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Streit der Woche„Spielwiese für Alt-Stalinisten“

Steht die Linkspartei vor dem Aus? Pirat Oliver Höfinghoff sagt ja: Frischer Wind blase aus einer anderen Richtung. Die Linke Caren Lay widerspricht.

Aber wohin geht sie? Bild: dpa

Die Linke sorgt täglich für Schlagzeilen: Erst der Hahnenkampf zwischen Oskar Lafontaine und Dietmar Bartsch um den Parteivorsitz, dann Lafontaines Rückzug und die Kandidatur Katja Kippings und Katharina Schwabedissens, die eine weibliche Doppelspitze bilden wollen. Zwischendurch: immer wieder neue Kandidaturerklärungen und Spekulationen über mögliche Spitzenkombinationen.

Für Oliver Höfinghoff, der für die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, sind die parteiinternen Probleme der Linken unaufhebbar: „Eigentlich gibt es nicht 'Die Linke', sondern nur 'Die Linken'“, schreibt er in seinem Gastbeitrag zum Streit der Woche in der aktuellen sonntaz. Die Linke, das seien drei Parteien in einer: „die Ost-Linke, Oskars Hofstaat im Saarland und die restliche West-Linke.“

Er meint: „Während im Osten nach Manier einer Volkspartei Politik betrieben wird, ist die West-Linke eine Spielwiese für Alt-Stalinisten und andere Verwirrte.“ Für die Entwicklung der Gesamtpartei diagnostiziert er: „Der demografische Wandel wird die Linke früher oder später dahinraffen.“ In Hinblick auf die jüngsten Erfolge der Piratenpartei fügt er hinzu: „Frischer Wind bläst aus einer anderen Richtung.“

Auch Peter Lösche, emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der Universität Göttingen, sieht in einem Ende der Machtrangeleien nicht die Lösung aller internen Probleme: „Es geht um einen strukturellen Konflikt. Volkspartei gegen Sekte, Ost gegen West, Reformer gegen Fundis, Annäherung an die SPD gegen Verteufelung der Sozialdemokratie.“

Bei derlei interner Zerfaserung bleibt für Lösche eine Konsensfähigkeit der Partei zweifelhaft. Er prognostiziert der Linken eine fundamentale Veränderung zur Regionalpartei Ost. Und fragt sich, weshalb der Westflügel der Partei nicht gegen die Tendenz rebelliert: „Sie erheben doch auch sonst den Anspruch, die Inkarnation reinster Demokratie zu sein.“

taz

Den „Streit der Woche“ zu der Frage „Stirbt die Linkspartei?“ und viele andere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 26. Mai 2012. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Caren Lay, Geschäftsführerin der Linkspartei und Befürworterin von Kippings und Schwabedissens Doppelkandidatur, widerspricht. Sie schreibt: „Als einzige Partei hat die Linke dem neoliberalen Mainstream getrotzt. Wir haben die soziale Frage stark gemacht. Und bisher macht uns niemand diesen Platz streitig.“

In der Piratenpartei sieht sie trotz aller Umfragewerte thematisch keine Konkurrenz: „Anders als die Piraten stellen wir die Eigentumsfrage und verteidigen die Freiheit nicht nur im Netz. Das zeigt: Die Linke wird gebraucht.“

Auch Cornelia Hildebrandt, Referentin für Parteien und soziale Bewegungen beim Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung, sieht in der Neubesetzung der Spitze neue Möglichkeiten: „Die jetzige Krise kann zur Chance werden, Gründungsschmerzen zu überwinden und wieder zur bunten 'Mitmachpartei' zu werden. Das Zeug dazu hat die Linke, auch das Personal – nur noch nicht als Team und noch nicht in der ersten Reihe.“

Doch Hildebrandt warnt: Für Mindestlöhne, Abschaffung von Hartz IV und gleichen Lohn für gleiche Arbeit bei Leiharbeit zu stehen, reiche nicht mehr. „Die Linke wird gebraucht als Partei der Umverteilung von oben nach unten, von privat hin zum Öffentlichen, als Partei, die Demokratie- und Umweltfragen mit der sozialen Frage vereint.“

Die sonntaz-Frage „Stirbt die Linkspatei?“ diskutieren außerdem Hubertus Knabe, Direktor der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, der taz.de-Leser Bruno Gotenhaupt sowie der Politikwissenschaftler Peter Grottian – in der sonntaz vom 26. Mai 2012.

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17 Kommentare

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  • HM
    Hans Meiser

    Ich denke, wir sollten alle nach Dänemark ziehen!

  • G
    geschichtswerkstatt

    Die wichtige Frage ist doch nicht, wo der frische Wind her weht. Da haben sich die(wir) Deutschen doch schon einmal gründlich geirrt. Als "Partei der Umverteilung von oben nach unten" hat die Linke (allgemein) mit Sicherheit noch Chancen und Potential. Das hängt ein bißchen auch davon ab, wie konsequent das Versagen von SPD und Grünen ausfällt, wenn sie denn schon hie und da mal an die Macht kommen. In der Vergangenheit ist dieses Versagen so augenscheinlich gewesen, daß die Linken bisher sogar eine übertrieben wichtige Rolle spielen durften. Ich interpretiere das Entweichen der ganzen heißen Luft derzeit daher als Normalisierung und Rückkehr zur Bodenständigkeit. In der Vergangenheit wurde zu häufig versucht, die Gesellschaft nach Intuitionen auf dem Reißbrett zu ändern, heute hat man begriffen, daß man dort damit anfangen muß, wo man lebt. Also die unten beginnen damit, das zu erledigen, was unten zu tun ist, und oben sollte man, wenn man wirklich links sein will, ebenso denken und vorgehen. Freilich, das ist mir schon klar, die Versuchung, sich vom System korrumpieren zu lassen, ist oben groß.

  • V
    vic

    Totgesagte leben länger!

    Die Linke wird gebraucht. Nicht als SPD-Surrogat, sondern als linke Alternative zu all den Neolib-Mitte-Parteien.

  • VD
    valeria damiroxa

    Die Linken in BRD muessen aus der Rosa-Luxemburg-Gruft steigen und sich von ihrer "Geschichte" (USSR-DDR) scheiden und nach neuer Orientierung blicken: In USA ist die libertaere Linke "Libertarian Socialists" trotz ihrer winzigen Anzahl -eine Stimme in den grossen akademischen Sozialdebatten. Angela Davis hat sich von der KP weg, auf diese Richtung orientiert. In Brasilien wirken ALLE linken Parteien, zusammen mit der nationalistischen Mitte - in der 12 Partein-Koalitionsregierung. Dort kaempft die Linke nicht gegen Atomenergie, Hydroelektrikstaudaemme, das neue Waldgesetz - sondern fuer die nationale Entwicklung : Weil damit jetzt Mittel entstehen fuer soziale Verbesserung, welche die linken Parteien als Regierungspartner durchsetzen. Den theoretischen "Weg zum Kommunismus" ueberlassen sie den akademischen Soziologen...

  • A
    Altlinker

    Wer ist Herr Höffinghoff? Ich kannte mal eine angestaubte Lehrerin gleichen Namens aus der Hildesheimer Region, die Gemeinschaftskunde unterrichtete und dieselben Plattheiten verkündete. Das war allerdings 1974. Es scheint doch eine gewisse Kontinuität zu geben.

     

    Die Piraten sind für mich nur in einer Weise politisch unersetzlich:"Sie können dafür sorgen, dass das Grundgesetz nicht komplett ausgehöhlt und ein Polizeistaat errichtet wird." Denn durch die ab 2013 gebildete große Koalition darf keinesfalls eine parlamentarische 2/3 - Mehrheit für die Totengräberparteien CDU/CSU/SPD entstehen. Da ist mir das völlig kotgleich, für welches Programm die Piraten stehen.

     

    Ansonsten sollte der Herr Höffinghof die Beurteilung der Partei "die Linke" den Leuten überlassen, die noch etwas von deutscher Geschichte und dem kalten Krieg verstehen. Er kann auch ersatzweise sich einmal die Irrlichter in seiner eigenen Partei anschauen, was da so von "vegan" über "universelles Leben", bis hin zu Scientology und" yogisches Fliegen" herumgeistert.

     

    Dass die gleichgeschaltete Presse sich nun am vorhergesagten Leichenschmaus der Linkspartei labt, ist verständlich, denn diese Superjournalisten stocken ja auch als Freiberufler nach SGB II auf, wenn es einmal nicht so gut läuft, gell? Da erklingt doch schnell die Melodei:"Wes Brot ich ess, des Lied ich sing."

     

    Die völlig abgestumpfte handlungsunfähige Bevölkerung dieses Landes reagiert einfach beispielhaft gemäß des "operanten Konditionierens" und verhält sich wie die Ratten in der Skinnerbox, die Bundesrepublik Deutschland heißt. Wenn nämlich , so sagt die Theorie, die Ratten mehrfach völlig widersprüchliche Reaktionen auf ihr Verhalten erleben mussten, reagieren sie jetzt durch völlige Lethargie und geistige Verwirrung. Na, das ist doch wohl nun völlig plausibel, betrachten wir einmal die Regierungszeit der großen und der sich anschließenden gelb-schwarze Bundesregierung.

     

    Fazit: Es sieht eher so aus, als seien die Bürger aller Parteien überdrüssig und wählen einfach aus Protest, das können Piraten, die DVU, oder die Deutsche Dackelpartei des Hausmeisters Dieter Krause sein. Sischer, sischer!

  • F
    Fritz

    Bartsch ist kein Ideologe und die Wessis sind lediglich noch geisteskrank. Das Zeitalter der grossen Worte ist vorbei.

     

    Mit Bartsch besteht die Gefahr, dass die dummerweise so heissenden "Linken" waehlbar werden.

     

     

    Wer will denn schon Lafontainefreundin Narles, Killer Steinmeyer oder Popmanager Gabriel?

  • C
    Chesterfiel

    @Dr.rer.Nat

    Haben Sie keine Korrekturtaste,oder ist das Ihre übliche Rechtschreibung.

  • PK
    pro kritisches Denken gegen Gleichschaltung

    Blöde taz-Propaganda!

     

    In der taz sind regelmäßig die angepassten (Ex-SED-) Ost-Linken die Guten, weil sie so sind wie alle anderen Parteien - also nicht links.

     

    Die Leute, die noch Alternativen wollen und nicht eine 2. neoliberale Agnda 2010-SPD werden wollen, verteufelt die taz gemainsam mit irgendwelchen öden (vom Mainstream eingekauften?) Professoren.

     

    Vielleicht hätte der BILD-Typ besser nie taz-Genossenschafter werden sollen. Die Unterschiede zwischen Springer-Presse und angeblich unabhängiger taz sind manchmal nur noch marginal.

     

    Die taz ist heutzutage genauso wenig links wie es die neoliberalen Grünen sind, von denen sie wohl hauptsächlich finanziert wird (Genossenschaftler).

     

    Schade!

  • E
    Elflow

    Das Problem ist, dass die Piraten eine vereinigte Linke nicht ersetzen können und nicht wollen. Wenn ich höre, man wolle das klassischen Rechts-Links-Schema überwinden, heisst das nichts anderes, als der immer mehr chancenlos heranwachsenden Jugend, sowie der nach wie vor real existierenden Unterschicht die letzte Stimme zu rauben und dies durch Marketinggeschwätz auch noch als Sieg der Freiheit zu verkaufen. Piraten, wo kommt ihr her? Wessen Interessen vertretet ihr? Für mich seid ihr bürgerliche Schwätzer, deren Linie so unklar ist, dass sich Frau Merkel schon jetzt kaputt freut, weil ihr sicherstellt, dass der notwendige gesellschaftliche Wandel hin zu einer solidarischen Umverteilung und eine notwendige Regulierung der Finanzmärkte so sicher niemals machbar wird!

  • R
    reblek

    "Eigentlich gibt es nicht 'Die Linke', sondern nur 'Die Linken'" - Sagt der Herr Pirat und sieht nicht, dass das Problem nicht "drei linke Parteien in einer" sind, sondern dass diese Partei die Unverschämtheit besessen hat und besitzt, sich frech-monopolistisch "Die" Linke zu nennen.

  • H
    Hajü (Grüner)

    Gut geschrieben und sehr objektiv dargestellt.

    Ein Beitrag der Prozesse in, und Profile der beiden Parteien zuspitzend auf den Punkt bringt; was macht den Unterschied. So werden Synthesen möglich.

  • V
    viccy

    "Peter Lösche, emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der Universität Göttingen, sieht in einem Ende der Machtrangeleien nicht die Lösung aller internen Probleme: „Es geht um einen strukturellen Konflikt. Volkspartei gegen Sekte, Ost gegen West, Reformer gegen Fundis, Annäherung an die SPD gegen Verteufelung der Sozialdemokratie.“

     

    Wer noch einen Beweis gebraucht hat, dass auch ein Professor phrasenhaftes, hohles und gleichgeschaltetes Geschwätz von sich geben kann, hat ihn hier.

  • B
    Brennessel

    Der demografische Wandel wird die linke in Zukunft eher bestärken!

    Denn das wir ein sozialeres und solidarischeres Deutschland brauchen wird spätestens, wenn die Sozialkassen leer sind, auch jeder Yuppie-Pirat verstehen, der hier "Denkzettelwählen" betreibt.

    Was nützt denn Transparenz, wenn man dadurch nur zu der Erkenntnis kommt, daß man weiß welcher (Partei-)Bonze einem die Butter vom Brot klaut!?!

  • EL
    Ein Linker

    Wie immer werden die sogenannten "Reformer" aus dem Osten hochgelobt, dabei haben symbolisieren gerade sie, also Leute wie Bartsch, Bockhahn, Bisky, Pau etc., das Erbe der SED in einer interessanten Weise. Wie bei der SED, so auch bei den Ost-"Linken" ist das Etikett anders als die Verpackung. So hatte die "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" genauso viel mit Sozialismus zu tun, wie Alexander Dobrindt mit Demokratie. Und so steht bei den Ost-"Linken" auch nur links drauf, obwohl rechts drin ist.

    Allerdings ist die Krise der Partei "die Linke" nicht das Ende der politischen Linken. Auch wenn Piraten wie Höfinghoff oder die deutsche Politikwissenschaftlerriege das insgeheim wünschen. Denn was sie anzubieten haben, ist bürgerlicher Mainstream lauwarm aufgekocht, wobei jedoch das ganze kapitalistische System von immer mehr Menschen in Frage gestellt wird. Eine sozial lackierte FDP und akademische Schlaumeier bieten ihrerseits wohl kaum Lösungen zu Massenarmut, Umweltzerstörung und gesteigerter Ausbeutung an.

  • A
    antares56

    Wenn sich die Linke von Leuten wie Oskar und Sahra befreit, die scheinbar der Meinung sind, dass nur sie recht haben und die Partei ohne sie nicht klarkommt, und endlich selbst demokratische Züge und Teilhabe am Programm und den aktuellen Themen zulässt, könnte sie wieder erstarken!

  • H
    hgb

    Eine Gemeinsamkeit haben die "Linke" und die "Piraten": Es sind beides Parteien, die außer z.T. billigstem Populismus nichts Konstruktives zu bieten haben und deren Stimmen sich aus der in Deutschland sehr verbreiteten Haltung "Ich bin auf jeden Fall dagegen" ergibt.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    Na, da kommt die Vaterschaft aus den Wünschen aus der politischen Gegnerschschaft bei den Piratenbeiträgen sehr deutlich heraus.

     

    Weil das so "direkt" geht, mit den "Todeswünschen" in die "Argumente", neigen viele Leute dazu, in einer zweiten folgenden "Voreiligkeit" und "Engsttuinigkeit", so ewtas "wie "ewige Zetrtsörungswünsache" direkt in die menschliche Natur zuschreiben.

     

     

    Das wird noch schlimmer umgangenn,indem nach dem Motto. Fakten, Fakten, Fakten, die "Leichname der Resultete" Hegel), das Fragen aach Wünschen und Interessen als hoffnungslos "Unerkennbar" dekretiert wirdd,und "Saubers" DEnken nicht damit argumentieren ddürfe´n soll.

     

    Das ist ds Grundsetting der berüchrigten "analytischen Philosophie" Wittgensteinscher Prägung. Aber auch in sonsigen "Antiiphilosophien" viel präsent.

     

    Eine äußerst rusdtikale Vwerwebdung aklrtuellester Ereignisse durch Steigerung:

     

    "Was fällt soll man stoßen" spricht denn auch der KONVERSATIVE DURCHTRIEBENHEITS MACHTPHILOSOPH Nietzsche. "Wer den Zweck willl, muß auch die Mittel wollen" - auch ein Wort von ihmm, ist das deutliche Erkennungszeichen. Diese perfiden Strategien werden also von veritablen Intellektuellen gegen die LINKE angewandt.

    Ein Versuch des "Teile und Herrscvhe" von außen, bei Nietzsche selbstverständlich prominent präsent.

     

    Die Gegenpraxis: Sozialpps