piwik no script img

Kommentar Medien in ItalienLetzte Zensur vor den Wahlen?

Ambros Waibel
Kommentar von Ambros Waibel

Das Massenmedium Fernsehen darf nicht die tief deprimierende italienische Realität zeigen. Jedenfalls nicht gerade jetzt, da Berlusconi um sein politisches Überleben kämpft.

M al wieder viel los auf dem Stiefel - vom Müllnotstand in Neapel bis zur in Säure aufgelösten Anti-Mafia-Zeugin in Mailand. Eine gute Zeit für engagierten Journalismus, möchte man meinen, denn der Beruf nährt sich nun mal von unangenehmen und darum von den Verantwortlichen gern unterdrückten Nachrichten.

Das sehen diejenigen italienischen Kollegen, die ihre Profession nicht zum Fürstenlob missbrauchen, genauso: etwa Michele Santoro, der heute Abend mit der Politshow "AnnoZero" wieder auf Sendung gehen wird, zum Ärger Silvio Berlusconis und seines Statthalters bei der RAI, Mauro Masi.

Doch Santoro ist nicht der Einzige, dem das schreckliche Duo Berlusconi/Masi Knüppel zwischen die Beine wirft. Auch der Schriftsteller und Anti-Mafia-Aktivist Roberto Saviano, der zusammen mit dem renommierten Moderator Fabio Fazio ein politisches und - hier schrillen bei den Rechten die Alarmglocken - populäres Programm geplant hatte, sieht sich von Masi drangsaliert.

Der Autor

Ambros Waibel ist Meinungsredakteur der taz.

Zwar habe Masi, schreibt Saviano in einem offenen Brief, nicht die Kraft, das Programm völlig zu boykottieren. Dafür rede er es schlecht, denunziere es als zu teuer und wolle es auf schlechte Sendeplätze abschieben - eine Reihe wohlgemerkt, deren Werbeplätze bereits für sehr gutes Geld verkauft seien.

Kein Wunder: Saviano, der Donnerstagabend in der Berliner Volksbühne sprechen wird, ist ein internationaler Literaturstar, mehr noch: er ist eine - unfreiwillige und mitnichten klassisch-linke - Ikone der Zivilgesellschaft im Kampf gegen das organisierte Verbrechen.

Worum es geht, sagt Fazio: Das Massenmedium Fernsehen darf sich schlicht nicht erlauben, die tief deprimierende italienische Realität zu zeigen. Jedenfalls nicht gerade jetzt, da Berlusconi an diversen Fronten um sein politisches Überleben kämpft - und sich für Neuwahlen rüstet.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!