Homosexueller evangelischer Pfarrer: Der erste seiner Art
Ulrich Hardt lebt mit seinem gleichgeschlechtlichen Partner im Pfarrhaus. Das stört weder seine Gemeinde noch die Kirche, obwohl er im bodenständigen Oberfranken lebt.
Recht sei ihm der Medienrummel, der derzeit um seine Person gemacht werde, nicht, sagt Pfarrer Ulrich Hardt. „Vor allem nicht, wegen dieses Themas.“ Berichtenswert ist seine Geschichte trotzdem. Denn Hardt ist der erste (und einzige) evangelische Pastor Bayerns, der gemeinsam mit seinem gleichgeschlechtlichen Partner im Pfarrhaus lebt.
Seit März steht der 49-Jährige der Gemeinde von Kirchrüsselbach vor, einem Ortsteil von Igensdorf im oberfränkischen Landkreis Forchheim. Als Hardt in der Kirche Sankt Jakobus Quartier bezog, tat er das zusammen mit dem 41-jährigen Udo Wex. Und es geschah: nichts.
Erst im Frühjahr hatte die evangelische Landessynode nach heftigen innerkirchlichen Debatten beschlossen, gleichgeschlechtlichen Paaren das Leben im Pfarrhaus zu erlauben, wenn sie eine eingetragene Lebenspartnerschaft geschlossen haben und alle betroffenen Gremien zustimmen. Das war bei Hardt der Fall. Der Kirchenvorstand votierte einstimmig für ihn.
Der Pfarrer der Gemeinde von Kirchrüsselbach arbeitet auch als Supervisor.
Natürlich, die Bewohner von Unter-, Mittel-, Kirch- und Oberrüsselbach erschienen recht zahlreich zum Gottesdienst, um zu hören, was der Neue an seinem ersten Sonntag zu sagen habe. Und ja: Auch ein paar kritische Stimmen habe es ob der Entscheidung gegeben. Aber das, so scheint es, war’s dann auch. „Die Leute hier sind nicht besonders progressiv, eher bodenständig“, erklärte Hardt gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Dass ihm und seinem Partner so viel Wohlwollen entgegenschlägt, führt er darauf zurück, dass sich die Menschen mit seiner Homosexualität auseinandersetzten.
Dabei hat der Theologe aus Schleswig-Holstein zuvor durchaus schlechte Erfahrungen gemacht. Nach zehn Jahren, in denen er in Nürnberg als Lehrer gearbeitet hatte, wollte er zurück in eine Gemeinde. Er bewarb sich auf verschiedene Stellen – und wurde abgelehnt, weil man keinen schwulen Pastor wollte.
Probleme, seine Identität mit dem Glauben zu vereinen, hat Hardt indes nicht. Zwar verbiete die Bibel Homosexualität, aber das gelte auch für Blutwurst und das Tragen von gemischten Fasern. „Es ist wichtig, dass wir die Bibel ernst nehmen“, sagt Ulrich Hardt, „aber nicht wortwörtlich.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video