist die CSU kaum von der Linkspartei zu unterscheiden: Auch die Bayern fordern die Abschaffung der kalten Progression bei der Einkommenssteuer. Wird die Linkspartei jetzt von den anderen Parteien links überholt?

Bodo Ramelow: Das ist die gleiche Nummer wie bei der Entfernungspauschale. Da hat die CSU auch schon Forderungen von der Linkspartei übernommen. Wir nehmen interessiert zur Kenntnis, dass die CSU unsere Ideen aufgreift.

Die CSU behauptet, die Abschaffung der kalten Progression würde die Konjunktur beleben. Sehen Sie das auch so?

Es ist nie falsch, etwas Richtiges zu tun. Mit der kalten Progression erhöht der Staat die Steuern durch die Hintertür. Aber mit einem Konjunkturpaket hat dies nichts zu tun. Das ist eine Mogelpackung. Schließlich zahlen viele Menschen keine Steuern. Der Konjunktur hilft nur, wenn der Staat viel Geld in die Hand nimmt. Dazu gehört ein Investitionsprogramm. Außerdem muss man die Niedrigrenten und die Hartz-IV-Sätze anheben. Das geht sofort in den Massenkonsum.

Auch die SPD will 40 Milliarden Euro ausgeben, die Union sogar 50 Milliarden.

Insgesamt werden aber mittelfristig 100 Milliarden Euro benötigt, 50 Milliarden für Investitionen und Bildung sowie 50 Milliarden für die Ankurbelung der Binnennachfrage. Dazu gehört insbesondere das Aufstocken der Niedrigeinkommen.

Aber jenseits der Summen scheint Einigkeit zu herrschen: Auch die SPD will höhere Hartz-IV-Sätze für Kinder.

Die SPD bewegt sich tatsächlich in unsere Richtung. Sie müsste eigentlich die Kraft haben, aus der Großen Koalition auszusteigen. Die Mehrheit für einen gesetzlichen Mindestlohn oder eine eigenständige Kindergrundsicherung wäre da …

Nach einem Koalitionsbruch sieht es bisher aber nicht aus. Besteht nicht eher die Gefahr, dass die Linke nicht mehr von anderen Parteien zu unterscheiden ist?

Es bringt uns keinen schnellen Erfolg, noch radikalere Forderungen aufzustellen. Viele Bürger werden wahrnehmen, dass wir als Korrekturfaktor gebraucht werden. Die andere Parteien könnten unsere Ideen gar nicht nachquatschen, wenn wir sie nicht vorgeschlagen hätten.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!