Bodo Ramelow über mögliche Koalitionen: "Herr Matschie steht im Abseits"
Bodo Ramelow, Chef der thüringischen Linken, drängt auf einen Politikwechsel. Die Wähler hätten seiner Partei den Regierungsauftrag gegeben. Dass die CDU zu Gesprächen einlädt, findet er dreist.
taz: Herr Ramelow, werden Sie der neue Thüringer Ministerpräsident?
Bodo Ramelow: Das werden wir am Ende der Koalitionsverhandlungen sehen. An uns hängt das nicht. Die SPD muss sich jetzt entscheiden, ob sie zum Steigbügelhalter der CDU werden will oder nicht.
Was sind Ihre nächsten Schritte?
Ich werde am Dienstag dem Landesverband vorschlagen, die SPD zu Sondierungsgesprächen einzuladen. Dann wird sich zeigen, ob Herr Matschie bereit für einen Politikwechsel in Thüringen ist oder nicht.
Die Grünen lassen Sie außen vor?
Natürlich. Ich kann nicht erkennen, was die Grünen bei den Gesprächen verloren hätten. Es gibt eine Mehrheit für Rot-Rot in Thüringen. Die Grünen haben ständig wiederholt, wir seien die SED-Nachfolgepartei, mehr kam nicht. Die sollen darüber nachdenken, ob sie endlich für Ökologie und Bildung eintreten, oder ob sie nur als Rächer der Enterbten unterwegs sein wollen.
Thüringen:
CDU 31,2% (-11,8)
Linke 27,4% (+1,3)
SPD 18,5% (+4)
FDP 7,6% (+4)
Grüne 6,2% (+1,1)
NPD 4,3% (+2,7)
Freie Wähler 3,9% (+1,3)
Sitze: CDU 30, Linke 27, SPD 18, Grüne 6, FDP 7.
SPD-Spitzenkandidat Christoph Matschie hat vor der Wahl und auch jetzt stets betont, dass es mit der SPD keinen Thüringer Landesvater geben wird, der von der Linkspartei gestellt wird. Um der Inhalte willen, können sie sich vorstellen Herr Matschie zum Ministerpräsidenten zu wählen?
Das kann ich definitiv ausschließen. Ich werde ihn weder vorschlagen noch wählen. Herr Matschie hat sich durch seine Aussagen ins Abseits gestellt und gezeigt, dass er führungs- und regierungsunfähig ist.
Können Sie auch ausschließen, dass Sie auf das Amt verzichten und etwa einen anderen SPD-Kandidaten wählen oder einen dritten Kandidaten vorschlagen?
Ich kann ausschließen, dass ich jetzt noch mehr ausschließe. Es muss um den Politikwechsel gehen, es ist jetzt völlig deplatziert, weiter über Kandidaten zu reden. Wir haben den Gestaltungsauftrag, der Rest muss sich zeigen. An Dreistigkeit kaum zu überbieten ist aber derzeit die CDU in Person von Herrn Althaus, der den Gestaltungsauftrag bei sich sieht. Die sind die Wahlverlierer, um das hier mal festzuhalten. Althaus hat keinen Regierungsauftrag von den Wählern bekommen.
Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte. In diesem Fall die CDU. Wird es also doch auf eine große Koalition hinauslaufen?
Eine große Koalition wird es nicht geben, weil wir nicht mit der CDU koalieren werden. Große Koalitionen sind für große Parteien gedacht.
Dann konkreter: Wird es auf eine Koalition von CDU und SPD hinauslaufen?
Wenn es so kommen sollte, dann müssen sie die Koalition der Verlierer bilden. Ich wünsche denen eine fröhliche Hochzeitsnacht. Ich bleibe dann als Oppositionsführer im Landtag und werde mit großem Vergnügen täglich den Sittenwächter spielen und aus der ersten Reihe Anträge einbringen, die die SPD vor der Wahl den Bürgern versprochen hat. Dann muss sich Herr Matschie daran messen lassen, ob er die Versprechen einhält oder nicht.
Aber schade um die gemeinsamen Inhalte zwischen Linkspartei und SPD wäre das schon.
Wir haben jahrelang gemeinsame Interessen vertreten. Im Bündnis „Mehr Demokratie“ und anderswo, das stimmt. An uns soll es nicht scheitern, diese jetzt auch in einer Koalition umzusetzen.
Egal wie es ausgeht, es werden wohl langwierige Verhandlungen werden. Gibt es noch eine Entscheidung vor der Bundestagswahl?
Wir werden auf ein Ergebnis noch vor der Bundestagswahl drängen, damit die Wähler erfahren, was man bekommt, wenn man die SPD wählt.
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