Grüne Spitzenkandidatur in Berlin: Künast im Zoo
Offiziell schweigt Renate Künast weiter zu einer Spitzenkandidatur 2011. Doch die versteckte Botschaft eines Promo-Termins mit einem Schwarzbären ist: Ich mach's.
BERLIN taz | Er heißt Fargo und nicht Frank. Er ist ein paar Kilo leichter als CDU-Boss Frank Henkel. Und kuscheln mag der kleine Schwarze auch noch nicht mit der Grünen Renate Künast. Aber es gibt eben Zweckgemeinschaften wie diese Patenschaft der einstigen Bundesministerin mit einem Schwarzbären im Tierpark Friedrichsfelde. Auch wenn das Künast-Lager jede Symbolik bestreitet: Dass ihr erstes Patentier kein Pelikan oder Sumpfhuhn, sondern Berlins Wappentier ist und CDU-schwarz, fällt auf. So lassen sich ihre Worte vom Mittwoch als kodierte Kandidatur für den Ort lesen, über dem der Bär weht: das Rote Rathaus.
Seit Dezember gilt Künast, Fraktionschefin im Bundestag, als aussichtsreichste mögliche Spitzenkandidatin der Grünen bei der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2011, und eine Koalition mit der CDU ist längst kein Tabuthema mehr. Im Tierpark wiegelt sie am Mittwoch bei der Frage erst ab, ob das mit der Grünen und dem Schwarzbären eine politische Aussage sei: nur insofern, als sie sich für den Artenerhalt einsetze. Doch dann legt die 54-Jährige nach. "Der Bär ist ein sehr interessantes Tier", so Künast. Und er könnte ein Symbol für eine starke Stadt sein. Übersetzt heißt das: Mit mir als Regierender würde es aufwärtsgehen.
Und so, wie die CDU-Basis noch nicht ganz von den Grünen als Koalitionspartner überzeugt ist - was andersherum genauso gilt -, ist auch Fargo noch nicht auf Kuschelkurs. Er schreit und strampelt, als ihn ein Tierpfleger aus einem Korb hebt, Künast kann ihn nur mit einem Handschuh streicheln. "Der hat eine Wahnsinnspower", sagt sie, "da brauchen Sie viel Kraft, den festzuhalten." Dazu müsse man trainiert sein. Aus das verrät viel: Mit der CDU trainiert haben schon die Parteifreunde in Hamburg und im Saarland. Gerade im Streit über Hamburgs Schulsystem merken die Grünen, dass die große schwarze CDU ähnlich schwer zu halten ist wie der kleine Schwarze im Tierpark.
Künast wird ihn pflegen müssen, der jetzt mit fast vier Monaten knapp einen halben Meter lang ist. Fast zwei Meter können daraus binnen vier Jahren werden, kaum weniger, als eine Legislaturperiode dauert. "Jeder Kleine wird mal groß", sagt Künast, "und da braucht er Möglichkeiten, artgerecht gehalten zu werden." Wie wahr: Den Grünen nützt es nichts, mit den Schwarzen zu koalieren, wenn die Beziehung schnell scheitert. Künasts Botschaft: wenn mit der CDU, dann gut vorbereitet.
Neben der Grünen steht an diesem Mittwochmorgen Bernhard Blaszkiewitz, der Chef des Tierparks, und der kommt um eine Anspielung nicht herum: Die Bewahrung der Arten, "das ist ja ein ganz konservatives Ziel, das die Grünen da haben". Und dann will Blaszkiewitz auch gehört haben, Künast wolle "den Bären zähmen in Berlin". Die Grüne widerspricht nicht. Dass sie sich zum Thema Spitzenkandidatur weiterhin nicht äußern mag, deckt sich mit dem, was Parteichefin Irmgard Franke-Dressler später auf taz-Anfrage sagt: "Wir haben weder in die eine noch in die andere Richtung irgendein Signal."
Nur ein Datum gibt es: Ende 2010 soll die Partei den Entwurf des Wahlprogramms beschließen. So kann für 2011 gelten, was Künast schon zum Fototermin im Tierpark verlauten ließ: "Ich bin schon ganz aufgeregt."
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