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Vor der Bundestagswahl: Besuch im Wahlkreis Tempelhof-SchönebergSpagat zwischen Rentnern und schwuler Lebenskultur

In dem Südberliner Wahlkreis gab es lange nur das Duell zwischen SPD und CDU. Nun mischen auch die Grünen mit. Ihnen gilt das besondere Augenmerk der Direktmandatsinhaberin.

Mechthild Rawert (l), Franz Müntefering und der Vorstand des Lesben- und Schwulenverbands bei einer Talkrunde Bild: dpa

Zwar stammt Klaus Wowereit als gebürtiger Lichtenrader aus Tempelhof, doch der Süden des Bundeswahlkreises war bei den letzten Wahlen immer eine CDU-Hochburg. Die Schöneberger im Norden tendieren dagegen dazu, ihr Kreuz links von der Mitte zu setzen. Hier erzielt die SPD regelmäßig eines ihrer besten Ergebnisse bei Bundestagswahlen in Berlin.

Unterschiedlicher können die beiden Stadtteile nicht sein: Schöneberg gilt als Zentrum der homosexuellen Lebenskultur und ist dafür international bekannt. In Tempelhof, vor allem im ländlich geprägten Lichtenrade, verbringen viele Rentner ihren Lebensabend, hier lebt die CDU-Wählerschaft. Die Grünen sind in diesem Wahlkreis aber auch relativ stark vertreten.

Dieser Kontrast in der Bevölkerungsstruktur hat Auswirkungen auf die Wahlergebnisse. Bei der letzten Bundestagswahl 2005 gab es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, aus dem die SPD als Siegerin hervorging. Damals gewann die bis dato wenig bekannte Frauen- und Gesundheitspolitikerin Mechthild Rawert das Direktmandat mit 34,2 Prozent und damit nur 1,3 Prozentpunkten Vorsprung vor Peter Rzepka von der CDU.

Jetzt ist Rawert in der Rolle der Titelverteidigerin. Die studierte Sozialpädagogin muss sich gegen den wenig bekannten Rechtsanwalt und Kandidaten der CDU, Jan-Marco Luczak, und gegen die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Renate Künast, behaupten. Die einstige Verbraucherschutzministerin vereinte bei der letzten Bundestagswahl 21 Prozent der Erststimmen auf sich und erzielte damit bundesweit das drittbeste Ergebnis für ihre Partei.

Nicht zuletzt deshalb schießt sich Rawert vor allem auf die grüne Konkurrenz ein: "Künast ist zwar bundesweit bekannt, aber nie im Wahlkreis präsent", sagt sie und deutet damit auf die sichere Erstplatzierung der Grünen-Spitzenkandidatin auf der Landesliste. "Unsachlich und unter Niveau", bezeichnet Künast diesen Vorwurf. "Die Direktkandidatur ist demokratisch und schön", sagt sie.

Rawert muss sich gegen schwache Umfragewerte für die SPD auf Bundesebene behaupten. In Tempelhof-Schöneberg hat sie deswegen ihren Schwerpunkt auf die Familienpolitik gelegt. "Ich will die Queer-Community und die Regenbogenfamilie stärken", beteuert die Sozialdemokratin und besetzt damit das gleiche Themenfeld wie Künast. Ob sie damit richtig liegt in diesem gespaltenen Wahlbezirk und wer aus dem Dreierwettkampf als Sieger hervorgeht, wird sich am 27. September zeigen. MOHAMED AMJAHID

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