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Studie zur BabypauseWestmütter wollen lieber Teilzeit

Nur jede dritte Frau in Westdeutschland will nach der Babypause wieder voll arbeiten. Bei ostdeutschen Müttern ist die Quote viel höher.

Lieber mit der Tochter unterwegs als vollzeit auf Arbeit: Mutter in München. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer inländische Potenziale für den Fachkräftemarkt heben will, muss vor allem westdeutsche Frauen motivieren. Das haben Forscherinnen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit ermittelt. Während ostdeutsche Frauen etwa nach der Babypause zu 80 Prozent wieder voll berufstätig sein wollen, sind es im Westen weniger als 30 Prozent.

Grundsätzlich ist die Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten negativ: Die Vollzeitarbeit von Frauen ging zurück, die Erwerbsunterbrechungen wegen eines Kindes wurden länger, immer mehr Frauen arbeiteten in Teilzeit oder Minijobs.

Dazu kommt die sogenannte stille Reserve derjenigen, die - zum Beispiel nach der Kinderpause - nicht aktiv Arbeit suchen, weil es gerade nicht passt, weil sie davon ausgehen, dass sie nichts finden oder weil sie keine Berufstätigkeit anstreben. In dieser eng definierten stillen Reserve befinden sich 296.000 Frauen. Wer alle Frauen zählt, die nicht erwerbstätig oder in Ausbildung sind, kommt sogar auf 5,6 Millionen.

Ganztagsbetreuung ausbauen

Das IAB empfiehlt, den Berufsrückkehrerinnen und der stillen Reserve im engeren Sinn mit Qualifikationsangeboten weiterzuhelfen. Zudem muss die Ganztagsbetreuung von Kindern ausgebaut werden. Die Anreize für Teilzeitarbeit und Minijobs sollten abgebaut und das Ehegattensplitting abgeschafft werden.

Den Fachkräftemangel untermauert eine aktuelle Umfrage der OECD: Ein Drittel der deutschen Arbeitgeber, die vor dem Sommer 2011 Stellen zu besetzen hatten, konnte in Deutschland keinen geeigneten Kandidaten finden. Insgesamt 40 Prozent erwarten, dass die Zahl der offenen Posten in den nächsten fünf Jahren wachsen wird. Besonders groß ist nach der Studie der Bedarf an Arbeitskräften auf mittlerem Qualifikationsniveau.

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9 Kommentare

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  • O
    Ostdeutsche

    Arbeitszeit-Verkürzung für Männer und Frauen. Kinder von sechs Uhr in der Frühe bis sechs Uhr am Abend in eine Fremdbetreuung zu geben, ist Verrat an den Kindern und Ent-Personalisierung der Kinder.

     

    Außerdem haben Staat, Ausbildungs-Industrie (mit dem Lobbyisten Bertelsmann und Frau Merkel an der Spitze) uneingeschränkten Zugriff auf die Kinder. WOLLEN WIR das ALLES wirklich??????????????????????????????????

  • H
    Horsti

    Das westdeutsche Frauen maximal Teilzeit arbeiten wollen ist nur zwangsläufig, schließlich bezieht 1/3 von ihnen als Haupteinnahmequelle Unterhalt vom Ex.

    Zudem wollen viele Frauen auch schlicht Hausfrau werden, in Österreich sind das satte 50% der jungen Frauen.

    http://www.profil.at/articles/1146/560/312257/hausfrau-traumberuf-hausfrau

  • A
    anke

    Warum eigentlich, liebe "linke" taz, sollten sich ausgerechnet selbstbewusste westdeutsche Mütter für die selbstverschuldeten Wehwehchen bundesdeutscher Arbeit-"Geber" intersessieren?

     

    Noch gibt es keinen Arbeitsmarkt, der den Namen wirklich verdient. Bisher entscheiden vor allem im Osten allein die Unternehmer, wer ein "geeigneter Kandidat" ist und wer nicht. Von zehn, zwanzig oder hundert Bewerbern kommt einer zum Zug, der aber soll deutlich mehr wissen und können, als er in seinem Job später überhaupt anwenden darf. Ganz abgesehen davon, dass der aller geeignetste Arbeit-"Nehmer" noch immer der billigste zu sein scheint.

     

    Nein, ostdeutsche Frauen arbeiten nicht Vollzeit, weil sie das besonders glücklich macht. Sie brauchen jeden Euro den sie kriegen können, das ist alles. Ihre Männer nämlich verdienen alleine einfach nicht genug, als dass sie eine Wirtschaft am Laufen halten könnten, die sich zwar einen Dreck interessiert für die, die den Reichtum schaffen, die aber trotzdem Jahr für Jahr Gewinne einfahren will, die deutlich stärker wachsen als jedes Gehalt.

     

    Immer längere, dafür aber auch immer schlechter bezahlte Arbeitszeiten mögen für die internationale Konkurrenzfähigkeit deutscher Unternehmer gut sein. Für Frauen, Familien oder gar Kinder sind sie aber schlicht und ergreifend Mist. Wer von acht bis sechs am Band steht oder im Büro bzw. im Auto oder auf der Bahn sitzt, hat pro Wochentag höchstens drei Stunden mit seinem Kind und maximal eine für sich selber, und zwar völlig unabhängig davon, ob er nun Vater oder Mutter ist. Das ist zu einfach viel, viel wenig,als dass man sich damit auf Dauer gut fühlen könnte. Vor allem deswegen, weil der Staat und die Unternehmen sich seit Jahrzehnten schon immer mehr zurückziehen aus dem Leben von Familien, und Eltern immer mehr Bildungs- und Erziehungsverantwortung allein schultern müssen.

     

    Viel mehr, liebe deutsche Wirtschaft und liebe Möchtegern-FeministInnen, gibt es dazu nicht zu sagen. Höchstens noch, dass ich als ehemals vollzeit-beschäftigte ostdeutsche Zweifachmutter echt dankbar wäre, wenn mir westdeutsche "Frauenfreundinnen" künftig etwas weniger auf die Nerven falln würden mit ihrem unreflektierten Mutter-Bashing. Die männlich dominierte bundesdeutsche Exportwirtschaft, liebe extra-aktive Geschlechtsgenossinnen, wird es euch ohnehin nicht danken, wenn ihr unentgeldlich die Drecksarbeit für sie macht.

  • 3
    32StundenSindGenugOder35StundenFürAlle

    Papperlapapp! In Ostdeutschland sind Frauen die Sklavenhalterei, Kinderstaatsverwahranstalten und Unterbezahlung gewöhnt. Emanzipation hat es dort niemals gegeben, sondern wurde ihnen schamlos übergeholfen, damit Männer noch weniger tun müssen. Langsam kriecht diese falschverstandene Emanzipation gen Westen und nun wird von Seiten der Statistiker ein Konstrukt von Faulen-West- und Blöden-Ostfrauen kreiert, damit die Spaltung der Feministischen Organisation noch weiter geschwächt werden kann. Frauen lasst euch das nicht gefallen.

     

    Wer meint, dass Kinder so nebenbei groß werden, hat von Zuwendung, Liebe und Demokratie nie was verstanden, denn um Kinder nicht verwahrlosen zu lassen, ihnen in allen Lebensphasen feste Wurzeln geben zu können und sie zu einem Wehrhaften Menschen zu verwurzeln braucht es Zeit, Kraft und Geld. Wer keine Kinder hat, kann das niemals beurteilen, es sei denn, er/sie übernimmt für sechs Monate die Stelle einer Mutter ein, zunächst im Westen und dann vergleichsweise im Osten und urteilt dann.

  • TR
    Thorsten Reinert

    Die Mütter sind in ihrer Mehrheit sehr vernünftig. Sie lassen sich nicht ideologisch manipulieren durch die vereinte Propaganda-Front von FeministInnen und Industrieverbänden.

     

    Die Wahrheit ist: Erwerbstätigkeit ist nicht alles im Leben. IM GEGENTEIL: Es gibt ein Leben jenseits ökonomischer Verwertungskategorien. Und das ist gut so.

     

    Dass die Industrie uns einreden will, dass jeder Mensch nur dann ein vollwertiger Mensch ist, wenn er vollerwerbstätig funktioniert, wundert nicht weiter.

     

    Aber dass dieselben Linken/Roten/Grünen, die einerseits bei jeder Gelegenheit einen angeblichen "Terror der Ökonomie" beklagen, jedoch gleichzeitig die Mütter in die Vollerwerbstätigkeit hineinzwingen und manipulieren wollen

    - Diese geistige Idiotie wird nur dadurch noch übertroffen, dass sie den wirren Widerspruch, in den sie sich damit verwickeln, verdrängen und wegschieben.

  • SL
    Sebastian Lammermann

    In Hamburg kostet ein Kita-Platz ungefähr dreimal so viel wie in Leipzig, und das obwohl die Gebühren gerade erst gesenkt worden sind. Wenn ich dazu einkalkuliere, dass Frauen im Schnitt schlechter bezahlt werden als Männer und das Ehegattensplitting auch noch Steuervorteile einbringt (sofern der Mann gut verdient), würde ich auch zu Hause bleiben.

  • N
    narrenfell

    So viele Gründe:

    Weil sie z.T. weniger Geld verdienen als ihre Männer mittl. Qualifikation.

    Keinen Platz für die Kinder finden und wenn die Schule beginnt Wochenlang Ferien haben müssten, anders im Osten. Arbeiten im mittlerer Qualifikation (oft Pflege/Gesundheitswesen) sehr schwere Arbeiten sind mit wenig Geld. Ihre Männer 42 Std./Wo arbeiten plus langen Fahrzeiten und dann keine wirkliche Hilfe zu Hause sind.

  • K
    Karl

    Soviel zur "Faulheit im Osten"...

  • L
    Leserin

    Und wieso "wollen" die Frauen nicht voll arbeiten, wurde das auch ermittelt? Das würde mich vollkommen unabhängig jeglicher Spekulationen *wirklich* interessieren. Oder anders: Wie sieht die Datenlage aus, auf der die genannten Empfehlungen beruhen?