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Fünf Jahre BSE – Restrisiko bleibt

Der Rinderwahn ist eingedämmt. Bislang keine offenkundigen Infektionen bei Menschen in Deutschland

BERLIN taz ■ Deutschland fühlt sich sicher. Zwar erschütterte heute vor fünf Jahren der erste offizielle Fall von Rinderwahnsinn die Republik. Aber seitdem sind zwei Minister zurückgetreten. Das Agrarministerium trägt im Namen den Zusatz „Verbraucherschutz“. Und die meisten essen wieder bedenkenlos Steak und Wurst. BSE ist vergessen. Zu Unrecht, meinen Forscher.

„Wir können keine Entwarnung geben“, sagt die Medizinerin Inga Zehr. Sie leitet die Prionen-Arbeitsgruppe an der Uniklinik Göttingen. Prionen nennen die Experten den Erreger von BSE. Es ist ein abnormer Eiweißstoff. Mit ihm können sich Menschen laut Zehr „nach wie vor infizieren“. Er löse eine neue Variante der Creutzfeld-Jakob-Krankheit aus. Die Patienten – zumeist unter 30-Jährige – würden zuerst depressiv. Später wankten sie beim Gehen. Wer erkrankt, ist nach zwei bis drei Jahren tot.

So starben weltweit bislang 170 Menschen an BSE – in den USA und Hongkong, in Frankreich, Italien, den Niederlanden. Die meisten aber lebten in Großbritannien, dem Ursprungsland der Rinderseuche. In Deutschland verlor hingegen noch niemand seinen Verstand. Zehr erklärt: „Entweder haben wir Glück oder wir erkennen die Fälle nicht.“

Vor allem sorgt die Forscher die Zukunft. Denn die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, die durch den Verzehr von BSE-infiziertem Rindfleisch entsteht, bricht erst nach zehn bis 15 Jahren aus. Das Problem ist längst nicht gegessen: Erst vor einer Woche wurde in Nordrhein-Westfalen das vorläufig letzte BSE-Rind gemeldet. In den vergangenen fünf Jahren gab es 386 Fälle in deutschen Ställen.

Immerhin die späte „BSE-Hysterie“ habe gewirkt, konstatiert Mathias Wolfschmidt von der Verbraucherorganisation Foodwatch: „Von Jahr zu Jahr gibt es weniger BSE-Rinder.“ Die Seuche wird offenbar einigermaßen erfolgreich bekämpft. Zum Beispiel wird das Futter strenger überwacht.

Der genaue Weg der Krankheit ist aber noch immer rätselhaft. Forscher auf der Ostseeinsel Riems haben zwar schon vor drei Jahren 56 Kälber mit BSE-infiziertem Hirn gefüttert. Sie schlachten sie nach und nach, um zu beobachten, wie sich der Erreger im Körper ausbreitet. „Er ist jetzt im Dünndarm angekommen“, sagt Elke Reinking, Sprecherin der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere. Den Viechern gehe es gut. Sie würden weder torkeln noch panisch reagieren. Dieses größte BSE-Experiment Europas läuft noch zwei Jahre. Hoffnung der Wissenschaftler: Mit den Erkenntnissen lässt sich eines Tages ein BSE-Test für lebende Tiere entwickeln.

Trotz aller offenen Fragen erklärten die Briten die BSE-Krise jüngst für beendet: Sie setzten das Gesetz außer Kraft, das seit 1996 verbietet, Rinder zu verwerten. Im Januar soll zudem der EU-Exportstopp für britisches Rindfleisch fallen. Grund zur Sorge? „Nein“, sagen Zehr und Reinking. Schließlich müsse heutzutage alles Fleisch untersucht werden. Zehr sagt allerdings: „Ein Restrisiko bleibt.“ HANNA GERSMANN

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