: Kein Steuernachlass für Hobbykapitäne
Neues Kabinett beschließt in seiner ersten Sitzung das Ende für Steuersparfonds – rückwirkend zum 11. November. Fiskus hofft auf Mehreinnahmen von 2 Milliarden Euro im Jahr 2008. Rückschlag für erneuerbare Energien
VON ULRIKE WINKELMANN
Die US-Filmindustrie soll jetzt wirklich ohne „dummes deutsches Geld“, stupid German money, auskommen. So nennen Hollywood-Bosse Filminvestitionen aus Deutschland. In seiner ersten Sitzung beschloss das neue Bundeskabinett gestern das Aus für eine beliebte Steuerspartechnik: die Verlustverrechnung bei Schiffs-, Medien- und Ökostromfonds. Im Eilverfahren soll der Kabinettsbeschluss durch Bundestag und Bundesrat gehen. In Kraft treten soll er rückwirkend ab dem 11. November.
Bisher können Anleger ihr Geld in Fonds für Schiffsbeteiligungen, Filme oder erneuerbare Energien stecken. Die weisen ihnen über viele Jahre Verluste zu, die die Anleger wiederum mit ihren Gewinnen aus anderer Quelle verrechnen können. Rund 370.000 meist Selbstständige nutzen diese Steuersparidee in Deutschland, im Schnitt haben sie 34.400 Euro gezeichnet. Künftig können sie ihre Verluste nur noch mit Gewinnen aus demselben Fonds verrechnen, womit die Steuersenkungswirkung weitgehend entfällt. Der Fiskus setzt auf Mehreinnahmen von 550 Millionen Euro im Jahr 2006, 2 Milliarden Euro im Jahr 2008.
Das Ende der Steuersparfonds hatte sich lange angekündigt: Nach einem ersten Versuch im Mai brachte Exfinanzminister Hans Eichel (SPD) den Vorschlag am 10. November noch einmal ein. Der jedoch scheiterte am grünen Minister Jürgen Trittin. Trittin wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass den erneuerbaren Energien Leid geschehe. Tags darauf, am 11. November, beschlossen die Großkoalitionäre im Koalitionsvertrag das Ende der Steuersparfonds – daher nun das Rückwirkungsdatum.
Der neue Regierungssprecher Ulrich Wilhelm erklärte gestern, „alle zuständigen Ministerien“ hätten diesen Termin für „rechtlich einwandfrei“ erklärt. Das wollen betroffene Anleger aber gerichtlich klären lassen – wie etwa auch die Grünen sehen sie den Vertrauensschutz verletzt.
In Hoffnung auf einen späteren Schlusstermin haben Anleger in den vergangenen Tagen noch eifrig Geld unterbringen wollen. Auch bei der taz Entwicklungs KG sind übrigens rund 300.000 Euro erst nach dem 10. November eingetroffen. Das Geld muss zurückgegeben werden, wenn die Anleger dies verlangen. Der Fondsexperte Stefan Lopifinger erklärte der taz, er schätze den Umsatzverlust aller Fonds jetzt „auf eine halbe bis dreiviertel Milliarde Euro“.
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