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Bundesministerium fordertEine Million Jahre sichere Enlagerung

Das Bundesumweltministerium legt neue Sicherheitsanforderungen an eine Deponie vor und plädiert für ergebnisoffene Standortsuche. In Asse und Gorleben gibt es weitere Probleme.

Bild: reuters

BERLIN ap/afp/taz | Das künftige deutsche Endlager für hochradioaktiven Atommüll benötigt einen Sicherheitsnachweis für eine Million Jahre. Das geht aus den neuen Sicherheitskriterien hervor, die das Bundesumweltministerium am Mittwoch veröffentlicht hat. Sie treten unmittelbar in Kraft und ersetzen ein ähnliches Regelwerk aus dem Jahr 1983.

Entscheidender Unterschied zu den bisherigen Anforderungen ist Minister Sigmar Gabriel (SPD) zufolge der Sicherheitsnachweis für eine Million Jahre, in denen "allenfalls sehr geringe Schadstoffmengen aus dem Endlager freigesetzt werden" dürften. Zudem verlangen die Behörden, dass die Sicherheit des Endlagers von der Planung bis zum Verschluss kontinuierlich überprüft werden muss. Außerdem soll bis zum Verschluss des Endlagers auch die Möglichkeit bleiben, den Atommüll zurückzuholen.

Gabriel tritt bereits seit 2006 dafür ein, nach vorab festgelegten Kriterien noch einmal bundesweit einen geeigneten Standort für ein Endlager zu suchen. Die neuen Sicherheitsanforderungen böten nun die Grundlage für das Auswahlverfahren. Den bereits zum Teil erforschten Salzstock Gorleben schließt Gabriel als Standort nicht aus, will ihn aber mit anderen vergleichen. Dass sich die Union einem neuen Auswahlverfahren verweigerte, nannte Gabriel "absolut skandalös". Ohne einen Vergleich anhand klarer Kriterien werde eine Standortentscheidung vor Gericht keinen Bestand haben.

Im bereits bestehenden Atommülllager Asse gibt es unterdessen neue Probleme: In etwa 950 Meter Tiefe seien 1.000 bis 1.500 Liter radioaktive Salzlauge entdeckt worden, berichtete der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König. Es handele sich vermutlich um Teile von Laugen, die der alte Betreiber ohne Genehmigung in Hohlräumen deponiert habe. Gabriel forderte, dass sich die AKW-Betreiber an den Kosten der Sanierung der einsturzgefährdeten Asse in Form einer Brennstoffabgabe beteiligen müssen. Die Kosten der Sanierung werden auf bis zu 4 Milliarden Euro geschätzt.

Probleme ganz anderer Art gab es in Gorleben: Dort ist - ausgerechnet durch die Panne im AKW Krümmel - die Elektronik beschädigt worden. Dadurch waren die Aufzüge in den Schacht drei Tage nicht betriebsbereit, bestätigten die Betreiber. MKR

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6 Kommentare

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  • J
    Jan

    60 Jahre Endlagerforschung haben eine Menge Erkenntnisse gebracht. Mittels seismischer und paläogeologischer Methoden kann man schon eine gewisse Sicherheit für bestimmte Formationen geben.

     

    Bedenkt man dass die Salzstöcke im Norden Deutschlands das Entstehen und Auseinanderbrechen von Pangäa, die Hebung der Alpen (und die damit einhergehende Absenkung des Tieflandes) sowie mehrere Dutzend Eiszeiten überlebt haben ohne dass es in mehreren hundert Millionen Jahren einen Kontakt mit der Biosphäre gab, kann man mit einer gewissen Sicherheit auch die nächsten Millionen Jahre bewerten. Und ganz nebenbei: für einen Geologen sind eine Millionen Jahre in der Tat nicht wirklich viel, sondern stellen eine Zeit dar die sehr wohl überschaubar ist.

     

    Des Weiteren bleibt zu bedenken: der Müll ist nun mal da und muss entsorgt werden. Und darüber wird seit sechs Dekaden geforscht. Es wurden unzählige Möglichkeiten erforscht und analysiert. Und es ist nun mal so dass die Verbringung in ein unterirdisches Endlager die beste Möglichkeit darstellt. Leider vergessen das die meisten Menschen, schimpfen über solche Dinge ohne zu bedenken dass das Problem einer Lösung zugeführt werden muss. Aber war ja schon immer einfacher alles zu kritisieren als konstruktive Vorschläge zu machen.

     

    Zur Thematik Herfa-Neurode: wenn dieses Endlager eines Tages geschlossen wird lagern dort 41,2 Mio. Kubikmeter Müll der auch in einer Milliarde Jahren noch genauso gefährlich ist wie am Tag seiner Einlagerung. Zum Vergleich: der hochradioaktive Müll bringt es auf 23.000 Kubikmeter und wird in ca. einer Million Jahre sein Gefährdungspotenzial verloren haben.

     

    Die Schlussfolgerung die Thomas.Sankara.in.memoriam zog, geht aber in die falsche Richtung. Nicht die Sicherheitsbestimmungen beim radioaktiven Müll müssen lascher werden (die können gar nicht hoch genug sein) sondern wir sollten uns auch langsam mal über das Gefährdungspotenzial der anderen Stoffe im Klaren sein und dort die Bestimmungen anheben. Und den wenigen 100 Kubikmetern radioaktiven Müll der unter höchsten Sicherheitsbestimmungen in die Zwischenlager verbracht wird stehen mehrere 100.000 bis Millionen Kubikmeter hochtoxischer Müll gegenüber der teilweise sehr lax "irgendwo verscharrt" wird.

     

    Ganz allgemein: ich bin seit einiger Zeit in der Endlagerforschung tätig und würde es lieber heute als morgen sehen wenn wir eine andere Energieerzeugung als die fossilen und kerntechnischen Anlagen hätten. Die sind definitiv nicht die Zukunft und gehören so bald als möglich abgeschaltet (Ich beobachte hier stark die Fusionsforschung). Aber ich gebe zu bedenken dass der Müll, der nun mal da ist, auch entsorgt werden muss. Und immer nur schimpfen und alles niedermachen ohne sich ernsthaft mit der Thematik auszukennen löst dieses Problem leider nicht. Und der Weg der mittlerweile gegangen wird ist kein schlechter.

  • T
    Thomas.Sankara.in.memoriam

    Den Sätzen von Bürger G. unten stimme ich weitgehend zu, freilich vielleicht nicht ganz in seiner eigenen Intention, denn

     

    daraus, dass der Sondermüll schlimm ist,

    folgt ja nicht, dass der Atommüll harmlos ist.

     

    Nein, je mehr Müll umso schlimmer.

     

    Und eine Form der Müllreduzierung ist der Ausstieg aus der Atomenergie.

     

    (Dank an Bürger G. für die Steilvorlage)

  • CH
    Christof Hanke

    Diese neue Anforderungen sind doch Nebelkerzen, die den Verstand des geneigten Publikums verschleiern sollen.

     

    Wenn jemand sagt, er könnte die Zukunft aus dem Kaffeesatz vorhersagen, gilt er im besten Fall als esoterisch angehaucht. Wenn jemand nun behauptet, er sei sich sicher, was in einer Million Jahren passiert, so würde man diese Person normalerweise als geisteskrank bezeichnen. Nicht so offenkundig bei der sogenannten politischen Elite.

     

    Wenn von Betreibern eine Sicherheit von einer Million Jahren verlangt wird, ist jedem klar, dass diese Anforderung nicht erfüllt werden kann. Dennoch scheut Gabriel und mit ihm leider die Mehrheit der verantwortlichen Personen in Regierung und auch in der Opposition davor zurück, die naheliegende Schlussfolgerung öffentlich zu nennen: Es kann kein sicheres Endlager geben, deswegen ist jeder Tag Weiterbetrieb kerntechnischer Anlagen ein Tag zu viel. Aber selbst die heute nur noch sogenannten Grünen fordern ja keinen sofortigen Ausstieg mehr.

  • BG
    Bürger G.

    Übrigens: In der Untertagedeponie Herfa-Neurode in Hessen liegt soviel Arsen, um die gesamte Menschheit zu töten. Das Endlager ist nur auf 10.000 Jahre ausgelegt, Arsen hat keine Halbwertszeit.....!!!! und nun? wird mit zweierlei Maß gerechnet! Das ist doch eine Doppelmoral sondergleichen, die Radioaktivität aus Energieerzeugung, Medizin, Industrie und Forschung wird verteufelt, der zivilisatorische Dreck, den wir tagtäglich produzieren wird akzeptiert!

    Jedes Jahr wird in Deutschland eine Menge an zivilisatorischer Sondermüll ENDgelagert, der der gesamten Menge des radioaktiven Abfalls aus 50 Jahren Kernenergie in ca. 15 AKW entspricht!!!

     

    Wann schreibt die taz endlich mal differenziert über etwas und andlich mal wider dem Mainstream! Hallo, neue Chefredakteurin?!

  • NJ
    navajo joe

    Und eine Million Jahre ausreichend Fachleute ausbilden und bereitstellen, die überhaupt wissen, was 'da unten' lagert. DAS ist es, was die Atomindustrie mit ihren vielen Arbeitsplätzen meint. Ich verstehe. Und die Kosten? Na die werden natürlich nicht in den heutigen Atomstrom eingerechnet, damit der doch schön billlllig bleibt.

     

    Was für eine zum Kotzen anekelnde Scheinheiligkeit der AKW Fans ("Fans" ist übrigens gar nicht so verkehrt als Abk. für "Fanatiker")

  • S
    SKLAVE

    Diese Pappnasen und Lobbyistenknechte können doch nicht einmal auf vier Jahre gegebene Wahlversprechen einlösen, jetzt begeben sie sich auch noch in den illusionären Zeitrahmen von einer Million Jahren.

    Jeder Hauptschüler den man mit der programmierten Verblödung nicht völlig cerebral weichgekocht hat müsste daraus folgern, alle Atomprojekte sofort für die nächste Million Jahre zu beenden.