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Kolumne KriegsreporterinWer nix wird, wird kompakt

Wie "Kompakt" zur Lösung für defizitäre Gesternzeitungen wird. Und was hinter Angela Merkels privatem "Bumsodrom" steckt.

Ein Haps und weg ist die Welt? Springers heiße Sparwaffe "Welt kompakt". Bild: dpa

Liebe taz-Medienredaktion, ich bin so froh, dass ich über eine Branche mit so viel Selbstheilungskraft berichten darf! Hatten wir letzte Woche noch feststellen können, dass, wer als Journalist nichts mehr wird, Wirt wird, können wir nun aus dem Kosmos der Zeitungen vermelden: Wer nichts wird, wird kompakt. Zumindest, wenn man Die Welt ist oder das Handelsblatt. Wobei der Springer-Konzern die Meldung nicht bestätigt hat - und wir den gut unterrichteten Kreisen des Kontakters vertrauen müssen. "Kompakt", das klingt erstmal ganz schön toll nach "verdichtet", nach viel Inhalt auf kleinem Raum, nach "Turbo", quasi.

"Kompakt" ist die heiße Sparwaffe der Zeitungsverlage, ihre anzeigenfreien unhandlichen Flatterblätter auf ein U-Bahn-kompatibles Format zu bringen UND Kosten zu sparen. Am Papier vornehmlich. So weit, so langweilig. Das Fest beginnt jetzt: Springer überlege, so der Kontakter, Die Welt mit Welt kompakt zusammenzulegen. Jetzt noch mal für Doofe: Welt und Welt kompakt zusammen - das heißt: Die Welt, die reaktionäre, ewig defizitäre Gesternzeitung für Goldknopfanzugträger mit Bordell-Abo, verschwindet in dem auch konservativen, aber deutlich harmloseren Bunt-Blättchen Welt kompakt! Weg. Plumps. Einfach so. Wie die DDR in der BRD. Oder das Familienhaus in Nachterstedt im Erdloch. Ab und zu noch mal ein gammeliges, publizistisches Restfurzen, das wars.

Natürlich wollte ich aus Gründen der Sorgfaltspflicht noch einmal selbst mit den Springers sprechen und habe angerufen. Nach 6:43 Minuten in der Warteschleife habe ich aufgelegt. Die Berufsethoswächter mögen ein Nachsehen mit mir haben, denn die Zeit drängt und ich möchte mich doch auch noch einmal auf das Niveau herunterlassen, auf dem nun auch das Panorama der Süddeutschen Zeitung sich einpendelt, und vermelde: Angela Merkel hat einen Bums-Platz in ihrem Haus. Jawohl, ein privates Bumsodrom. Da tut sies. Denn Angela Merkel hat - halten Sie sich bitte fest, liebe LeserInnen, ein Bett. Und warum sollte es ihr medial anders ergehen als Brad Pitt, der sagte, zu seinem Pool gehöre ein Wasserfall. Dahinter sei "ein großartiger Platz für Sex". Worauf neben diversen weiteren Medien auch die SZ sich nicht zu schade war, zu berichten, Brad Pitt besitze "eine Sex-Grotte". Was kommt als Nächstes? "Günther Jauch macht Pinkelspiele"? Weil er eine Toilette benutzt? Oder "Claus Kleber schwul?" Weil er dick Make-up draufhat?

Bei so viel Klemm-Boulevard mag man es geradezu als konsequent erleben, dass Stern.de nun weniger auf Journalismus als auf große Bilder setzen will. Die sind ja auch Journalismus, schon klar. So wie bei View, dem hauseigenen "Füll-die-Seiten-und-hau-weg-den-Scheiß!"-Bilderblatt. Bei stern.de wird man in Zukunft kaum LESEN müssen, dass Brad Pitt eine Sex-Grotte besitze. Bei stern.de wird man ihn darin SEHEN können. Was fast so gut ist wie die Nachricht, dass "Fix & Foxi", die zum wiederholten Male eingestellten Comic-Füchse, wiederbelebt werden sollen. Und auch für einen Themenpark in Kärnten herhalten. Nicht unweit des Jörg-Haider-Erlebnis-Friedhofs. Im Gegensatz zu Fix & Foxi kann der aber auch mit einer Finanzspritze nicht wiederbelebt werden.

Und mit dieser guten Nachricht zurück nach Berlin!

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1 Kommentar

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  • O
    Ole

    Wenn einer Zeitung nix mehr einfällt, haut man einfach auf Konkurrenten drauf. Die taz wird immer ärmer