piwik no script img

Automobilzulieferer Schaeffler in FinanznotMilliardärin will Staatsgelder

Der Autozulieferer Schaeffler, der sich bei der Conti-Übernahme verspekuliert hat, will als erster Industriebetrieb staatliche Hilfe. Die Konkurrenten protestieren.

Abnehmer gesucht: Der Zulieferer Schaeffler, zu dem auch Continental gehört, leidet unter der Krise der Automobilindustrie. Bild: dpa

HANNOVER taz Erstmals seit Ausbruch der Krise versucht ein großes deutsches Industrieunternehmen, unter den staatlichen Rettungsschirm zu schlüpfen: Die Milliardärin Maria-Elisabeth Schaeffler hat gemeinsam mit Vertretern der kürzlich von ihr übernommenen Continental AG am Mittwochabend in einem Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und den Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) und Christian Wulff (CDU) um Hilfe für ihre Unternehmensgruppe nachgesucht.

Die weltweit als Autozulieferer und Wälzlagerhersteller tätige Schaeffler-Gruppe ist durch die Übernahme des größeren Konkurrenten Conti in Schieflage geraten. Weitgehend auf Pump hat das Familienunternehmen 90 Prozent der Conti-Aktien überwiegend zu einem Stückpreis von 75 Euro gekauft.

Nun droht der Schaeffler-Gruppe die Überschuldung. Denn inzwischen liegt der Aktienkurs bei unter 14 Euro. Schaefflers Conti-Anteile, für deren Kauf sich die Gruppe nach eigenen Angaben rund zehn Milliarden Euro geliehen hatte, sind nur noch 2,3 Milliarden Euro wert.

In der letzten Forbes-Liste der zehn reichsten Deutschen wurde das Privatvermögen der Schaefflers noch auf knapp 6 Milliarden Euro geschätzt. Das war im Frühjahr 2008 vor Autokrise und Conti-Übernahme. Wenn die Unternehmerfamilie die für gut 10 Milliarden gekauften Conti-Papiere zum gegenwärtigen Börsenwert bilanzieren müsste, wäre ihr Vermögen aufgezehrt.

Damit die kreditgebenden Banken den Geldhahn nicht abdrehen, soll nun der Staat helfen. Das Familienunternehmen soll bei Michael Glos um eine Bürgschaft von bis zu vier Milliarden Euro nachgesucht und eine direkte Beteiligung des Staates an dem neuen großen Autozulieferer angeboten haben, der aus den Zuliefersparten von Conti und Schaeffler entstehen soll. Beide Unternehmen haben weltweit derzeit 210.000 Beschäftigte, davon rund 130.000 im Zulieferbereich.

Hilfen könnten aus dem gerade mit dem Konjunkturpaket II beschlossenen Rettungsprogramm für Großunternehmen kommen. Für das Programm soll die bundeseigene KfW-Bank Bürgschaften und Kredite von insgesamt 100 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Entschieden ist aber noch nichts. Das Wirtschaftsministerium bezeichnete das Treffen mit den Schaefflers zwar als konstruktives Gespräch. Allerdings sollen Schaeffler und Conti nun "in den nächsten Wochen ein tragfähiges und zukunftsweisendes Konzept vorlegen, das mit den wichtigsten beteiligten Banken abgesprochen ist". Das sei Voraussetzung für weitere Verhandlungen mit Bund und Ländern über Hilfen.

Eventuelle Hilfen für Schaeffler sind höchst umstritten. Dagegen haben sich bereits der konkurrierende Autozuliererer Bosch, Vertreter des Wirtschaftsflügels der Union und nicht zuletzt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ausgesprochen. Es sei ist nicht Aufgabe des Staates, nach nicht durchdachten unternehmerischen Entscheidungen einzugreifen, sagte er. Man könne es "keinem Menschen erklären, Unternehmen, hinter denen Milliarden-Vermögen stehen, mit Steuergeldern zu unterstützen".

Den Vorwurf, sie habe sich bei der Conti-Übernahme verzockt und wolle nun Staatsknete fürs Familienerbe, wies Firmenchefin Schaeffler zurück. Den Kollaps des Finanzsystems und die weltweite Rezession habe niemand voraussehen können. Am Anfang der Übernahme hätten alle Fachleute die Conti-Aktie noch mit 100 Euro bewertet, jetzt stehe sie bei 14 Euro. "Die Börse spielt verrückt. Das trifft alle Firmen", klagte die die 67-jährige Unternehmerin.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

18 Kommentare

 / 
  • C
    Claude

    Wer ist überhaupt die "Schaeffler-Gruppe". Es gibt einen interessanten Bericht, wonach die Vorfahren von der Enteignung der Juden profitiert haben u. auch fleißig für die Wehrmacht produziert haben. Pikanterweise beginnt die Firmengeschichte auf der Firmenwebseite erst ab 1945.

    http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57456?PHPSESSID=apuiq

  • M
    Martin

    Sie hat rund 7 Mrd. Vermögen, aber mit Schaeffler und ihrem Anteil bei Conti rund 15 Mrd. Schulden, macht unterm Strich: Pleite. Eigentlich müßte doch ihr künftiger Insolvenzverwalter sie bis auf die Pfändungsgrenze ausziehen bis sie auf Hartz-4-Niveau ist. Das passiert auch jedem kleinen Selbständigen, der pleite geht und mit dem persönlichen Vermögen haftet.

     

    Die neue Dschungelcamp-Staffel hat also ihre erste Besetzung.

  • L
    Ludwig

    Unverschämt!'Forbes' zählt Frau Schaeffler und ihren Sohn Georg mit einem Privatvermögen von 5,4 Milliarden Euro zu den 100 reichsten Menschen der Welt (Süddeutsche,14.07.2008).

    Das wäre die Privatisierung von Gewinn und die Vergesellschaftung des unternehmerischen Risikos in Reinkultur.

    Bekommt Schaeffler diese Hilfe, hat dieses real existierende Demokratiesystem den letzten Rest an Legitimität verloren.

    Dann ist endgültig offensichtlich, wem dieses Land gehört.

    Und wer die politischen Büttel sind, die das Geld der Allgemeinheit verscherbeln. Ob Schaffler, BayernLB usw.

    Dann laßt uns vor jedes Rathaus, auf jeden Markt- und Stadtplatz ziehen und alte Schuhe werfen, auf Töpfe schlagen und nicht mehr weg gehen.

    Zur Erinnerung: in der Bananenrepublik sind aktuell 13% der Menschen, ca. 11 Millionen, arm. Das ist mehr als jeder achte. 1,2,3,4,5,6,7,..Du bist dabei. 2,5 Millionen Kinder leben in Armut. In den kleinsten Städten und auch immer mehr auf dem Land gibt es Tafeln für Bedürftige. Viele können von ihren Niedrigstlöhnen nicht leben.

    Und? Es interessiert die Politik in

    keinster Weise in ihrem Milliardenrausch.

  • JK
    Juergen K.

    @Rolf (und Andere)

     

    Bildung ist ja gut!

     

    Aber so lange die Schlangen an den Tafeln stehen, würde ich den Punkt auch erst einmal ausklammern.

     

    Bei allem Respekt:

    Lieber mit "Currywurst" doof, als mit Hirn tod.

  • JK
    Juergen K.

    Hauptsache, die Frisur sitzt.

  • VR
    von Rolf

    Schaeffler reißt sein Maul zu weit auf: zuerst Continental und dann noch Landes- und Bundesmilliaren verschlucken. Bezahlt werden Staatszuschüsse mit dem Geld, das für einkommensschwache Kinder, bessere Integration,bessere Schul- und Hochschulbildung dringend notwendig ist. Finanz- und Wirtschaftsminister, die solche Zuschüsse unterstützen, haben ihre demokratische Legitimation verloren. Man muss endlich mal eine "notleidende" Bank und ein großes Unternehmen pleite gehen lassen, damit die Konkurrenz sieht, dass der Staat nicht für jede neokapitalistische Dummheit gerade stehen kann.

  • C
    Claude

    Wer ist überhaupt die "Schaeffler-Gruppe". Es gibt einen interessanten Bericht, wonach die Vorfahren von der Enteignung der Juden profitiert haben u. auch fleißig für die Wehrmacht produziert haben. Pikanterweise beginnt die Firmengeschichte auf der Firmenwebseite erst ab 1945.

    http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57456?PHPSESSID=apuiq

  • M
    Martin

    Sie hat rund 7 Mrd. Vermögen, aber mit Schaeffler und ihrem Anteil bei Conti rund 15 Mrd. Schulden, macht unterm Strich: Pleite. Eigentlich müßte doch ihr künftiger Insolvenzverwalter sie bis auf die Pfändungsgrenze ausziehen bis sie auf Hartz-4-Niveau ist. Das passiert auch jedem kleinen Selbständigen, der pleite geht und mit dem persönlichen Vermögen haftet.

     

    Die neue Dschungelcamp-Staffel hat also ihre erste Besetzung.

  • L
    Ludwig

    Unverschämt!'Forbes' zählt Frau Schaeffler und ihren Sohn Georg mit einem Privatvermögen von 5,4 Milliarden Euro zu den 100 reichsten Menschen der Welt (Süddeutsche,14.07.2008).

    Das wäre die Privatisierung von Gewinn und die Vergesellschaftung des unternehmerischen Risikos in Reinkultur.

    Bekommt Schaeffler diese Hilfe, hat dieses real existierende Demokratiesystem den letzten Rest an Legitimität verloren.

    Dann ist endgültig offensichtlich, wem dieses Land gehört.

    Und wer die politischen Büttel sind, die das Geld der Allgemeinheit verscherbeln. Ob Schaffler, BayernLB usw.

    Dann laßt uns vor jedes Rathaus, auf jeden Markt- und Stadtplatz ziehen und alte Schuhe werfen, auf Töpfe schlagen und nicht mehr weg gehen.

    Zur Erinnerung: in der Bananenrepublik sind aktuell 13% der Menschen, ca. 11 Millionen, arm. Das ist mehr als jeder achte. 1,2,3,4,5,6,7,..Du bist dabei. 2,5 Millionen Kinder leben in Armut. In den kleinsten Städten und auch immer mehr auf dem Land gibt es Tafeln für Bedürftige. Viele können von ihren Niedrigstlöhnen nicht leben.

    Und? Es interessiert die Politik in

    keinster Weise in ihrem Milliardenrausch.

  • JK
    Juergen K.

    @Rolf (und Andere)

     

    Bildung ist ja gut!

     

    Aber so lange die Schlangen an den Tafeln stehen, würde ich den Punkt auch erst einmal ausklammern.

     

    Bei allem Respekt:

    Lieber mit "Currywurst" doof, als mit Hirn tod.

  • JK
    Juergen K.

    Hauptsache, die Frisur sitzt.

  • VR
    von Rolf

    Schaeffler reißt sein Maul zu weit auf: zuerst Continental und dann noch Landes- und Bundesmilliaren verschlucken. Bezahlt werden Staatszuschüsse mit dem Geld, das für einkommensschwache Kinder, bessere Integration,bessere Schul- und Hochschulbildung dringend notwendig ist. Finanz- und Wirtschaftsminister, die solche Zuschüsse unterstützen, haben ihre demokratische Legitimation verloren. Man muss endlich mal eine "notleidende" Bank und ein großes Unternehmen pleite gehen lassen, damit die Konkurrenz sieht, dass der Staat nicht für jede neokapitalistische Dummheit gerade stehen kann.

  • C
    Claude

    Wer ist überhaupt die "Schaeffler-Gruppe". Es gibt einen interessanten Bericht, wonach die Vorfahren von der Enteignung der Juden profitiert haben u. auch fleißig für die Wehrmacht produziert haben. Pikanterweise beginnt die Firmengeschichte auf der Firmenwebseite erst ab 1945.

    http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57456?PHPSESSID=apuiq

  • M
    Martin

    Sie hat rund 7 Mrd. Vermögen, aber mit Schaeffler und ihrem Anteil bei Conti rund 15 Mrd. Schulden, macht unterm Strich: Pleite. Eigentlich müßte doch ihr künftiger Insolvenzverwalter sie bis auf die Pfändungsgrenze ausziehen bis sie auf Hartz-4-Niveau ist. Das passiert auch jedem kleinen Selbständigen, der pleite geht und mit dem persönlichen Vermögen haftet.

     

    Die neue Dschungelcamp-Staffel hat also ihre erste Besetzung.

  • L
    Ludwig

    Unverschämt!'Forbes' zählt Frau Schaeffler und ihren Sohn Georg mit einem Privatvermögen von 5,4 Milliarden Euro zu den 100 reichsten Menschen der Welt (Süddeutsche,14.07.2008).

    Das wäre die Privatisierung von Gewinn und die Vergesellschaftung des unternehmerischen Risikos in Reinkultur.

    Bekommt Schaeffler diese Hilfe, hat dieses real existierende Demokratiesystem den letzten Rest an Legitimität verloren.

    Dann ist endgültig offensichtlich, wem dieses Land gehört.

    Und wer die politischen Büttel sind, die das Geld der Allgemeinheit verscherbeln. Ob Schaffler, BayernLB usw.

    Dann laßt uns vor jedes Rathaus, auf jeden Markt- und Stadtplatz ziehen und alte Schuhe werfen, auf Töpfe schlagen und nicht mehr weg gehen.

    Zur Erinnerung: in der Bananenrepublik sind aktuell 13% der Menschen, ca. 11 Millionen, arm. Das ist mehr als jeder achte. 1,2,3,4,5,6,7,..Du bist dabei. 2,5 Millionen Kinder leben in Armut. In den kleinsten Städten und auch immer mehr auf dem Land gibt es Tafeln für Bedürftige. Viele können von ihren Niedrigstlöhnen nicht leben.

    Und? Es interessiert die Politik in

    keinster Weise in ihrem Milliardenrausch.

  • JK
    Juergen K.

    @Rolf (und Andere)

     

    Bildung ist ja gut!

     

    Aber so lange die Schlangen an den Tafeln stehen, würde ich den Punkt auch erst einmal ausklammern.

     

    Bei allem Respekt:

    Lieber mit "Currywurst" doof, als mit Hirn tod.

  • JK
    Juergen K.

    Hauptsache, die Frisur sitzt.

  • VR
    von Rolf

    Schaeffler reißt sein Maul zu weit auf: zuerst Continental und dann noch Landes- und Bundesmilliaren verschlucken. Bezahlt werden Staatszuschüsse mit dem Geld, das für einkommensschwache Kinder, bessere Integration,bessere Schul- und Hochschulbildung dringend notwendig ist. Finanz- und Wirtschaftsminister, die solche Zuschüsse unterstützen, haben ihre demokratische Legitimation verloren. Man muss endlich mal eine "notleidende" Bank und ein großes Unternehmen pleite gehen lassen, damit die Konkurrenz sieht, dass der Staat nicht für jede neokapitalistische Dummheit gerade stehen kann.