Präsidentenwahl in Uruguay: Linkskandidat gewinnt erste Runde
José Mujica kommt auf 47 Prozent der Stimmen und muss im November in die Stichwahl.
PORTO ALEGRE taz | Der Wahlabend hatte so verheißungsvoll begonnen. Mitglieder und Sympathisanten des regierenden Linksbündnisses Breite Front zogen zehntausendfach mit ihren rot-blau-weißen Fahnen durch Uruguays Hauptstadt Montevideo. Begeistert tauschten sie Nachwahlumfragedaten aus, die ihrem Kandidaten José "Pepe" Mujica eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang vorhersagten. Auch das Referendum zur Annullierung eines Amnestiegesetzes aus den Achtzigerjahren, das Menschenrechtsgruppen mit 350.000 Unterschriften erzwungen hatten, schien erfolgreich. Der Startschuss zur Siegesfeier sollte in einem Hotel in der Altstadt fallen.
Doch dann kam alles anders. "Nie hat man uns etwas geschenkt", rief ein betretener Mujica den Tausenden auf der Straße zu, "die Gesellschaft verlangt eine zusätzliche Anstrengung von uns". Zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale standen die Hochrechnungen fest, die das amtliche Endergebnis vom Montag fast vorwegnahmen: 47,5 Prozent für Mujica, 28,5 Prozent für den neoliberalen Expräsidenten Luis Alberto Lacalle, 16,7 Prozent für Pedro Bordaberry von der konservativen Colorado-Partei. "Wir haben uns nicht in einer dogmatischen Position verschanzt", erklärte Lacalle wenig später. Er hatte im Wahlkampf Steuersenkungen versprochen und will die Staatsausgaben "mit einer Motorsäge" zusammenstreichen. Die Stichwahl ist am 29. November.
Bitter war für viele, dass nur 47,4 Prozent der Wähler den rosaroten Stimmzettel mit dem "Sí" in die Urnen gesteckt hatten. Damit ist erneut der Versuch gescheitert, Soldaten und Polizisten, die während der Militärdiktatur (1973-1985) gefoltert oder gemordet hatten, strafrechtlich verfolgen zu können.
Luis Puig vom Gewerkschaftsverband PIT-CNT, einer der Organisatoren der Kampagne, tröstete sich, "dass praktisch die Hälfte der Bevölkerung gegen die Straflosigkeit gestimmt hat". Dem Oppositionskandidaten und einem Teil der Presse warf er Irreführung der Wähler vor. "Lacalle sagte, wenn das Gesetz annulliert würde, kämen die Gefangenen frei. 20 Prozent der Bevölkerung haben nicht mitbekommen, dass es die Volksabstimmung gab".
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