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Golf-Drama in AugustaPlötzlich ganz ohne Nerven

Der Südafrikaner Charl Schwartzel holt sich den Sieg beim Masters in Augusta. Für den irischen Golfe Rory McIlroy wurde der Finaltag zum Desaster.

Am Sonntag ging vieles daneben bei Rory McIlroy. Bild: reuters

BERLIN taz | Es war ein Showdown von epischen Ausmaßen. Zum Ende des Finaltages bei den Augusta Masters hatten zeitweilig mehr als ein Dutzend Spieler noch beste Chancen auf den Sieg, zeitweilig lagen sieben punktgleich mit "10 unter" an der Spitze. Im Minutentakt kamen spitze Schreie des Entsetzens und gewaltige Jubelsalven aus allen Richtungen rund um "Amen Corner", die berüchtigsten drei Löcher des Weltgolfs, denen von jeher bermudahafte Gemeinheiten nachgesagt werden.

Hier kullerten die unmöglichsten Bälle ins Loch, dort schob jemand einfachste Puts vorbei oder drosch wie magisch gelenkt den Ball ins Wasser. Der englische Fernsehkommentator: "Was für Dramen. Wem das alles nicht gefällt, der wird Golf nie mögen können."

Und die Tragödie um Rory McIlroy bahnte sich da gerade erst an. Der 21-jährige Nordire hatte das Klassement vor dem Finaltag souverän mit vier Schlägen Vorsprung angeführt. Zur Hälfte am Sonntag lag der wuschelköpfige Youngster mit der großen Klappe immer noch vorn - aber dann kam die Phase, wo er glauben musste, dass diese beiden Arme plötzlich nicht zu seinem Körper gehören, ihm zumindest nicht mehr gehorchen.

Er büßte sechs Schläge an drei Löchern ein und kam schließlich mit einer desaströsen 80 als Gesamt-15. ins Clubhaus. An Loch 12, dem Zentrum von Amen Corner, lag McIlroy nach feinem Abschlag keine fünf Meter neben der Fahne und brauchte auf dem gar nicht mal welligen Grün vier Puts. Vier! Für drei würde sich ein mäßiger Amateur schon schämen.

Tiger Woods, wieder mal im feuerroten Hemd, war zu Beginn des Sonntags aus dem Nichts des oberen Mittelfelds nach vorn geschnellt. Er spielte sein bestes Golf seit Jahren, machte auf den ersten neun Löchern fünf Schläge gut, und es hätten leicht auch sieben oder gar acht sein können. Umjubelt kam der Altmeister als Führender ins Clubhaus (und wurde am Ende geteilter Vierter). Denn ganz am Ende lagen drei Australier Kopf an Kopf, dazu der Südafrikaner Charl Schwartzel.

Und dann ein einziger Schrei

Dem gelang plötzlich alles, als habe er seine Nerven betäubt. Er spielte vier Birdies auf den letzten vier Löchern und gewann das wichtigste Golfturnier der Welt. Vor seinem letzten Schlag, einem riesig langen Put, stellten zehntausend rund um das Grün für Sekunden das Atmen ein. "Es ist unglaublich, wie so viele Leute so leise können", flüsterte der TV-Kommentator. Der Ball drehte ins Loch. Und dann ein einziger Schrei.

Erstmals seit Ewigkeiten hat kein US-Amerikaner einen der vier Major-Titel inne. Nur drei Amerikaner kamen in Augusta in die Top 12 - ein Debakel. Die Restwelt dominiert derzeit das Weltgolf: Europa sowieso immer mehr in den vergangenen zwei Jahren und jetzt die Horde von down under, der Koreaner Choi, der Argentinier Angel Cabrera und der südafrikanische Sieger. "Was für ein aufregender Tag", sagte der 26-jährige Schwartzel, "einfach phänomenal."

Martin Kaymer, der Weltranglistenerste aus Mettmann, war, wie immer in Augusta, grandios am Cut gescheitert. Zum vierten Mal im vierten Anlauf, indes so deutlich wie nie. "Ich kann Stunden darüber nachdenken, ich weiß nicht, wie ich diesen Platz spielen soll", sagte er nachher vollkommen frustriert.

Seine 78 am ersten Tag galt als peinlich. McIlroys Siegblockade relativierte Kaymers Versagen ein wenig. Kaymer bleibt kurioserweise immer noch auf Position 1 - hauchdünn vor den Engländern Lee Westwood (Platz 11 in Augusta) und dem starken Vierten Luke Donald.

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3 Kommentare

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  • GM
    Gosig Mus

    Sportsfreund: Die taz berichtet auch laufend über Fußballergebnisse. Mich interessiert weder das eine noch das andere besonders, aber Golf ist zumindest mal eine andere Materie.

  • S
    Sportsfreund

    Warum zum Geier berichtet die Taz inzwischen eigentlich ueber Golfergebnisse? Geht´s noch?

  • N
    Normalo

    Ein begeisterter Artikel über Golf!

     

    In der taz!

     

    Ich bin völlig von den Socken, frage mich allerdings nach wie vor, was an diesem Sport je wirklich fernsehtauglich werden soll (wie im Vorartikel suggeriert). Die grafischen Darstellungsmöglichkeiten mögen gewachsen sein, aber das, was den guten Schlag vom grandiosen unterscheidet, dürfte wohl auch weiter nur am Landepunkt des Balles abzulesen sein. Ein Gefühl für die Distanzen und die Nuancen des Schlages, auf die es ankommt, wird das Fernsehen auch weiter nicht vermitteln können.

     

    Schade jedenfalls für Kaymer, dass er wieder nicht zurecht gekommen ist.