piwik no script img

Betreuungskonzept von Kristina SchröderOhne Oma läuft es nicht rund

Ministerin Kristina Schröder (CDU) kündigte ein neues Modell für das Betreuungsgeld an. Details nannte sie nicht. Zusammengefasst könnte es heißen "Familie geht vor".

Bei Kristina Schröder passen auch mal die Großeltern auf die Tochter auf. Bild: Reuters

BERLIN taz | Familie und Beruf zu vereinbaren, ist für viele Menschen in Deutschland nach wie vor ein täglicher Balanceakt. Ein "Dauerbrenner", wie Renate Köcher, Chefin des Instituts für Demoskopie Allensbach es nennt. Ihr Haus hat für das Bundesfamilienministerium den "Monitor Familienleben 2011" erarbeitet, den sie gemeinsam mit Familienministerin Kristina Schröder (CDU) am Mittwoch vorstellte.

"Familie geht vor"

Es war Schröders erster öffentlicher Auftritt nach einer vierzehnwöchigen Babypause, Ende Juni hatte sie Tochter Lotte Marie geboren. Kristina Schröder ist die erste Ministerin in Deutschland, die während ihrer Amtszeit Mutter wurde. Jetzt stehen die 34-Jährige und ihr Mann Ole, der Staatssekretär im Innenministerium ist, auch persönlich vor jenen Herausforderungen, die der inzwischen vierte Familienmonitor beleuchtet. Da wundert das aktuelle Schröder-Motto kaum: "Familie zuerst". "Es muss möglich sein, dass Menschen im Notfall sagen können: Familie geht vor", sagte Kristina Schröder.

Wie das Politikerehepaar den täglichen Balanceakt zwischen Bundestag und Elterndasein managt, verriet die Ministerin nicht: "Es ist keine politische Leistung, eine Familie zu gründen." So viel aber gab sie preis: Ohne die Hilfe ihrer beider Familien geht es nicht. An dieser Stelle unterscheiden sich die Schröders nicht wesentlich von anderen Eltern mit kleinen Kindern: Laut Allensbach-Monitor kann nämlich mehr als die Hälfte von ihnen Job und Familie nur vereinbaren, weil sich notfalls Oma und Opa um die Kinder kümmern. Nur ein Drittel der Eltern kann sich auf Kinderbetreuungseinrichtungen verlassen.

Trotzdem müsse endlich "Schluss sein mit den ideologischen Grabenkämpfen" um die verschiedenen Betreuungsformen, forderte Kristina Schröder. Damit spielte sie auf das im Koalitionsvertrag vereinbarte Betreuungsgeld an. Ab 2013 sollen Eltern, die ihre unter dreijährigen Kinder lieber zu Hause betreuen, statt sie in eine Kita zu bringen, dafür jeden Monat 150 Euro bekommen. Das Betreuungsgeld ist heftig umstritten. Am Mittwoch kündigte Kristina Schröder überraschend ein Modell an, "in dem sich alle Koalitionspartner wiederfinden".

Schonraum Elterngeld

Was das konkret heißt und ob dadurch das Elterngeld reformiert werden könnte, ließ die Ministerin allerdings offen. Dafür sagte sie Sätze wie: "Wir weiten den Schonraum, den das Elterngeld bietet, aus" und "das Elterngeld bleibt in seiner Grundstruktur erhalten." Und sie fragte: "Was ist mit den Eltern, die eine Tagesmutter haben?"

Die Opposition hält das Betreuungsgeld für falsch, manche JuristInnen sogar für verfassungswidrig. Die Koalition selbst ist sich uneins darüber, ob die Summe in bar oder als Gutschein ausgezahlt werden soll. Kristina Schröder hatte die dafür vorgesehene Summe von jährlich 2,2 Milliarden Euro immer "unter Finanzierungsvorbehalt gestellt". Soll das Betreuungsgeld kommen, muss ein kompromissfähiger Vorschlag bis zur Sommerpause 2012 im Kabinett sein.

Eines scheint laut Allensbach-Monitor aber sicher zu sein: Den Menschen geht es dann gut, wenn sie Beruf und Familie miteinander vereinbaren können. Das klappt bislang allerdings nur marginal. Und so erwarten 72 Prozent der Frauen und Männer eine Familienpolitik, die diese Bezeichnung auch verdient.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • P
    Politskeptiker

    Tja.. Details nannte Frau Schröder nicht, aber kaum hat sie Lotte Marie geboren ist sie als Familienministerin "kompetent".

     

    Bei einer Geburtenrate von 1,36 Kindern pro Frau fehlen halt auch Onkel und Tanten, und das Problem wird die Ankündigungsministerin auch nicht lösen indem sie unsere Steuergelder zum Bezahlen von künstlichen Befruchtungen ver(sch)wendet.

  • Z
    Zahlvater

    Haben die Väter auch was vom Betreuungsgeld? Beim Elterngeld ist es ja so, dass Alleinerziehende den Sockelbetrag auch allein einstreichen. Auch und selbst, wenn sie vom Vater des Kindes Betreuungsunterhalt in voller Höhe ihres letzten Nettolohnes bekommen. Beim Betreuungsgeld wird das wohl genauso laufen oder werden die Unterhaltszahler auch entlastet? Bei dieser Bundesregierung geh ich leider davon aus, dass das mal wieder nicht der Fall sein wird. Im besten Fall hat die Mutter dann drei Jahre lang eine Lebensstandardgarantie, keine Betreuungskosten, keinen Verdienstausfall, einige bekommen satten Kindesunterhalt, das Kindergeld, das Betreuungsgeld, für so manche Schichten wird das dann der Anreiz sein, nicht arbeiten zu gehen - warum auch, lohnt sich doch gar nicht. Nach drei Jahren oder mehr kommt dann das böse Erwachen, kein Job zu finden. Und dann zahlt wieder der Steuerzahler... Dann doch lieber Krippen-, Kitas und Ganztagsschulen ausbauen von dem Geld. Wer zu Hause betreuen will und auf ein Einkommen verzichten kann, bitte, seine Entscheidung. Wer nicht auf ein Einkommen verzichten kann, sollte lieber arbeiten, als sich über 150 Euro freuen, das ist besser für die Zukunft des Kindes und besser für die Zukunft der Gesellschaft. Halbtags geht glaub ich immer, jedenfalls mit nur einem Kind.

  • T
    tazitus

    Hallo Frau Schmollack. Eigentlich genügt mir die Überschrift ihres Beitrags. :-) (Nicht ganz. Sie haben Opa vergessen.)

     

    Aber ich habe da doch noch eine Erweiterung zu dem folgenden Text:

     

    "..Laut Allensbach-Monitor kann nämlich mehr als die Hälfte von ihnen Job und Familie nur vereinbaren, weil sich notfalls Oma und Opa um die Kinder kümmern. Nur ein Drittel der Eltern kann sich auf Kinderbetreuungseinrichtungen verlassen. "

     

    .... und nicht alle können diese bezahlen. (Ich kenne die Preise.)

  • S
    Stefan

    "Jetzt stehen die 34-Jährige und ihr Mann Ole, der Staatssekretär im Innenministerium ist, auch persönlich vor jenen Herausforderungen, die der inzwischen vierte Familienmonitor beleuchtet"

     

    Prust - ich lach mich krumm und schief? Ist das Euer Ernst? Doppelverdiener, einer Staatssekretär und einer Ministerin - und das soll vergleichbar sein mit einer normalen Familie?

    Die können sich von dem reichlichen Salär doch ohne Probleme eine Tagesmutter leisten - ob sie das wollen ist natürlich eine andere Frage. Den Luxus der Wahl aber haben wahrlich nicht viele Familien in Deutschland.