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Interview"Der Mietermarkt ist ein Phantom"

In den Innenstadtbezirken steigen die Mieten deutlich, berichtet Hartmann Vetter vom Mieterverein. Normalverdiener hätten nur noch wenig Auswahl. Immerhin habe die SPD das Problem endlich erkannt

taz: Herr Vetter, der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) sagt: Alles ist gut. Der Mietwohnungsmarkt sei sehr entspannt, die Neuvermietungen würden lediglich 5 Prozent über dem Mietspiegel liegen. Sind Sie da ähnlich entspannt wie der BBU?

Hartmann Vetter: Im Gegenteil. Die Zahlen des BBU decken diese Einschätzungen in keiner Weise. Wenn man sich die Bestandsmieten und die Neuvermietungsmieten im Einzelnen ansieht, wird man feststellen, dass es in einigen Bereichen Mietsprünge von bis zu 14 Prozent gibt. Das ist wahrlich kein Zeichen eines entspannten Wohnungsmarktes. Das deutet auf eine Mangellage hin.

Mit welchen Folgen?

Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass Neuvermietungsmieten, die über dem Mietspiegel liegen, die erhöhten Mieten von morgen sind. Die fließen ja als Durchschnittsmieten in den nächsten Mietspiegel ein. Damit wird das Mietniveau insgesamt nach oben getrieben.

Was bedeutet das denn für die Mieter?

Die Mieten steigen, auf der anderen Seite steht die Einkommenssituation. Weite Kreise haben nicht nur keine Einkommensverbesserung, sondern reale Einbußen. Für die ist jede Mieterhöhung deswegen ein Minus an Lebensqualität.

Der Senat, insbesondere Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), hat in der Vergangenheit immer wieder gesagt, Berlin habe einen Mietermarkt. Nicht die Eigentümer diktieren hier also die Preise, sondern die Wohnungssuchenden.

Der Mietermarkt ist ein Phantom. In einigen Teilbereichen ist es sicher so, dass man als Mieter dort, wo es hohe Leerstände gibt, verhandeln kann. Aber in den Innenstadtbezirken ist für die Normalverdiener der Markt sehr viel enger. Für die Besserverdiener sieht das anders aus. Die können ihre Wohnbedürfnisse eher befriedigen, müssen aber entsprechend hohe Mieten in Kauf nehmen. Die treiben dann das Mietniveau insgesamt nach oben.

Der Senat hat vor wenigen Tagen ein Mietenkonzept für den sozialen Wohnungsbau vorgelegt.

Das ist lange überfällig. Es kann nicht sein, dass die Sozialmieten teurer sind als die anderen Mieten. Die Zielgruppe, die auf diese Mieten angewiesen ist, ist nicht mehr in der Lage, die Mieten zu zahlen, und verlässt darum diese Wohnungen. Aber das kann damit nicht sein Bewenden haben. Wir brauchen deshalb auch für den frei finanzierten Wohnraum wieder eine Mietpreisbegrenzung.

Das geht aber nur über eine Bundesratsinitiative.

Es ist richtig, dass die Rechtsgrundlage für eine Mietpreisbegrenzung für Neuvermietung ein Bundesgesetz ist, das entsprechend angepasst werden müsste. Die entsprechende Vorschrift ist jeweils für eine Gemeinde gedacht. Wenn es in dieser Gemeinde eine Mangellage gäbe, liegt eine Mietpreisüberhöhung vor, wenn die Miete 20 Prozent über der der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Die Miete könnte dann einseitig reduziert werden. Auch Berlin ist dort eine Gemeinde. Aufgrund des unterstellten Leerstands hat der Senat sich bislang geweigert, eine solche Mangellage anzuerkennen. Auf bezirklicher Ebene sähe dies schon anders aus. Berlin ist nicht ein Wohnungsmarkt, Berlin besteht aus vielen Teilmärkten.

Die SPD weigert sich bislang, dies zu tun - auch deshalb, weil sie sich dann eingestehen müsste, das Problem lange Zeit kleingeredet zu haben?

Bei der SPD hat inzwischen ein Umdenken stattgefunden. Wenn man Wahlen gewinnen muss, muss man auch was für die Mieter tun. Außerdem wird beim nächsten Landesparteitag das Thema Mietenpolitik im Mittelpunkt stehen. Dann wird auch ein Antrag zum Thema Mietpreisbegrenzung auf der Tagesordnung stehen.

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