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Für Friedensnobelpreis vorgeschlagenWikileaks, der neue Bob Dylan

Die Enthüllungsplattform ist für den Friedensnobelpreis nominiert! Von einem Sozialisten. Wahrscheinlich ist, dass Wikileaks nun zum "ewigen Kandidaten" wird.

Soll das Nobelpreiskomitee ihm eine Medaille um den Hals hängen? Anschließende Verhaftung inklusive? Bild: dpa

Schön, nun ist also auch die Enthüllungsplattform Wikileaks im Rennen um den Friedensnobelpreis 2011. Und zu schön fast die Vorstellung, wie Julian Assange die Stufen zum Podium erklimmen und das Haupt senken wird, damit ihm die Medaille umgehängt werden kann, bevor er in einer gewohnt aggressiven Rede Enthüllungen über Mauscheleien bei der Vergabe des Friedensnobelpreises ankündigt - während draußen schon die Polizei wartet, die ihn wegen eines schwedischen Auslieferungsersuches gleich in Gewahrsam nehmen will.

Aber warum auch nicht? Schließlich verfügte Stifter Alfred Nobel testamentarisch, der Preis solle jenem zukommen, "der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt hat". Wenn also Tony Blair nicht noch ganz fix den Nahostkonflikt löst - was läge näher, als Wikileaks auszuzeichnen?

Der 26-jährige linkssozialistische Parlamentsabgeordnete Snorre Valen begründete seinen Vorschlag damit, die schiere Existenz von Wikileaks sei "einer der wichtigsten Beiträge dieses Jahrhunderts zu Meinungsfreiheit und Transparenz".

Tatsächlich wäre es ein deutliches Zeichen. 2010 war der inhaftierte chinesische Menschenrechtler für seinen Kampf um Meinungsfreiheit und Transparenz ausgezeichnet worden - Werte, die Wikileaks nicht nur auf nationaler, sondern auf globaler Ebene zu verwirklichen trachtet. Genau da lauert das Problem. Schon erklärte Kristian Berg Harpviken, Vorsitzender des Friedensforschungsinstituts in Oslo, durch die Veröffentlichungen von Wikileaks hätten bestimmte Menschen sowie die Diplomatie als solche Schaden nehmen können - und liegt damit auf Linie des vormaligen Friedensnobelpreisträgers Barack Obama. Statt dessen könnte Wikileaks zum "ewigen Kandidaten" werden, dem das Establishment den finalen Triumph verweigert - ganz so wie Bob Dylan, der alle Jahre wieder als ach so "heißer" Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt wird.

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9 Kommentare

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  • S
    SongJiali

    Der Friedensnobelpreis wird in Oslo verliehen.

  • S
    Steffi

    Hahahahha, dass der Nobelpreis ausgerechnet in Schweden verliehen wird, wäre im Fall von Assange natürlich extra lustig.

     

    Aber gönnen würd' ichs ihm nicht.

    Für mich liegt die Vermutung viel zu nah, dass er genau dass, was die beiden schwedischen Frauen ihm vorwerfen auch getan hat.

    Da fänd ichs schon eher gut, wenn er sich zur Verleihung nicht hintrauen kann, weil er schwedischen Boden nicht zu betreten wagt.

    Bzw. dass andere Wikileaks-Vertreter ihn entgegennehmen und aus diesem Anlass mal ausführlichst thematisiert wird, dass Assange sich selber viel zu wichtig nimmt.

     

    Aber nochmal zum inhaltlichen Aspekt:

    Die Idee ist okay. Bei Obama war viel unklarer, wofür er den Preis kriegt, also warum nicht so eine gute Sache wie Wikileaks; ist absolut einzusehen.

  • Q
    Querulant

    So leichtfertig wie der inzwischen verteilt wird... wundert mich das nicht mehr, dass man den auch dafür nominiert hat...

  • C
    christian

    Wär ne super Sache, verdient hätte Wikileaks ihn.

    Ich würd das Geld nehmen und die Medallie da lassen, wenn Obama sie bekommt will ich sie garnicht haben.

    Der Unterschied zwischen Obama und Bush?! Bush hat Foltern lassen, Obama schickt Dronen und lässt Hinrichten.

  • E
    Edelweiss

    Sollte Wikileaks tatsächlich nomminiert werden, so würde wie im Jahr zuvor der Stuhl des Preisträgers leer bleiben. Seit Obama hat der Nobelpreis eh keine Bedeutung mehr.

     

    Appell für WikiLeaks

    http://bewegung.taz.de/aktionen/4wikileaks/beschreibung

     

    PS: Free Bradley Manning

  • M
    Matthias

    Der Friedensnobelpreis ist sowieso völlig entwertet seit er an Obama vergeben wurde. Von daher ist es müßig sich da noch Gedanken drum zu machen.

    Ein absolut katastrophale Entscheidung die Autorität eines Preises, der eigentlich für ein Lebenswerk vergeben werden sollte, zu verschleudern, um eventuell Einfluss auf die US-Politik nehmen zu können. Obama hat doch absolut nichts erreicht außer nach den Bush-Jahren den außenpolitischen Tonfall ein wenig zu normalisieren.

  • H
    Helmut

    Also wikileaks hat den Preis nicht verdient!

    Was haben die konkret bewirkt?

     

    Auf der anderen Seite steht Helmut Kohl.

     

    Helmut Kohl die deutsche Einheit maßgeblich beeinflusst und vorangetrieben. Ohne den Kanzler der Einheit wäre es nicht so schnell und friedlich geschehen.

    Deswegen muss der diesjährige Friedensnobelpreis an Helmut Kohl verliehen werden!

  • BG
    Bernd Goldammer

    Bei der Vergabe war und ist immer auch die Zustimmung der CIA notwendig. Und die wird sicher die schwedische Sex- Anzeigerin bevorzugen. Dieser Nobelpreis wäre unter der Würde von Wikileaks. Der Ehrenpreis für so große Aufklärer wie Wikileaks muss erst noch erfunden werden.

  • T
    tystie

    Zum Glück gibt es den Alternativen Nobelpreis, denn den Nobelpreis verliehen zu bekommen, kann man nur als peinlich empfinden, wenn man es nicht darauf anlegt, sich beim Establishment anzuschleimen. Das sollten auch 'Linkssozialisten' wissen.