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Kommentar SchaefflerDie Kosten der Konsolidierung

Kommentar von Stephan Kosch

Schaeffler hat seinen Schuldenberg selbst verbockt, jetzt müssen die Arbeitnehmer dafür einstehen - trotzdem gibt es einen kooperativen Ansatz.

E s ist leicht, sich über die Vorgänge bei Schaeffler zu echauffieren. Erst wurden die Arbeitnehmer jahrelang nicht an der Unternehmensführung beteiligt, dann verschätzte sich die pelzbehangene Firmenchefin bei der Übernahme von Continental und bürdete Schaeffler einen Schuldenberg von mindestens 10 Miliarden Euro auf. Und jetzt sollen die Arbeitnehmer mit Lohnverzicht die Zeche zahlen und 250 Millionen Euro an Personalkosten einsparen, damit noch mal Geld von Banken und Bundesregierung fließt.

taz

Stephan Kosch ist Redakteur im Ressort Ökologie und Wirtschaft.

Doch die reine Empörung würde den immensen Problemen nicht gerecht werden, die die gesamte Zuliefererbranche gerade zu bewältigen hat. Bereits vor der Krise hatten Experten einen Konsolidierungsprozess sowohl der großen Autohersteller als auch ihrer Lieferanten vorhergesagt. Der Absatzeinbruch durch die Wirtschaftskrise vor allem bei den Nutzfahrzeugen wirkt nun wie ein Brandbeschleuniger. 22 Zulieferer in Deutschland haben zwischen Januar und März Insolvenz angemeldet. Bis Ende des Jahres könnten insgesamt bis zu 80 Prozent der Unternehmen Konkurs gehen, erwartet zum Beispiel die Unternehmensberatung Oliver Wymann. Davon wären dann bis zu 100.000 Arbeitsplätze betroffen.

So weit ist Schaeffler - zumindest in den deutschen Werken - noch nicht. Die 250 Millionen Euro, die jedes Jahr eingespart werden sollen, können auch anders als über den Abbau von 4.800 Stellen zusammenkommen. Es dürfte ein Erfolg des kürzlich begonnenen Dialogs zwischen IG Metall und Schaeffler sein, dass betriebsbedingte Kündigungen vorerst keine Option zu sein scheinen. Dieser kooperative Ansatz ist richtig, ein befristeter Lohnverzicht darf ebenfalls nicht ausgeschlossen sein. Und auch die Banken, der Staat und die Automobilhersteller müssen mit an den Tisch geholt werden. Möglicherweise könnte Schaeffler dann zu einem Modell für die Branche werden, mit dem auch andere Unternehmen die Krise überleben.

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2 Kommentare

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  • NJ
    Norbert Jahn

    Schon während Betriebswirtschaftstudiums lernt man Grundsätze von Firmenzukäufe, die man natürlich in de Praxis anwenden sollte. Bei Schaeffler aber sitzen keine Wirtschaftsexperten und Frau Schaeffler ist außerdem beratungsresistent mit einer gehörigen Portion Machtsühtigkeit. Das bekommt Schaeffler Junior immer dann zu spüren, wenn er auch mal was sagen will und die Mutti daziwschen haut. Die gesamte Conti-Übernahme ist ein absolutes Drama zwischenmenschlicher Beziehungen. Auf beiden Seiten kannt amn sich recht gut, was wohl die Banken bei der Kreditvergabe übersehen hatten. Von Beginn an paßte nichts zusammen. Die Conti-Manager wußten, daß sich Schaeffler als Übernemer aufstellen wollten, haben aber nur den anlaufenden Deal nicht bemerkt. Ist immer noch nicht klar, welche Rolle Herr von Grünberg seinerzeit spielte. Auf der anderen Seite hatten die Banken der Schaeffler-Gruppe eine Kredit-Linie von 16 Mrd. Euro eingeräumt. Für was? Wo waren dafür die Sicherheitn? Das alles hat mit der Finanzkrise nichts zu tun. Sie war allenfalls der Auslöser für das jetzt bekannte Drama.

  • U
    Uschi

    Wie viele ander Automobilzulieferer versucht Schäffler auch betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und nutzt andere Wege.

    Es handelt sich dabei um die gleichen Massnahmen wie sie auch bei Mercedes mittlerweile eingesetzt werden. Das ist richtig und sinnvoll.

    NICHT sinnvoll ist es m.E. wenn der Staat in dieser Situation direkte Finanzhilfen gibt. Über die Banken wird schon genügend Steuergeld gegeben und es ist mehr als ungerecht, wenn Schäffler Hilfe erhält und andere Firmen aud der Branche nicht.

    Auch der Automobilzulieferer, bei dem ich arbeite hat enorme Schwierigkeiten, aber hier handelt es sich halt 'nur' um 6000 Mitarbeiter und das ist für die Öffentlichkeit nicht so interessant. Die Banken haben aber leider dadurch auch nicht unbedingt Interesse günstige Finanzierungen zu geben und die zu zahlenden Zinsen steigen ins Unermessliche.

    Glücklicherweise ist mein Arbeitgeber quasi Familienbesitz und man ist nicht nur am Geld sondern am Fortbestand der Firma interessiert.

     

    Wenn der Staat einer Firma wie Schäffler 'Sonderkonditionen' einräumt, dann ist das genauso wenig sinnvoll wie die Abwrackprämie, die reine Wahlwerbung und aus ökonomischer Sicht eine verfehlte Massnahme und monströse Geldverschwendung ist.