Kommentar Kritik am UNO-Generalsekretär: Falscher Adressat
Die Kritik der norwegischen UNO-Botschafterin ist richtig. Doch sie sollte sie an die richten, die den Mann installiert haben.
D ie harsche Kritik der norwegischen UNO-Botschafterin Mona Juul am Arbeits- und Führungsstil von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon ist berechtigt. Sie wird von vielen anderen UNO-DiplomatInnen und MitarbeiterInnen geteilt.
Relevanter ist allerdings die Kritik der Botschafterin am politischen Verhalten des Generalsekretärs. Diese aber ist nur zum Teil berechtigt. Vor allem ihren Vorwurf, Ban habe "versagt, der UN in der Finanzkrise eine gewichtige Stimme zu verleihen", sollte Juul besser an die großen reichen Mitgliedsländer der Weltorganisation richten. Denn diese haben im Juni einen weitreichenden Beschluß der "G-192" - also der Generalversammlung in New York - zur Überwindung der Finanzkrise und Verhinderung künftiger Krisen torpediert, und ihre Entscheidungen dann im exklusiven Club der "G-20" getroffen.
Ähnliches gilt für Juuls Kritik an Bans "Schwäche" in Klima- und Umweltfragen. Bei diesen Themen ist seit geraumer Zeit klar, was die Mitgliedsstaaten der UNO zur Bewältigung der globalen Herausforderungen machen müssten - etwa mit Blick auf das Kyoto-2-Abkommen zum Klimaschutz. Dem Generalsekretär bleibt nicht anderes, als die Mitgliedstaaten immer wieder aufzurufen, ihre Verantwortung endlich wahrzunehmen. Und das tut Ban durchaus.
Andreas Zumach, Jahrgang 1954, UNO-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf, gelernter Volkswirt, Journalist und Sozialarbeiter; jüngste Veröffentlichung: "Die kommenden Kriege", Kiepenheuer & Witsch.
Am ehesten berechtigt ist die Kritik an der Zurückhaltung Bans beim Thema atomare Abrüstung. Bei einem stärkeren Engagement müßte der Generalsekretär auch die beiden Atomwaffenstaaten USA und China zur Umsetzung ihrer Abrüstungsverpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag auffordern. Doch diese beiden mächtigsten UNO-Staaten haben Ban 2006 ja auf den Posten des Generalsekretärs gehoben, gerade weil sie von ihm am wenigsten Kritik an ihrer Rüstungspolitik oder Menschenrechtsverletzungen befürchten müssen.
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