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Grüne im AufwindOhne sie geht nichts

Den Grünen stehen alle Koalitionsmöglichkeiten offen. Also auch Jamaika. Oder sind das nur Verhandlungstricks?

Renate Künast will von Jamaika nichts wissen - die Grünen im Saarland jedoch verhandeln über schwarz-gelb-grün. Bild: ap

BERLIN taz | Die Grünen möchten die Ergebnisse der Landtags- und Kommunalwahlen vom Sonntag durchaus als Vorboten der Bundestagswahl verstanden wissen. Spitzenkandidatin Renate Künast sagte am Montag, selbstverständlich "ist das eine Testwahl für den Bund", wenn 27 Millionen Bürgerinnen und Bürger wählen gingen - und am Ende keine schwarz-gelbe Mehrheit herauskomme.

Nach grüner Logik haben die im Saarland, in Sachsen und in Thüringen erzielten Machtoptionen gleichwohl nichts mit dem grünen Kurs zur Bundestagswahl zu tun. Im Bund bemühen sich die Grünen stark um rot-grüne Wechselwähler und können deshalb bis zum 27. September keine schwarz-grüne und auch keine schwarz-gelb-grüne Debatte gebrauchen. Eine Jamaika-Koalition wurde deshalb explizit ausgeschlossen. Doch genau darüber verhandelt ab sofort im Saarland der Grünen-Landeschef Hubert Ulrich - gleichzeitig zu Verhandlungen über Rot-Rot-Grün mit Heiko Maas (SPD) und Oskar Lafontaines Linken.

Die Idee dahinter beschrieb Ulrich am Montag so: Um für eine "erkennbare grüne Handschrift" in einer künftigen saarländischen Regierung zu sorgen, wolle er "zwischen den beiden Lagern hin und her verhandeln". Er werde sich "hüten, eines der beiden Lager zu verschrecken." Dies lobte Künast umgehend: "Die Saarländer machen das höchst professionell".

Ulrich wie Parteichefin Claudia Roth bestritten, dass man auf Zeit spiele, um nach der Bundestagswahl dann vielleicht bei einer Jamaika-Koalition an der Saar herauszukommen. "Wir haben überhaupt kein Interesse, uns irgendwelche Dramaturgien auszudenken", behauptete Roth. Ulrich erklärte, es werde eben sehr viele umständliche "Rückkoppelungen" mit seiner Basis geben. Darum könne man "nichts übers Knie brechen".

Ulrich tat den Berlinern am Montag den Gefallen, einige Sympathien Richtung Rot-Rot-Grün erkennen zu lassen. Die Auseinandersetzung mit Lafontaine, der die Grünen im Wahlkampf scharf attackiert hatte, "ist abgeschlossen", erklärte er. Und trotz der strittigen Kohlefrage sei die CDU in Energiedingen immer noch ein schwierigerer Verhandlungspartner als die SPD.

Zuvor hatte es im grünen Parteirat dem Vernehmen nach zwar keinen weiteren Versuch gegeben, Ulrich unter Druck zu setzen. Am Wahlabend hatte Parteichef Cem Özdemir die Nähe zwischen Grünen und SPD betont. Doch sei das Klima im Parteigremium schon sehr "offen" für Rot-Rot-Grün gewesen, hieß es am Montag von mehreren Seiten.

Der Junggrüne Arvid Bell erklärte nach der Sitzung der taz, es sei auch "undenkbar, dem CDU-Ministerpräsidenten Peter Müller, der 13 Prozent verloren hat, das Leben zu verlängern". Bell sieht das Saarland bereits als Avantgarde: "In 10 von 16 Landtagen gibt es Mehrheiten links von CDU und FDP. Damit könnte man ganz schön viele CDU-Ministerpräsidenten kegeln."

Doch auch Grüne, die sicherlich nicht von Rot-Rot-Grün träumen, sehen für Jamaika keine Zukunft im Saarland. "An der Saar liegt das Momentum doch eher bei Rot-Rot-Grün", sagte selbst der frühere hessische Landeschef Hubert Kleinert zur taz.

Nur der baden-württembergische Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann erklärte der taz, er erkenne jedenfalls keinen besonderen Grund, im Saarland keine Jamaika-Koalition einzugehen. Oskar Lafontaine habe dort gegen die Grünen "einen absoluten Vernichtungswahlkampf geführt", sagte Kretschmann. "Mit so jemand zu koalieren, ist nicht einladend." Das Argument der stärkeren inhaltlichen Überschneidungen mit der SPD "hängt mir zum Hals raus", rief er. "Es kommt doch darauf an, welches Bündnis mehr Dynamik entwickelt."

In jedem Fall sei Jamaika im Saarland kein falsches oder problematisches Signal für die Bundestagswahl. Das Saarland sei doppelt so groß wie der Kreis Esslingen. "Wenn man da nicht mal etwas ausprobieren darf, wo sonst?", fragte Kretschmann.

Ausgeschlossen haben die Grünen offenbar die Möglichkeit, um der bundesweiten Farb-Balance willen im Saarland auf Jamaika zu spekulieren und sich dafür in Thüringen zu einem rot-rot-grünen Bündnis zu bekennen. Nachdem SPD und Linke in Erfurt eine knappe eigene Mehrheit zusammenbringen, sind die Grünen allerdings auch nicht mehr unbedingt gefragt. Astrid Rothe-Beinlich, die in Thüringen die erste Grünen-Fraktion seit 15 Jahren anführen wird, sagte, natürlich werde man mit SPD und Linken reden, wenn diese auf die Grünen zukämen, "und uns erklären, wozu sie uns brauchen." Aber: "Warum sollten wir das fünfte Rad am Wagen spielen?" Sie für ihren Teil sei zufrieden und ausreichend beschäftigt damit, im Erfurter Landtag erst einmal für Räume und Telefone zu sorgen.

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6 Kommentare

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  • S
    SiC

    Hilfe. Ich bitte um Kommentare zu meinem Kommentar! Um eventuelle Denkfehler in meinem Kopf herauszufinden. Möchte eine sachliche Konversation führen!

     

    1. Es ist doch eigentlich traurig, das egal wo ich was zu den Wahlen lese, die Partei-en sich jetzt alle gegenseitig "liebkosen" oder "bepöbeln" um mit Der oder Jener eine Koalition eingehen zu können. Aber so wirklich lesen um welche Standpunkte sich gestritten wird, findet man kaum! Wenn ich mir (und das habe ich ausführlich gemacht) die Parteiprogramme angucke, sehe ich sehr viele Sachen, die bei eigentlich allen Koalitionen, zum Streitpunkt führen. Ein kleines Beispiel was in diesem Text an angekratzt wurde, ist zum Beispiel die Energie Politik der Grünen. Es kann mir doch keiner Weiß machen das wenn es zu einem Schwarz-Gelb-Grünen-Bündnis kommt, die Grünen sich mit ihrem Standpunkt gegen die beiden behaupten kann oder sehe ich da was falsch!? Oder beleuchten wir mal die Außenpolitik eines Rot-Rot-Grünen-Bündnisses. SPD und Grüne sind beide weiterhin dafür die Bundeswehr in Krisengebieten einzusetzen, zwar wollen beide ein bisschen Umstrukturieren aber dazu möchte ich nicht weiter eingehen. Die Linken sind dagegen. So was passiert? Also mehr möchte ich jetzt nicht weiter ausführen, da die Liste noch bis ins Unendliche gehen kann. Aber ich hoffe jeder versteht worauf ich hinauswill.

     

    2. So jetzt zu meinem eigentlich Punkt. Es spielt doch echt keine Rolle welche man von den „Big-Five“ wählt, da am Ende eh was völlig anderes Gemacht wird als das was sie vorher stark vertreten haben. (War ja jedem schon bekannt) Also??? Ich bekomme echt Depressionen wenn ich darüber nachdenke. Aber mir is letzten eine Lösung für das Problem eingefallen. Es ist doch so das viele zur Wahl gehen und erst vor dem Wahl-Zettel, wo man sein Kreuz machen muss, überlegen welche Partei sie wählen, z.B. so ein Gedankengang: „naja CDU regiert glaube ich und man hört ..., und eigentlich ... ach ich mach einfach bei SPD mein Kreuz (da gefällt ihm die Farbe oder so)“. Und hier kommt die Lösung: Damit nicht die ganzen unwissenden Bürger einfach so zur Wahl gehen, weil sie am Sonntag nach dem Komasaufen nichts besseres zu tun haben oder einfach normale Langweile haben oder weil sie es ja „müssen“ den sie haben ja die Wahlbenachrichtigung erhalten(is ja auch egal ihr wisst was ich meine), führen wir einfach ein das man sich die Wahlbenachrichtigung selber abholen muss. Das würde wahrscheinlich einen Wahlrückgang geben aber denn würde meiner Meinung die Stimme der interessierten, engagierten und intelligenten Bürgen mehr Gewicht bekommen! Und die Umsetzung is auch kein Problem. Man müsste nur mit seinem Personalausweis 2 Monate vor der Wahl in ein Bürgeramt und sich seine Wahlbescheinigung abholen und die Beamten auf dem Bürgeramt könnte man mit dem Geld was durch den wegfallenden Briefverkehr gespart wurde bezahlen.

    Ok ein Punkt is mir beim Schreiben dieses Textes schon klar geworden auch im zusammen hang mit anderes Texten im Internet, das dadurch auch die Stimmen von nichtdemokratische Denkenden Partei mehr gewichtet wird die besser organisiert sind (so wie ich laß).

     

    Aber bis jetzt der einzige hacken der mir einfällt! Nun bitte sachlich darüber nachdenken.

  • AD
    Axel Dörken

    Wenn die Grünen nun die Größe hätten, Fehler einzugestehen und wieder zu ihren alten Strukturen - Friedenspartei? - zurückfinden, freue ich mich um so mehr.

     

    Die Linke zeigt deutlich, dass solche Forderungen heute populärer sind und angenommen werden. Krieg kann niemals ein Weg in den Frieden sein. er kann aber durchaus dazu führen, dass der kriegerische Weg verlassen und der Weg des Friedens begangen wird.

     

    Hartz-IV, Afghanistan. Beides Kriege, die wir uns nicht leisten bräuchten. Beides Wege, die uns von Lösungen abhalten.

     

    Liebe Grüße

    Axel Dörken

  • E
    enno

    Auch wenn es niemand interessiert wie ich zu diesem Thema stehe. Falls die Grünen sich auf eine "Jamaika-Koalition" einlassen, verspielen sie ihre Chance, jemals von mir gewählt zu werden. Die SPD hat es schon geschafft! Ich vergesse gewisse Dinge nie und folge meine Prinzipien.

  • S
    SiC

    Hilfe. Ich bitte um Kommentare zu meinem Kommentar! Um eventuelle Denkfehler in meinem Kopf herauszufinden. Möchte eine sachliche Konversation führen!

     

    1. Es ist doch eigentlich traurig, das egal wo ich was zu den Wahlen lese, die Partei-en sich jetzt alle gegenseitig "liebkosen" oder "bepöbeln" um mit Der oder Jener eine Koalition eingehen zu können. Aber so wirklich lesen um welche Standpunkte sich gestritten wird, findet man kaum! Wenn ich mir (und das habe ich ausführlich gemacht) die Parteiprogramme angucke, sehe ich sehr viele Sachen, die bei eigentlich allen Koalitionen, zum Streitpunkt führen. Ein kleines Beispiel was in diesem Text an angekratzt wurde, ist zum Beispiel die Energie Politik der Grünen. Es kann mir doch keiner Weiß machen das wenn es zu einem Schwarz-Gelb-Grünen-Bündnis kommt, die Grünen sich mit ihrem Standpunkt gegen die beiden behaupten kann oder sehe ich da was falsch!? Oder beleuchten wir mal die Außenpolitik eines Rot-Rot-Grünen-Bündnisses. SPD und Grüne sind beide weiterhin dafür die Bundeswehr in Krisengebieten einzusetzen, zwar wollen beide ein bisschen Umstrukturieren aber dazu möchte ich nicht weiter eingehen. Die Linken sind dagegen. So was passiert? Also mehr möchte ich jetzt nicht weiter ausführen, da die Liste noch bis ins Unendliche gehen kann. Aber ich hoffe jeder versteht worauf ich hinauswill.

     

    2. So jetzt zu meinem eigentlich Punkt. Es spielt doch echt keine Rolle welche man von den „Big-Five“ wählt, da am Ende eh was völlig anderes Gemacht wird als das was sie vorher stark vertreten haben. (War ja jedem schon bekannt) Also??? Ich bekomme echt Depressionen wenn ich darüber nachdenke. Aber mir is letzten eine Lösung für das Problem eingefallen. Es ist doch so das viele zur Wahl gehen und erst vor dem Wahl-Zettel, wo man sein Kreuz machen muss, überlegen welche Partei sie wählen, z.B. so ein Gedankengang: „naja CDU regiert glaube ich und man hört ..., und eigentlich ... ach ich mach einfach bei SPD mein Kreuz (da gefällt ihm die Farbe oder so)“. Und hier kommt die Lösung: Damit nicht die ganzen unwissenden Bürger einfach so zur Wahl gehen, weil sie am Sonntag nach dem Komasaufen nichts besseres zu tun haben oder einfach normale Langweile haben oder weil sie es ja „müssen“ den sie haben ja die Wahlbenachrichtigung erhalten(is ja auch egal ihr wisst was ich meine), führen wir einfach ein das man sich die Wahlbenachrichtigung selber abholen muss. Das würde wahrscheinlich einen Wahlrückgang geben aber denn würde meiner Meinung die Stimme der interessierten, engagierten und intelligenten Bürgen mehr Gewicht bekommen! Und die Umsetzung is auch kein Problem. Man müsste nur mit seinem Personalausweis 2 Monate vor der Wahl in ein Bürgeramt und sich seine Wahlbescheinigung abholen und die Beamten auf dem Bürgeramt könnte man mit dem Geld was durch den wegfallenden Briefverkehr gespart wurde bezahlen.

    Ok ein Punkt is mir beim Schreiben dieses Textes schon klar geworden auch im zusammen hang mit anderes Texten im Internet, das dadurch auch die Stimmen von nichtdemokratische Denkenden Partei mehr gewichtet wird die besser organisiert sind (so wie ich laß).

     

    Aber bis jetzt der einzige hacken der mir einfällt! Nun bitte sachlich darüber nachdenken.

  • AD
    Axel Dörken

    Wenn die Grünen nun die Größe hätten, Fehler einzugestehen und wieder zu ihren alten Strukturen - Friedenspartei? - zurückfinden, freue ich mich um so mehr.

     

    Die Linke zeigt deutlich, dass solche Forderungen heute populärer sind und angenommen werden. Krieg kann niemals ein Weg in den Frieden sein. er kann aber durchaus dazu führen, dass der kriegerische Weg verlassen und der Weg des Friedens begangen wird.

     

    Hartz-IV, Afghanistan. Beides Kriege, die wir uns nicht leisten bräuchten. Beides Wege, die uns von Lösungen abhalten.

     

    Liebe Grüße

    Axel Dörken

  • E
    enno

    Auch wenn es niemand interessiert wie ich zu diesem Thema stehe. Falls die Grünen sich auf eine "Jamaika-Koalition" einlassen, verspielen sie ihre Chance, jemals von mir gewählt zu werden. Die SPD hat es schon geschafft! Ich vergesse gewisse Dinge nie und folge meine Prinzipien.