Neue Studie zu Bisphenol A: Kassenbons machen dick
Viele Chemikalien in Alltagsgegenständen führen nicht nur zu Sexualstörungen, sondern auch zu Diabetes und machen dick. Das sagt eine Studie des ChemTrust.
BERLIN taz | Chemische Weichmacher und andere Stoffe wie Bisphenyl A machen dick und verursachen Diabetes. Das fand eine Studie des englischen Umweltorganisation CHEMTrust heraus, die am Dienstag in Brüssel, Berlin und London präsentiert wurde. Die Schadstoffe stecken in vielen Alltagsgegenständen wie Kassenzetteln, Konservendosen, Gummistiefeln, Haushaltsgeräten oder Sofas. Besonders für Schwangere und Kinder sind sie gefährlich, denn sie beeinträchtigen das Hormonsystem.
Dabei funktionieren die Stoffe wie trojanische Pferde. Die als „hormonelle Schadstoffe“ bezeichneten Partikel ersetzen die natürlichen Hormone im Körper und können so das Hormonsystem durcheinanderbringen. Das führt nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler zu Fettleibigkeit, Diabetes und Sexual- wie Verhaltensstörungen. In den Körper gelangen die Partikel dabei nicht nur durch die Nahrung, schon Hautkontakt und Atmung reichen aus.
Dabei macht bei hormonellen Schadstoffen, entgegen der Paracelsus-Formel, nicht die Dosis das Gift. Schon kleine Mengen richten Schaden an. Das hat Werner Kloas vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie in Berlin anhand von Fröschen nachgewiesen: Die Frösche werden durch Hormonstoffe in ihrem Sexualverhalten gehemmt: Die männlichen Frösche treffen beim Quaken nicht den richtigen Ton, die Weibchen gehen zum unbehandelten, attraktiver quakenden Frosch.
Auch bei abnehmender Dosis blieb der Effekt erhalten. Ein Schwellenwert, ab wann das Sexualverhalten normal wurde, ließ sich nicht feststellen. Deshalb fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ein gänzliches Verbot der hormonellen Schadstoffen wie Bisphenol A. Alternative Stoffe müssten geprüft werden, in manchen Fällen könne man Chemikalien auch ganz vermeiden, beispielsweise durch mechanische Brandschutzapparate in Haushaltsgegegnständen. „Aufgrund der Erkenntnisse über die Dosierung sind auch Grenzwerte, die bei der Politik oft üblich sind, nutzlos,“ erklärt Patricia Cameron, Chemie-Expertin des BUND.
Im Rahmen der EU-Chemikaliengesetzgebung REACH, mit der Chemikalien registrierungsbedürftig sind und verboten werden können, hat nun Dänemark eine Initiative gestartet, um vier krankmachende Weichmacher zu verbieten.
Bislang ist es für Kunden schwierig, in welchen Produkten hormonelle Chemikalien stecken: Hersteller und Händler müssen zwar auf schriftliche Anfragen dazu innerhalb von 45 Tagen antworten. Bislang wird dieses Auskunftsrecht aber von Verbrauchern kaum genutzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Menschenrechtslage im Iran
Forderung nach Abschiebestopp
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben