: Prinzip Rasenmäher
US-HAUSHALT Präsident Obama verhängt Ausgabenschnitt über alle Ressorts, weil Demokraten und Republikaner im Kongress keinen Budget-Kompromiss fanden. Bis Oktober müssen 65 Milliarden Euro gekappt werden
■ Die Etatkürzungen in den USA gefährden nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds auch die Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft und insbesondere der wichtigsten Handelspartnern. Zu diesen gehören China, Kanada, Mexiko, Japan, die EU – und dort vor allem Deutschland. 2011 hatten die US-Importe aus China einen Wert von fast 400 Milliarden US-Dollar, in den EU-Mitgliedsstaaten kauften US-Firmen für fast 370 Milliarden ein, allein in Deutschland für 100 Milliarden.
■ Während der IWF ankündigte, seine Konjunkturprognosen auch für diese Länder und Regionen zu überprüfen, zeigten sich Analysten deutscher Banken gelassen. Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel sagte: „Da von den Kürzungen in starkem Maße Bezieher niedriger Einkommen betroffen sind und diese eher nicht zu den Hauptkonsumenten deutscher Importprodukte zählen, sollte die Nachfrage nach deutschen Produkten kaum beeinträchtigt werden.“
AUS WASHINGTON ANTJE PASSENHEIM
Die Abmagerungskur der USA hat begonnen. Gegen seinen Willen hat US-Präsident Barack Obama am Wochenende ein historisch einmaliges Spardiktat erlassen: Die Ausgaben des Staatshaushaltes werden innerhalb der nächsten zehn Jahre quer durch alle Ressorts um 1,2 Billionen Euro gekappt.
Am Freitag war der letzte Versuch Obamas gescheitert, diesen als „Sequester“ bezeichneten Schnitt abzuwehren. Der Präsident nannte die Kürzungen sichtlich genervt „dumm und willkürlich“. Viele Demokraten setzen jetzt darauf, dass sie gestoppt werden, bevor sie Schaden in der fragilen US-Wirtschaft anrichten können. „Der Kongress kann es jederzeit abstellen – sobald beide Seiten zum Kompromiss bereit sind“, sagte der Präsident am Samstag in seiner Rundfunkansprache.
Bis zum 27. März muss der Kongress sich auf einen neuen Haushaltsplan einigen, damit der Staat seine Rechnungen auch weiterhin bezahlen kann. Zudem muss er bis Mitte Mai ein Gesetz verabschieden, das es der Regierung erlaubt, mehr Schulden zu machen, als sie bislang darf. Andernfalls droht ein Staatsbankrott.
Die Verhandlungen werden über den neuen Budgetplan von Obamas neuem Finanzminister Jack Lew begleitet. Er ist einer der geistigen Väter dieses 2011 erdachten radikalen Zwangssparprogramms, das Obama noch unterstützt hatte. Dahinter steckte die Idee, dass der Kongress sich selbst unter Druck setzen sollte, um bis zu diesem Jahr Kompromisse bei dem Versuch zu finden, das gewaltige Haushaltsdefizit zu verringern. Die Republikaner wollten – vereinfacht gesagt – lieber bei den Ausgaben sparen, Demokraten die Reichen stärker besteuern. Doch Obama hat sich verkalkuliert. Nach dem Kürzungsautomatismus müssen allein bis zum Oktober Ausgaben in Höhe von 85 Milliarden Dollar (65 Milliarden Euro) nach dem Rasenmäherprinzip gekappt werden. Die Hälfte der Sparmaßnahmen treffen den Verteidigungshaushalt. In einem Bericht an den Kongress nannte Obamas Budgetdirektor Jeffrey Zients sie „zutiefst zerstörerisch für die nationale Sicherheit, Investitionen im Land und Kernaufgaben der Regierung“.
Obama machte die Republikaner verantwortlich: „Das wäre nicht nötig gewesen“, erklärte er. „Sie ließen diese Einschnitte zu, weil sie sich weigern, ein großes Steuerschlupfloch zu schließen.“ Gemeint sind vor allem zusätzliche Steuern für Besserverdiener und Energiekonzerne, für die Obama plädiert. Die Mehreinnahmen würden es – nach einem umfassenden Sparprogramm der Demokraten – erlauben, die Einschnitte in einigen Bereichen abzumildern. Dazu der konservative Sprecher des Abgeordnetenhauses, John Boehner: Der Kongress habe dem Präsidenten erst vor zwei Monaten Steuererhöhungen zugestanden, sagte er: „Jetzt ist es Zeit, dass wir uns auf die Ausgaben konzentrieren.“
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