Klemmendes Gaspedal: Toyota ruft 1.800.000 Autos zurück
Mehr als 2.000 Mal gab in den USA ein Toyota Gas, ohne dass der Fahrer das wollte. 18 Menschen starben, berichten Verbraucherschützer. Nun ruft Toyota auch in Europa Autos zurück.
TOKIO/KÖLN apn | Toyota muss in Europa bis zu 1,8 Millionen Autos wegen klemmender Gaspedale zurückrufen. Von der Aktion sind acht Modelle betroffen: der Kleinwagen Yaris, der Corolla, der Sportgeländewagen RAV4, die Minis Aygo und iQ, die kompakten Auris und Verso und der große Avensis.
Die Autos der Luxusmarke Lexus sind nicht betroffen. Toyota ließ offen, in wie vielen Autos der Fehler tatsächlich aufgetreten ist. „Nur in sehr seltenen Umständen“, könne das Problem erscheinen, sagte Europachef Tadashi Arashima.
Die weltweite Pannenserie könnte Toyota 150 Millionen Euro oder mehr allein für Ersatzteile kosten. Experten nannten einen Preis von umgerechnet rund 21 Euro pro Stück für die Pedale. Dazu kommen Arbeitskosten.
Insgesamt betreffen die Rückrufe bisher rund 6,8 Millionen Autos. Dazu kommt der nur schwer bezifferbare Imageschaden, denn das klemmende Pedal kostete bereits 19 Toyota-Fahrern das Leben. Toyota erklärte unterdessen in einer E-Mail an die US-Beschäftigten, eine Lösung für das Problem sei inzwischen gefunden.
Die Größenordnung der Probleme macht jetzt auch der Politik Sorgen: Die japanische Regierung rief Toyota auf, das angeschlagene Vertrauen der Käufer zurückzugewinnen. „Der Umfang der Rückrufe ist riesig. Die Situation ist ernst“, sagte Handelsminister Masayuki Naoshima am Freitag in Tokio.
In den USA will sich das Repräsentantenhaus am 25. Februar mit den Vorwürfen beschäftigen, das schadhafte Gaspedal habe zu Unfällen geführt. Hersteller der Problem-Pedale ist der Zulieferer CTS im US-Staat Indiana.
Toyota hat wegen möglicher Probleme mit Gaspedalen und Fußmatten bereits 7,65 Millionen Fahrzeuge in den USA und 75.500 in China in die Werkstätten zurückgerufen. Dabei sind einige Autos von beiden Problemen betroffen, so dass es sich nur in den USA um rund 5 Millionen Fahrzeuge handelt.
Die Toyota-Fahrer in Deutschland reagieren besorgt auf die Pannenserie: „Jede Stunde rufen etwa 75 Kunden an“, sagte Sprecher Dirk Breuer. Die Pannenserie wird Toyota nach Ansicht von Branchenexperten erhebliche Marktanteile kosten. Es wird erwartet, dass der Anteil des weltweit größten Autoherstellers bei den Verkäufen in den USA auf den niedrigsten Stand seit 2006 fällt.
Der Auto-Analystendienst Edmunds.com erklärte, Toyota werde im Januar nur noch 126.000 Autos in den USA absetzen, knapp die Hälfe des Dezember-Wertes. Der Branchendienst geht davon aus, dass Toyotas Marktanteil im Januar wahrscheinlich auf 14,7 Prozent sinken wird, den niedrigsten Stand seit März 2006.
Die Konkurrenten Ford und GM greifen Toyota in der Schwächephase an: Beide bieten Toyota-Fahrern 1.000 US-Dollar, wenn sie jetzt zu Ford oder General Motors wechseln. Die Toyota-Aktie ist den sechsten Tag in Folge an der Börse gefallen und hat seit Beginn der Krise 10 Prozent an Wert verloren.
Völlig unklar ist, wie oft das Klemmpedal tatsächlich aufgetreten ist. Der verantwortliche Zulieferer CTS aus den USA spricht von weniger als 12 Fällen. Die Verbraucherorganisation Safety Research and Strategies dagegen will 2.274 Fälle von unbeabsichtigter Beschleunigung bei Toyota-Autos gezählt haben. Bei 275 Unfällen soll es 18 Tote gegeben haben.
Wie Toyota schon früher mitteilte, könnte es bei einigen der elektronischen Gaspedale zu Verschleißerscheinung kommen. Das führt dazu, dass die Reibung im Mechanismus steigt, was zu Schwergängigkeit oder seltener zum Festklemmen der Pedale führen könnte. Besorgte Toyota-Fahrer könnten versuchweise das Pedal mit der Hand durchdrücken. Falls sie dabei ein Ruckeln spüren oder ein langsames Zurückkommen, sollten sie in die Werkstatt fahren.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen