piwik no script img

Peter Altmaier wird UmweltministerMerkels Letzter

Peter Altmaier hat Merkels Politik stets seriös verteidigt und weiß, dass die CDU an Umweltthemen nicht vorbeikommt. Merkels Bester übernimmt das Umweltministerium.

Muss jetzt sein Kampfgewicht nutzen: Peter Altmaier. Bild: dapd

BERLIN taz | Man muss die CDU nicht mögen, um vor Peter Altmaier nicht zumindest den Hut zu ziehen. Altmaier ist Erster Parlamentarischer Geschäftführer der Unionsfraktion im Bundestag und hat damit einen schier endlosen offiziellen Titel – kürzer gefasst könnte man aber auch sagen: Merkels Bester.

Denn niemand, wirklich niemand aus der ersten Reihe der CDU fand sich in den teils chaotischen zwei Jahren seit schwarz-gelbem Regierungsantritt, der sämtliche Querelen, Widersprüche, Kehrtwendungen der Koalition so tapfer vor laufenden Kameras glättete, erläuterte und als Erfolg verkaufte wie Altmaier. Wo sich kein Kabinettsmitglied mehr in Talkshows traute, wo Merkels vermeintliche Getreue abtauchten, stand er und warb um Vertrauen. Er wirkte dabei trotz teils lächerlicher Umstände niemals selbst lächerlich, sondern sowohl seriös als auch loyal.

Vor allem aber lenkte er dabei jegliche Kritik von Angela Merkel weg und um Angela Merkel herum. Wenn es im Kern ein Mysterium bleibt, wie die Kanzlerin im öffentlichen Ansehen nahezu ungeschoren aus den fortgesetzten CDU-CSU-FDP-Stürmen hervorgehen kann, so ist Altmaier doch ihr wichtigstes Instrument dabei.

Nun soll Merkels Bester ausgerechnet Norbert Röttgen, „Muttis Klügsten“ ablösen. Der 58-Jährige wird nun als Fraktionsgeschäftsführer un Multikommunikator fehlen. Dennoch ist er für das Umweltministerium und die Bewältigung der Folgen des Atomausstiegs vermutlich ihr geeignetester Mann.

Denn so sehr Röttgen durch seine Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen an Rückhalt in der CDU verloren hat, so sehr wird Altmaier gebraucht werden, um sich dem noch kommenden Protest der Energiewirtschaft entgegenzuwerfen.

Origineller Twitterer

Altmaier ist wie Röttgen Teil der schwarz-grünen „Pizza-Connection“ gewesen, einer also, der mit den Grünen gut kann und als einer der ersten CDU-Politiker begriffen hat, dass auch die Union am Umweltthema nicht vorbeikommen wird. Zuletzt fiel er im Netz positiv auf, weil er häufig und fröhlich twitterte, dabei auch teils originelle Einblicke in seinen Alltag zuließ.

Seine Herkunft aus dem Saarland dürfte da eine Rolle spielen, immerhin hat die winzige Saar-CDU bereits viele verhältnismäßig reformerische Politkerinnen und Politiker hervorgebracht. Wie so mancher Saarländer ist er außerdem frankophil und nicht zuletzt begeisterter Europäer – in den 1990er Jahren arbeitete der gelernte Jurist für die EU-Kommission in Brüssel.

Nun muss Altmaier sein Kampfgewicht – er selbst pflegt laufend über seine Diätversuche zu scherzen – für die Jahrhundertaufgabe der Energiewende einsetzen. Denn er ist nicht nur Merkels Bester. Er ist vor allem Merkels Letzter.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • P
    Pink

    Wenn Altmaier Merkels Bester ist, möchte man gar nicht fragen, wer nun der Schlechteste sein könnte ... es lebe der Konjunktiv.

  • JO
    James Overstolz

    Gegenüber Röttgen ist Altmaier ein Profi und Pragmatiker.

     

    Ein guter Umweltminister ist für mich jemand, der

    den Überblick behält und die Energiewende samt Hochleitungsmasten und Speicherstationen bewältigt, ohne ständig den Lobby-Interessen der alten Weiber von REW und Co. auf den Leim zu gehen.

     

    Außerdem soll es da noch Bürgerinitiativen geben, die lieber die Leute in der Nähe atomarer Müllkippen verseuchen lassen, als vor Ort die technische Gestaltung der Erneuerbaren zu ermöglichen (durchaus mit eigenen Vorschlägen).

  • J
    JoHnny

    ...und jetzt der verteidiger in der causa

    wulff - "arme" umwelt...

  • W
    Weinberg

    Die Entlassung von Röttgen zeigt, dass CDU-Bundeskanzlerin Merkel bei der FDJ (DDR-Staatsjugendorganisation) eine fundierte Kader-Ausbildung erhalten hat.

     

    Ohne entsprechende Treue zur DDR hätte Merkel nie und nimmer FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda werden können. Was Merkel da wohl alles „gelernt“ haben mag?

  • FP
    Frank Poschau

    Das große Spiel der Falschspieler, Merkel und ihre Speichellecker.

     

    Peter Altmaier, er war dran. Ständig im Hinterteil von Frau Merkel, immer alles lobend und schön redend. Ministerposten werden nicht nach Fähigkeiten vergeben, man muss nur langegenug Linientreu den Sapper lecken und schon darf man unsere Republik ein Stück näher zum Niedergang führen.

    Ein Parteisoldat, keine praktische Berufsausbildung, Rechtswissenschaften was jeder Depp in wenigen Jahren hinbekommt, um dann in der Politik zu versickern.

    Leider haben wir sehr viele Anwälte in den Ämtern, weil man sich untereinander für was Besseres hält und hofiert. Aber unsere Mutti des Grauens, hat mit diesem Schritt den Schwachsinn unserer Regierung einmal mehr unter Beweis gestellt.

    Würdet Ihr Eure gebärende Frau einen Maurer anvertrauen?

    Aber ein Herr Altmaier der alle Fehlentscheidungen geduldet und verteidigt hat, erlaubt Ihr für Euer Land Wirtschaftsentscheidungen zu treffen.

    Was muss in diesem Deutschland noch für ein Schwachsinn geschehen, das Ihr begreift, das mit Eurer Zukunft falsch gespielt wird?

    Lasst Euch wie Schafe zur Schlachtbank treiben.

    Deutschland bricht Europa das Herz.

    „Wollt Ihr den totalen „Wachstum“. JAAAAAAAAAAAA, bis wir platzen.

    Frank Poschau

    www.frank-poschau.jimdo.com

  • D
    deviant

    Solche Zuschreibungen sind schon seltsam: "Mutti" ist eine ziemlich herzlose "Rabenmutter", "Muttis Klügster" stand zuletzt ziemlich dämlich da, und was sich da für die "deutsche Eiche der FDP" hält, taugt allenfalls als Fass für einen billigen Burgunder; nun also "Muttis Bester" - nur eine Frage der Zeit, bis der vorm Rednerpodium stolpert und sich das Genick bricht...?

     

    Andererseits ist "Bester" ja auch immer relativ zu verstehen, und wer der "Letzte", also der einzig Verbliebene, ist, ist automatisch "Bester", ebenso wie "Dümmster", "Fettester", "Schönster" oder auch "Schlechtester": Wer alleine sprintet, kann nur als Erster ins Ziel kommen, selbst wenn er kriecht.

  • N
    noisette

    und was sacht uns das jetzt?

    wir sind mittlerweile sogar schon froh, wenn ein politiker (der poltische gegner*lol*) zumindest nicht völlig unfähig ist? toll!

  • WG
    Werner Gratsch

    Sg. Frau Winkelmann, danke für eine heutzutage leider selten beobachtete Geisteshaltung: Professioneller und menschlicher Respekt für einen politischen Gegner (ich hoffe ich tue Ihnen nicht unrecht wenn ich so frei bin Sie als taz-Autorin nicht gerade im CDU-nahen Lager zu verorten...)

  • TK
    Tadeusz Kantor

    "Merkels Bester" *LOL*

  • H
    hunter

    Welch eine herrliche Satire, dieses Loblied auf Altmeier. Gratulation, ganz großes Kino! Man muss sich förmlich kugeln vor Lachen.