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Datenspeicherung und Anti-Terror-GesetzeInnenminister vertraut auf FDP

Die Kanzlerin soll sich bei den Themen Vorratsdatenspeicherung und Anti-Terror-Gesetze gegen die FDP durchsetzen. Darauf drängt die SPD.

Debatte um Vorratsdatenspeicherung: Der Druck auf die Bundesjustizministerin Leutheuser-Schnmarrenberger wächst. Bild: dapd

FRANKFURT/MAIN dpa/afp | Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist zuversichtlich, dass die Dauerstreitthemen Anti-Terror-Gesetze und Vorratsdatenspeicherung mit der FDP bald beigelegt werden. Man sei in guten Gesprächen mit dem von den Liberalen geführten Bundesjustizministerium, sagte Friedrich am Mittwoch bei der Innenministerkonferenz in Frankfurt.

Bei den Anti-Terror-Gesetzen rechne er damit, dass bald ein gemeinsamer Fahrplan verabschiedet werden könne. "Ich kann Ihnen zusagen, dass wir in den nächsten Wochen einen gemeinsamen Beschluss vorlegen werden", sagte Friedrich. Die Gesetze laufen Anfang 2012 aus, wenn sie nicht verlängert werden. "Sehr zügig" werde man auch Entscheidungen zur Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung treffen.

Die Liberalen im Bund - vor allem Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger - sperren sich derzeit bei beiden Themen. Die Innenminister der Länder bekräftigten am Mittwoch, dass sie auf eine Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze und die Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung pochen. Der Bund müsse hier endlich "in die Pötte" kommen, sagte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Auch der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgerufen, sich im Streit um die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze gegen den Koalitionspartner FDP durchzusetzen.

Bei den Anti-Terror-Gesetzen geht es um Auskünfte, die die Nachrichtendienste von bestimmten Stellen über Terrorverdächtige abfragen können. Der Streit über die Speicherung von Internet- und Telefonverbindungsdaten läuft bereits seit Frühjahr 2010, als das Bundesverfassungsgericht die bis dahin geltende Regelung kippte.

Die EU macht Druck auf Deutschland

Indessen hat die EU-Kommission nach einem Zeitungsbericht ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der bislang nicht erfolgten Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung eingeleitet. Wie die Neue Osnabrücker Zeitung berichtete, schickte die Kommission vor knapp einer Woche ein Aufforderungsschreiben an das Bundesjustizministerium. In diesem ersten Schritt eines Vertragsverletzungsverfahren bat die EU demnach darum, binnen zwei Monaten darzulegen, weshalb die Richtlinie noch nicht umgesetzt worden sei.

EU-Richtlinien sind bindend und müssen in nationales Recht umgesetzt werden. Sieht die Kommission als Hüterin der Verträge dies nicht gewährleistet, kann sie das Verfahren letztlich vor den Europäischen Gerichtshof bringen. Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet die EU-Länder, Telefon- und Internetdaten für mindestens sechs Monate zu speichern.

Die Bundesjustizministerin lehnt das jedoch ab und fordert, dass Daten von Telefon- oder Internetkontakten nur noch bei einem konkreten Verdacht gespeichert werden können. Das Thema ist auch innerhalb der Regierungskoalition umstritten. Die Union tritt für die anlasslose Speicherung der Daten ein.

Vor dem Justizministerium haben am Mittwoch Datenschutzinitiativen gegen die geplante Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung protestiert. Sie kritisieren, die Überwachungsmaßnahmen seien ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre. Die Aktivisten übergaben der Ministerin fast 58.000 Unterschriften. Leutheuser-Schnarrenberger hatte Anfang Juni einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Datenschutzinitiativen zu weit geht.

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1 Kommentar

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  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Es ist immer wieder das selbe Schmierentheater:

    Die Regierungen beauftragen die EU-Kommission als verlängerten demokratiefreien Herrschaftsarm mit allen nur denkbaren antidemokratischen Schweinereien, anschließend "beaufragt" die Kommission die Länder, das von den Regierungen Gewollte in nationales Recht umzusetzen.

     

    Das aktuelle EU-Konstrukt läuft auf einen weitgehend demokratiefreien Großraum hinaus.

     

    Immer mehr Bürgerinnen und Bürger kapieren, dass mit diesen Regierungen und ihrer EU-Konstruktion kein demokratisches Europa zu bauen ist.