piwik no script img

Atomausstieg der ParteienKerngedanken der Politik

Der Atomausstieg gelingt voraussichtlich 2014, 2017 oder doch erst 2022? Ein Überblick über die Pläne und Ziele der Parteien, aus der Atomenergie auszusteigen.

Sofort abschalten: 2000 Aktivisten demonstrieren vor dem AKW Biblis für den Ausstieg. Bild: dapd

Termine: Die Linkspartei hält den Ausstieg aus der Atomenergie im Jahr 2014 für möglich und gibt damit ein höheres Tempo vor als alle anderen. Die Grünen wollen einen Ausstieg innerhalb der nächsten Legislaturperiode. Die endet im Jahr 2017.

Die SPD schlägt "spätestens 2020" vor, die CSU das Jahr 2022. Allerdings will die CSU den Ausstieg mit "Evaluationen" begleiten. So fix ist das genannte Datum also nicht. Die FDP will sich auf gar keinen Termin festlegen. Und CDU-Kanzlerin Angela Merkel sagt, es gehe nicht um "blanke Jahreszahlen", sondern um den Umbau der gesamten Energieversorgung.

Konzepte: Viele Energiepolitiker haben in den vergangenen Wochen Papiere geschrieben und dafür schöne Titel gefunden. Die CDU hat unter dem Titel "Den Umstieg beschleunigen - Wegmarken in das Zeitalter der erneuerbaren Energien" zehn Seiten beschlossen. Die CSU will auf zwölf Seiten "Moderne Energie für ein modernes Land".

Atomfrei ab 2015

Die deutschen Umweltverbände haben die Regierung am Mittwoch dazu aufgefordert, den Atomausstieg deutlich schneller als bisher geplant abzuschließen. Sie wollen ein festes Datum. Greenpeace hält 2015 für machbar. Andernfalls könnte der Ausstieg, so die Befürchtung der Verbände, endlos hinausgezögert werden. "Je weniger Fernsehbilder, desto stärker die Beharrungskräfte", sagte Olaf Tschimpke vom Nabu. Eine Revisionsklausel für die Ausstiegspläne gefährde die Planungssicherheit für die Energiewende.

Die SPD hat 33 Seiten vorgelegt: "Neue Energie - Die Energiewende in Deutschland: bürgernah, wirtschaftlich erfolgreich, sozial gerecht und ökologisch verantwortlich." Die Linkspartei listet unter der Überschrift "Wann, wenn nicht jetzt?" auf acht Seiten "sieben Schritte" auf. Die Grünen haben als einzige Partei schon im September vorigen Jahres ein Ausstiegspapier veröffentlicht. Auf satten 55 Seiten geht es da um "Energie 2050: sicher erneuerbar". Die FDP hingegen hat immer noch kein Konzept, nur einen Leitantrag.

Zentralisierung: Die Linkspartei will die vier großen Energiekonzerne entmachten, um zu einer "demokratisierten Stromversorgung" zu kommen. Dazu gehörten "Energienetze in die öffentliche Hand, Entflechtung der Konzerne, Rekommunalisierung der Energieversorgung sowie die Förderung der Energiegenossenschaften". Auch die SPD will die "Energiewende ,von unten' " und dafür die "Monopole" beenden. "Stadtwerke, Genossenschaften und einzelne Bürger sollen eine demokratisch kontrollierte und dezentral organisierte Energieversorgung aufbauen können". Ähnlich liest es sich bei den Grünen. Sie wollen "die Macht der großen Energiekonzerne brechen" und sind für "eine Rekommunalisierung der Stromnetze".

Die CDU setzt nicht nur, aber "auch auf die Stadtwerke". Mehr zur Zukunft der großen Energieversorger sagen die Christdemokraten nicht. Die CSU ist konkreter: "In Bayern werden wir den Energiewechsel für die Bürger, mit den Bürgern und aus der Mitte der Bürger heraus entwickeln." Sie will "Bürgersolar- oder Bürgerwindanlagen", "regionale Energiegenossenschaften" und "andere direkte Beteiligungsnähe". Die geringsten Sorgen um mehr Wettbewerb in der Energiepolitik macht sich ausgerechnet die FDP. Nur eine "Markttransparenzstelle" will sie schaffen.

Kosten: Die Strompreise sollen bezahlbar bleiben. Das versprechen alle Parteien. Noch ist unklar, wie die politische Debatte ausgeht. Am 6. Juni soll ein umfassendes Gesetzespaket ins Kabinett, um die Energiewende einzuleiten. Bis 30. Juni soll der Bundestag und bis 8. Juli der Bundesrat entscheiden.

Brennelementesteuer: Seit Wochen macht im politischen Berlin ein Gerücht die Runde, das am Mittwoch von der Financial Times Deutschland vermeldet wurde: Um den Widerstand der Atomkonzerne gegen den schnellen Ausstieg zu mildern, könnte die Regierung die gerade eingeführte Steuer auf atomare Brennelemente wieder abschaffen.

Dieser Deal "Steuer weg, dafür keine Klagen gegen den Ausstieg" wird offiziell von der Regierung und den schwarz-gelben Fraktionen nicht bestätigt. SPD, Grüne und auch Teile der Union lehnen ihn allerdings vehement ab: Es dürfe nicht schon wieder wie bei der Verlängerung der Laufzeiten "Hinterzimmerdeals" geben, in denen sich die Regierung ihre Politik abkaufen lasse, hieß es.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • JK
    Juergen K

    Der Abbau eines AKWs kostet ~4 Mrd, den Müll in der Asse wieder raufzuholen wird bei 2 Mrd gesehen.

     

    Da RWE und Co.KG das nicht bezahlen müssen ...

     

    obwohl die das aus der Portokasse bezahlen könnten ...

     

    CSU in Bayern (ja, da ist Kohle im Audi, Porsche und BMW Land)

    sowie CDU Norddeutschland (ja, die Offshore Parks sollen die Gewerbesteuereinnahmen bringen)

     

    wissen schon:

     

    Da ist der Euro drin ! Jede Menge Euros !

     

    Die Linken sind auf verlorenem Posten:

     

    Dass Energie mal frei von 10 Mrd Quartalsgewinn sein soll ?

     

    Nee, das ist Kommunismus !

     

    Und nicht nur das!

    Da ist die Freiheit des Merkelwelleschroeder-Staates bedroht:

     

    Mehrwertsteuer, Ökoabgabe, Solar- und Windprämie, Gewerbesteuer, Landwirtschaftssubvention für das RWE Schaaf, Durchleitungsgebühr die Bahnstromsubventionierung etc. etc.

     

    hängen daran,

     

    also die Geldmaschine des Bundes.

     

    Nicht zu vergessen, die Subventionierung der Industrie:

     

    Die "Alu-Audis", und die anderen fahrende 5-Tonnen-3D-Kinos mit Internet-Proxy-Mediatheken,

     

    müssen billiger sein als das Inder-Kinder-T-Shirt, dass sich ein Billiglöhner im KIK kaufen kann.

     

    1 Tonne Eisen um 100 Grad zu erwärmen kostet 20 Cent.

    2 Scheiben Brot toasten 5 Cent.

     

    Nur das ist WAHRE FREIHEIT.

  • J
    jps-mm

    Verseuchtes Geschenk

     

    Die Stromkonzerne dürfen sich freuen, dass ihnen die Koalition mit dem Verzicht auf die Brennelementesteuer zu Extragewinnen verhilft, die sie kaum nötig haben. Das Geschenk an die Aktionäre hat zudem seinen Preis. Den zahlt die Allgemeinheit.

     

    Das schöne Geschenk an die Aktionäre hat zudem seinen Preis. Den zahlt die Allgemeinheit. Dem Bundeshaushalt fehlen die Milliarden, die Eon, RWE und Co. sich gutschreiben können.

     

    Es wird spannend sein zu erleben, welche Erklärung die Regierung für diesen peinlichen Rückzieher liefern wird, wenn sie ihn Anfang Juni offiziell beschließt. Mit dem Aus für die Brennelementesteuer verschlimmert sie noch einmal die Schieflage, unter der das Sparpaket von Finanzminister Wolfgang Schäuble von Anfang an litt. Mit Entschlossenheit und Konsequenz holt sich diese Regierung Milliarden bei Arbeitnehmern, Verbrauchern und vor allem Arbeitslosen. Und mit derselben Entschlossenheit und Konsequenz verschont sie die Unternehmen.

     

    http://www.fr-online.de/politik/meinung/verseuchtes-geschenk/-/1472602/8488934/-/index.html

  • J
    jps-mm

    2017 ist machbar - sagen Röttgens Experten

     

    Schwarz-gelbe Peinlichkeiten, nächster Akt: Während die Kanzlerin um das Jahr 2022 pokert und die Liberalen nur einen "Zeitkorridor" fixieren wollen, sagen Röttgens Experten: Die Atommeiler könnten schon 2017 vom Netz. Von Julius Leichsenring

     

    Amtlich bestätigt: Das Bundesumweltministerium hält tatsächlich eine Studie zum Ausstieg aus der Kernenergie unter Verschluss. Angefertigt hat sie des Umweltbundesamts (UBA), das unter Röttgens Fittichen steht. Das bestätigt auf Nachfrage von stern.de das UBA. Das "Hintergrundpapier zur Umstrukturierung der Stromversorgung in Deutschland", so der sperrige Name der Studie, stellt fest, dass die deutschen Atomkraftwerke schon 2017 vom Netz gehen könnten. Mit Stromausfällen und großen Preisanstiegen sei nicht zu rechnen.

     

    Krach in der Koalition

     

    Für die schwarz-gelbe Koalition ist das Papier peinlich - bestätigt es doch exakt den Ausstiegszeitpunkt, den auch die Grünen genannt haben. In der Union kursieren andere Zahlen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) peilt einen Ausstieg 2022 an, dieses Ziel ließ er sich vergangene Woche auf einer Vorstandsklausur seiner Partei abnicken.

     

    Und nun stellt die UBA-Studie fest: Es geht doch schon viel früher als gedacht. Neuer Zündstoff für die koalitionsinternen Auseinandersetzungen.

     

    Selbst bei der CSU hat es kräftig gekracht. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll der bayerische Umweltminister Markus Söder mit dem Rücktritt gedroht haben, als er mit dem Regierungspartner FDP über einen Ausstiegszeitpunkt verhandelte. Bei den Gesprächen sei es zugegangen "wie auf einem Basar", hieß es aus Verhandlungskreisen. Die FDP sei nicht willens gewesen, die CSU-Linie mitzutragen.

     

    http://www.stern.de/politik/deutschland/debatte-um-atomausstieg-2017-ist-machbar-sagen-roettgens-experten-1689405.html