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Kommentar Banken-RatingRating und Risiko

Hermannus Pfeiffer
Kommentar von Hermannus Pfeiffer

Die Rating-Agenturen befeuern die Krise. Möglich machen dies erst Infotainmentmedien sowie Politiker, die jeden Pups von Standard & Poor's und Co zum Orkan aufblasen.

D ie Ratingagentur Fitch holte gleich zum Rundumschlag aus: Der Ausblick für die Bank of America, für Morgan Stanley, Goldman Sachs und außerdem fünf europäische Banken sei auf "negativ" gesetzt worden. Zu den betroffenen Finanzinstituten in Europa gehört neben Barclays Bank, BNP Paribas, Société Générale und Credit Suisse auch die Deutsche Bank.

Doch Fitchs Argumente sind hinreichend bekannt. Beispielsweise die Staatsschuldenkrise: Sie lässt auch die Banken nicht unberührt. Könnten Griechenland und andere ihre Schulden ganz oder teilweise nicht mehr zurückzahlen, dann risse das ziemliche Löcher in viele Bilanzen. Knapp zwei Milliarden Euro hat die Deutsche Bank nach Hellas gepumpt. Kein Pappenstiel, aber zu verkraften angesichts einer Bilanzsumme von insgesamt 1.900 Milliarden Euro.

Die wahren Risiken liegen dagegen in den USA. Warum gießen die amerikanischen Möchtegernoberschiedsrichter gerade jetzt und ungefragt Öl ins politische Eurofeuer? Zur Lebenszeit von Karl Marx, vor mehr als hundert Jahren also, wurden Ratingagenturen gegründet, um den Zockern mit amerikanischen Eisenbahnaktien im Wilden Westen auf die Finger zu klopfen. Heute befeuern die Agenturen selber die Krise. Möglich machen dies erst Infotainmentmedien und jede Menge Politiker, die jeden Pups von Standard & Poor's, Moody's und Co zu einem Orkan aufblasen.

HERMANNUS PFEIFFER ist freier Autor der taz.

Dabei geben hier nur eine Handvoll Analysten ihre Meinung wieder. Übrigens, selbst nach einer Herabstufung hätten die betroffenen Großbanken noch gute bis sehr gute Noten. Das allerdings zu Unrecht: Wer, wie die Deutsche Bank, etwa 90 Prozent seiner Gewinne dem hochriskanten Investmentbanking verdankt, kann schneller stürzen, als Mitarbeiter von Fitch raten können.

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Hermannus Pfeiffer
Autor
Soziologe und promovierter Wirtschaftswissenschaftler. Spezialgebiete: Banken/Versicherungen/Finanzmärkte und maritime Industrie. Arbeitet seit 1995 als freier Wirtschaftspublizist in Hamburg. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, zuletzt „Gewinn ist nicht genug! 21 Mythen über die Wirtschaft, die uns teuer zu stehen kommen“, Rowohlt Verlag, Reinbek 2021.
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4 Kommentare

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  • EV
    Elart von Collani

    Der Skandal sind weder die Rating-Agenturen noch die Politiker, sondern die einfache Tatsache, dass für die Beurteilung der Risiken im Finanzbereich ganz offiziell (BaFin) die drei großen amerikanischen Rating-Agenturen zugelassen sind, obwohl diese selber angeben, keine Gutachten zu produzieren, sondern nur unverbindliche Meinungen veröffentlichen und obwohl sie ihre Unfähigkeit, Risiken beurteilen zu können, hinlänglich bewiesen haben. Entzieht man ihnen die Anerkennung, zum Beispiel wegen erwiesener Unfähigkeit, ist der Spuk vorbei! Die Frage sollte also lauten, warum sind die "amerikanischen Möchtegernoberschiedsrichter" überhaupt anerkannt?

     

    Meine Erfahrungen mit hochrangigen (deutschen) Bankern haben mir gezeigt, dass keine der beteiligten Stellen (Bankaufsicht und Banken), die Risiken wirklich kennen will. Man bevorzugt daher die intransparente Pseudo-Risikoanalysen von Moody’s, Standard and Poor’s und Fitch, denn damit lässt sich viel verdienen und wenn es mal schief geht, ist immer noch der Steuerzahler da.

     

    Daneben spielt die Finanzmathematik eine noch üblere Rolle, die nicht mal in der Lage ist den Begriff des Risikos einheitlich zu definieren. Dafür aber all die schönen innovativen Finanzprodukte erfand, die dann zu den Finanzkrisen geführt haben.

  • V
    vic

    Die Krise, das sind Banken, "Anleger" und Rating Agenturen.

  • K
    Kati

    Ich bin froh um die Rating-Agenturen. Mit "jedem Pups" den die deutschen Politiker und Medien machen, werden wir angelogen über den T€ und die EU. So bekommen wir wenigstens einen Hauch der realen Situation. Und die politische Klasse führt uns, medial begleitet, vor, wie sie auf ihre eigenen Verträge und die Demokratie

    "pupst".

  • Y
    yberg

    es ist ein riesenunterschied ob ich sage ,die deutsche bank bilanz ist aufgeblasen und voller risiken oder ob eine ratingagentur diese einschätzung tätigt,deshalb solln die mal für uns alle genauer hinkucken und alarm schlagen.

     

    im übrigen haben die ratingagenturen trotz aller vergebener AAAAAAAAAAs der welt,den politikern nicht nur hinter verschlossenen türen die verschuldung der öffentlichen haushalte vorgehalten.

     

    daß die ratingagenturen auf grund eines vorgegebenen eu beschlusses bei der bewertung von staatspapieren tätig werden, sollte man ihnen nicht vorwerfen

    dass sie sich staatshaushalte und bankbilanzen seit beginn der immer noch andauernden bankenkrise,die auch teilweise auf der uneinbringlichkeit von staatsschulden bzw. deren bonitätsverschlechterung

    beruht,genauer ankucken,kann ich auch verstehen,haben sie doch zivil-und strafuntersuchungen in vielen ländern an der backe und sind gebrannte.

     

    das einfallstor des angelsächsischen und amerikanischen investmentbankings schufen die biederen grünen zusammen mit den naiven der spd anfang mitte 2000.

    ich habe noch nirgends davon gehört oder gar gelesen,daß diese beiden parteien die gesetzliche grundlage verändern wollen und gesetzesvorhaben planen.

     

    unsre kanzlerin ist im glauben,daß wir gestärkt aus der krise gekommen sind und spricht da wohl dankenswerter weise von unseren vermögen,die sogar immer noch zulegen.

     

    soviel zu finanzkompetenz..