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Fehmarnbelt-QuerungBrücke nach Dänemark wackelt

Die Bundesregierung schreckt vor den Kosten für die Verkehrsanbindung zurück. Der Autoverkehr ist zu gering, eine Verlegung der Bahnstrecke weg von den Ostsee-Bädern könnte zu teuer kommen.

Würde nicht mal eine Umgehungsstraße für, sagen wir Bargteheide rechtfertigen: 10.000 Autos werden auf der Fehmarnbelt-Brücke erwartet. Bild: dpa

Die Auskunft klingt nüchtern, ist aber brisant: "Es findet eine Neubewertung statt", antwortet der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU) in einem Schreiben an den Bundestagsabgeordneten Herbert Behrens (Linke). Der Niedersachse aus Osterholz-Scharmbeck hatte den Landsmann aus Cuxhaven brieflich um Auskunft gebeten, ob die Schienen- und Straßenanbindung für die geplante Brücke über den Fehmarnbelt auf deutscher Seite neu auf den Prüfstand gestellt werde. Ferlemanns kurze Antwort: "Ja.

"Wir bewerten das sehr hoch", sagt Behrens im Gespräch mit der taz nord: "Das ist ein substanzieller Fortschritt." Bislang habe die Bundesregierung die Fehmarnbelt-Querung nie in Frage gestellt, "jetzt aber offenbar doch". Behrens will nun mit detaillierteren Fragen nachhaken: "Die Gründe für die neue Skepsis möchte ich wissen und die Richtung der Prüfung - geht es um die Kosten oder nur um alternative Planungen?", sagt das Mitglied des Verkehrsausschusses des Bundestags.

Mögliche Gründe ergeben sich aus der parallel veröffentlichten offiziellen Antwort der Bundesregierung auf eine Parlamentarische Anfrage norddeutscher SPD-Bundestagsabgeordneter. Darin wird der Ausbau der Schienenanbindung zwischen Lübeck und Fehmarn in Frage gestellt. Der Bund sei grundsätzlich verpflichtet, "die wirtschaftlichste Variante zu finanzieren", heißt es dort. Nach Bundeshaushaltsordnung dürften "Varianten mit Mehrkosten nicht realisiert werden, wenn die gesetzlichen Vorgaben diese nicht erfordern." Das ist das Problem.

Die Fehmarnbelt-Querung

Deutschland und Dänemark haben 2009 die grundsätzliche Übereinkunft über eine Querung getroffen. Die Planung liegt bei der staatlichen dänischen Baugesellschaft Femern A/S.

Zeitplan: 2013 könnte Baubeginn sein, Fertigstellung 2018. Kosten: Femern A/S spricht zurzeit von mindestens 4,5 Milliarden Euro für eine Brücke und 5,5 Milliarden für einen Tunnel.

Finanzierung: Dänemark bürgt für die Kredite privater Investoren. Die wollen ihre Ausgaben in etwa 30 Jahren amortisieren.

Landanbindungen: Auf deutscher Seite werden die Kosten für den Ausbau von Autobahn und Gleisen auf bis zu 1,8 Milliarden Euro geschätzt.

Die Ostseebäder an der Lübecker Bucht befürchten massive Einbußen im Fremdenverkehr, wenn die Bahnstrecke zwischen Lübeck und Fehmarn ausgebaut wird. Auf einer mehrgleisigen Trasse würden dann ICEs sowie Güterzüge von bis zu 800 Metern Länge durch die Seebäder rauschen. In einigen Orten verläuft die Strecke nur wenige hundert Meter vom Strand. "Den Lärm würde man im ganzen Ort hören", fürchtet Volker Popp, der parteilose Bürgermeister von Timmendorfer Strand: "Das ist das Ende des Tourismus."

Deshalb werden mehrere Varianten diskutiert, nach denen die Gleise für eine Schnellstrecke mehrere Kilometer weiter im Land an der Autobahn A 1 entlang führen sollen. Dann aber fallen nach ersten Schätzungen Mehrkosten von über 200 Millionen Euro an, bestätigt die Bundesregierung. Zudem sei für die somit deutlich billigere Bädertrasse vermutlich kein zusätzlicher Lärmschutz erforderlich. Denn im Bundesimmissionsschutzgesetz sei "ein separater Grenzwert für Tourismus nicht ausgewiesen".

Malte Siegert ist darüber richtig sauer. "Die rechnen ihre Zahlen hin und her, wie es ihnen passt", wirft der Sprecher des "Aktionsbündnisses gegen eine feste Fehmarnbeltquerung" dem Bund und der Bahn vor. Nach jüngsten Berechnungen sei nicht mehr von 149 Güterzügen am Tag auszugehen, sondern nur noch von 78. Für Siegert ist der Grund für die Halbierung klar: "Erst werden die Zahlen hochgerechnet, um einen Bedarf für die Fehmarnbelt-Querung zu begründen." Jetzt würden sie wieder heruntergerechnet, um den aufflammenden Protest in den Ostseebädern zu entschärfen und Lärmschutzmaßnahmen zu sparen: "Das passiert alles auf dem Rücken der Menschen", so Siegert.

Ähnlich sieht das Schleswig-Holsteins grüner Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz. Auch er hat den Eindruck, "dass die Statistik künstlich frisiert wurde". Zudem weist er darauf hin, dass sowohl die Bundesregierung als auch die dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S ein Verkehrsaufkommen prognostizieren, "das nicht einmal den Bau einer Umgehungsstraße rechtfertigen" würde. So strich das schleswig-holsteinische Verkehrsministerium im Mai den 3,5 Millionen Euro teuren Bau einer Ortsumgehung für die Kleinstadt Bargteheide im nördlichen Hamburger Speckgürtel. Bei 14.000 Fahrzeugen pro Tag sei das Projekt nicht vordringlich.

Für die Fehmarnbelt-Querung sagen die offiziellen Schätzungen für das Jahr der geplanten Eröffnung der Brücke 2018 lediglich etwa 7.700 Fahrzeuge pro Tag vorher, fünf Jahre später sollen es aber schon mehr als 10.000 sein.

Da schauen die Bargteheider aber neidisch in Richtung Fehmarnbelt.

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7 Kommentare

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  • R
    Rudi100

    Losgelöst von der Sinnlosigkeit und Unwirtschaftlichkeit dieser Brücke stellt sich mir die Frage, wie man in einer eher strukturschwachen Region, einen der wichtigsten Wirtschaftssektoren (den Tourismus) mit Gewalt kaputt machen will. Diese Bahnlinien mitten durch Erholungsgebiete zu legen bzw. in dieser Form auszubauen und zu nutzen, wird der Tod des Tourismus vor Ort sein. Wer in den Urlaub fährt hat keine Lust den ganzen Tag Zuglärm um die Ohren zu haben. Unsere skandinavischen Nachbarn werden sicherlich nicht bei uns anhalten. Ostsee kennen die schon, nur ohne Zuglärm!

  • T
    TheK

    Mich erinnert das ganze fatal an die gar nicht so weit entfernte Øresund-Brücke. Hier wurden die Erwartungen an den Verkehr bei weitem nicht erfüllt und das Ding ist die meiste Zeit weitgehend leer. 2,8 Mrd.€ wurden da für im Grunde nichts in der Ostsee versenkt. Und jetzt noch so ein Projekt, dass jedoch mit 5,5 Mrd.€ noch wesentlich teurer wird?

  • GB
    Gaby Braune

    Und jetzt versuchen die Bürgermeister der Bädergemeinden Druck auf Ratekau auszuüben. Weil gesundes Wohnen ja nicht so wichtig ist wie der Tourismus. Nur weil Ratekau nicht direkt am Strand liegt, sondern 3-5 KM entfernt, haben wir jetzt schon mehr Übernachtungen als Sierksdorf.

    Mir konnte noch niemand die Vorteile dieser Querung erkären, selbst die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium Tamara Zischang kannte nur den Vorteil: Baustellentourismus wie am Potsdammer Platz-

    Die Fehmarnraner werden sich bedanken. Die Umwelt- und Klimaschutzgemeinde Ratekau wird weiter gegen dieses Wahnsinnsprojekt, das nur Nachteile für Ostholstein bringt,kämpfen.

  • GB
    Gaby Braune

    Das die Feste Fehmarnbeltquerung reiner Irrsinn ist, hat die Hinterlandgemeinde Ratekau schon vor Jahren erkannt, als Ostholsteins Bürgermeister von Süd - bis Nord noch blühende Gewerbelandschaften vor sich sahen.Und so hat die Gemeinde Ratekau schon 2008 den Beschluss gefasst: keine FFBQ. Denn die Klimaschutzgemeinde Ratekau sieht den Sinn dieser Querung nicht ein, zumal mehrere Dörfer der Gemeinde zerschnitten würden, Naturschutz- und FFH Gebiete zerstört würden, bei jeder der jetzt zur Diskussion stehenden Trassen.Deshalb gibt es auch den Gemeinderatsbeschluss: Keine Trassendiskussion. Erst durch die Planungen der Bahn, 150 Güterzüge durch die Bädergemeinden rollen zu lassen, begann dann der Widerstand in den sogenannten Bädergemeinden.

  • J
    Joachim

    Ich war ein großer Befürworter der Fehmarnbeltquerung. Die hier veröffentlichten Zahlen führen aber dazu, dass ich meine Meinung revidieren muss.

     

    Diese Gigantomanie im Verkehrssektor muss ein Ende finden. Ich befürworte den Ausbau des Schienennetzes, allerdings ist es so, dass es im Schienennetz viele Engpässe und Missstände gibt, die im Vergleich zu Großprojekten wie der Fehmarnbeltquerung oder Stuttgart 21 sehr wenig kosten aber hohe Effekte auf die Pünktlichkeit und die Auslastung des Schienennetzes haben.

    Mögliche Projekte, die meiner Meinung nach Vorrang hätten:

    -Beseitigung eingleisiger Abschnitte auf IC-Hauptkorridoren. Die Strecken Dortmund->Lünen-> Münster, Hildesheim->Braunschweig und Braunschweig->Wolfsburg sind hoch belastet, Verspätungen eines Zuges werden auf den Zug der Gegenrichtung übertragen.

    -Kinzigtalbahn: Die Neubaustrecke Fulda->Würzburg war eine Fehlinvestition. In diesem Abschnitt fährt pro Stunde und Richtung nur ein ICE. Anders die alte Strecke Fulda->Hanau (Frankfurt). Pro Stunde und Richtung fahren hier zwei Regionalzüge, ICE aus/nach Hamburg, Berlin, Leipzig und dazu noch Güterzüge. Diese Strecke ist dicht, Verspätungen pflanzen sich fort, wenn einer der vielen Züge nicht im vorhergesehen Zeitfenster fährt, langsame und schnelle Züge behindern sich. Hier müsste dringend ein wie auch immer gearteter Ausbau erfolgen.

    -Ballungsgebiete: Fernzüge und S-Bahnen behindern sich gegenseitig. Beispielhaft sei das Rhein-Main-Gebiet mit den Strecken Friedberg->Frankfurt und Mainz->Frankfurt genannt.

    -Überwerfungsbauwerke: Es fehlt an Kreuzungs- und Überwerfungsbauwerken, damit Züge kreuzungsfrei von einer auf eine andere Strecke einfädeln können. Dadurch kommt es zu Konflikten mit dem Gegenverkehr.

     

    Diese Aufzählung zeigt, dass das Geld für Stuttgart 21 und für die Fehmarnbeltquerung in vielen kleinen Projekten besser angelegt wäre.

  • G
    Gerhard

    Brücke nach Dänemark wackelt – und hoffentlich kippt sie um, bevor sie gebaut wird! Niemand braucht sie, sie zerstört das ökologische Gleichgewicht der Ostsee und vernichtet eine ganze Urlaubsregion, würde – wie immer – teurer werden, als geplant. Das Benutzen wird sehr kostspielig, bei starkem Wind würde sie gesperrt (siehe Öresund-Brücke) werden. Man kann als Urlauber Skandinavien bequem, entspannt und preiswert mit Fähren erreichen, inkl. Auto (5 Personen zu einem Preis) – und Spaß bringt die Reise mit dem Schiff auch noch. Der Warenverkehr ließ sich bisher auch ohne Brücke gut regeln – diese Brücke brächte noch mehr Transporte per LKW.

  • E
    EnzoAduro

    Ich habe kein verständnis wenn gegen den Krach von Bahnverbindungen demonstriert wird. Man ist ja auch gegen Flughäfen und Autobahnen. Am besten bleiben alle zuhause.

    Dann haben die Schleswiger ihre Strandbäder für sich!