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Abbruchquoten an Unis und FHsImmer mehr Studierende geben auf

Das Bachelor/Master-Studiensystem hat offenbar schwerwiegende Mängel. Insgesamt bricht etwa jeder Vierte sein Studium ab. Bei den Ingenieuren sind es sogar fast 50 Prozent.

Gegen die Massenabfertigung bei Bachelorstudiengängen. Bild: dpa

BERLIN taz | Von 100 Bachelorstudenten schaffen nur 72 ihren Abschluss. 28 bringen ihr Studium nicht erfolgreich zu Ende. Diese Zahlen hat das Hochschulforschungsinstitut HIS aus Hannover am Freitag veröffentlicht.

Die Forscher haben untersucht, wie viele derjenigen, die zwischen 2006 und 2007 ein Bachelorstudium aufgenommen haben, bis 2010 einen Abschluss in der Tasche hatten. Die Abbruchquoten seien „nicht als gering“ einzuschätzen, heißt es in der Studie. Im Vergleich zu den Studienanfängern der Jahre 2004 und 2005 ist der Anteil der Abbrecher sogar um drei Prozent gestiegen.

Das HIS interpretiert die Zahlen als Hinweis darauf, dass die Bologna-Reform den Hochschulen und Studierenden nach wie vor Probleme bereitet. Mit der Reform wurden die Studiengänge an den Hochschulen auf die zweistufigen Abschlüsse Bachelor und Master umgestellt. An den Fachhochschulen, die ihre Studienangebote früher als die Universitäten umgestellt haben, seien die Abbruchquoten daher auch niedriger.

So sank der Anteil der Studienanfänger, die nicht bis zum Bachelorabschluss durchhielten, an den Fachhochschulen von 39 Prozent auf jetzt nur noch 19 Prozent. An den Unis brechen dagegen 35 Prozent der Bachelorstudenten ab.

Die Abbruchquoten unterscheiden sich auch zwischen den Fächern. In den Ingenieurswissenschaften wirft fast jeder zweiter Student hin, in Mathematik und den Naturwissenschaften sind es 39 Prozent. Am geringsten ist die Abbruchquote mit 24 Prozent in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.

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14 Kommentare

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  • A
    Andreas

    Seht Euch einfach mal das angelsaechsische Studienmodell an - die Bachelors kommen nach Ihren 9 units als Absolventen aus der Uni (nach nur drei Jahren), sind aber noch Kinder. Schade, dass wir den Mist uebernehmen (muessen)!?

     

    Hier werden Halbwissende heranwachsen - die Folgeschaeden werden erst so in 10-20 Jahren sichtbar sein, wenn Generationen die Qualifikationen fehlen und wir dann chinesisch lernen muessen, um noch Schritt halten zu koennen...

     

    so ist das, wenn Politiker- Idioten ueber das hoechste Gut der Zivilgesellschaften entscheiden: die Erziehung und Ausbildung.

  • T
    Towanda

    @ Lehrer Lämpel: Sie bringen die Sache gut auf den Punkt. Ich habe eine ähnlich Erfahrung nach meinem Studium gemacht: Echte Reflektion und Geistesbildung und Wissen sind heute nicht oder kaum mehr gewünscht, sondern meistens eine stromlinienförmige und funktionale Ausbildung. Diese ist zwar auch wichtig, aber unter dem Verlust des "Humboldschen Bildungsideal" finde ich das zu mager. Besonder die Geistes- und Sozialwissenschaften leiden darunter.

  • P
    Paint.Black

    @ Tim O.

     

    Den Artikel gelesen? oder einfach mal drauflosgeschrieben?

     

    Aus welcher der gemachten Aussagen entnehmen Sie, dass die "Abbrecherquoten auffällig höher sind, gerade in den Fächern, die bevorzugt von Arbeiterkindern gewählt werden" ?

    Woraus entnehmen Sie das?

     

    Und anders: Wenn es denn so wäre, welches Licht wirft das auf das gesamte Bildungssystem hier in Deutschland?

     

    Und noch mal anders: Wieviele "Reichen-Sprösslinge" erkaufen sich z.B. ein Medizin(grund)studium in Ungarn, weil Ihr NC für die deutschen Unis nicht ausreicht? Um dann hier von Steuergeldern (sehr teuer!) weiter ausgebildet zu werden?

    Eine Strategie, die sich viele "arme" Kinder leider nicht erlauben können?

     

    Hier wird sich ständig über ein indisches Kastensystem etc. erhoben - und behauptet, dass wir hier das Maß der aufgeklärten Dinge seien - dabei funktioniert hier alles (mittlerweile wieder) genauso wie in den "rückständigen" Gesellschaften - nur etwas versteckter!

    Und dies ist verfassungswidrig! Aber - da wir ja noch nicht einmal ein verfassungsgemäßes Wahlrecht haben - stört es ja nicht weiter...

  • HL
    Herr Lehmann

    Schwerwiegende Mängel hat vor allem die voruniversitäre Ausbildung und Erziehung der Jugendlichen (= Schule + Elternhaus!), die dazu führt, dass nach Vorkenntnissen und Allgemeinbildung, aber auch nach der Arbeitseinstellung immer mehr an sich studierunfähige Studenten an die Universitäten kommen.

     

    Und natürlich ist es ein bildungspolitischer Selbstbetrug, zu statuieren, dass die Hälfte eines Jahrgangs in der Lage ist, ein Medizin-, Jura oder Ingenieurstudium (u.v.m.) erfolgreich zu absolvieren.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Eignung,Neigung ,Fähigkeit im Vorfeld abklären zu lassen

    Bevor man eine Ausbildung,hier im universitären Bereich beginnt,sollte im Vorfeld abgeklärt werden,ob Neigung,Eignung und Fähigkeit vorliegt.Jeder Studiumabbruch ist eiun Studiumabbruch zu viel.Auch Abbrecher sollten mit finanziellen Mitteln ein Stück belastet werden,im Bezug auf die Steuerzahler.Denn es geht nicht an ein Bäumchen/Bäumchen Wechselstudium zu führen.Meistens wird abgevbrochen,wenn gewisse Prüfungen bevor stehen.

  • DR
    Dr, rer. Nat. Harald Wenk

    Das liest sich so, als würden viel aufgrund des Bachelor gleich zur Uni gehen und dort mehr Schiffbruch erleiden.

     

    Ansonsten. Die Abbrecherquoten waren schonimmer seirt der Massenakadenmisierung (grob z. B. schreiben wier meh als 1 Milllion eingeschriebbenStudenten in der BRD, FH und UNIs zusammen). Allerdings waren sie meist nicht so recht herauszubekommen.

     

    Es wird "gesiebt". Schon "immer". Es ist natürlich ein Unding: In Mathematik und Naturwissnschaften sammeln sichschleislcihfast nut gute mathe/Physikleute, z.B.. Und dann stehen die plötzklich zu 40%, also fast die Hälfte, 5 und 6, 1er und 2er gewohnt.

     

     

    Duie hohen Abbruchsallquote ist "intentional". Sollte jeder Student für seine hochschulpolitische Strategie wissen. Auch für den Gang oder Nichtgang zum Psychologen oder weiter.

     

    Arbeitslosigkeit und Prekarisierung drückt die Lohne. Ja, die ist so um die 10 % (real, man hat ja die willfährigen Statistiker) durchaus "intentuional", entgegen aller Rheotrik. Siehe drüber.

  • D
    D.J.

    In meinem Bereich ist es oftmals so, dass wir sprachlos vor den Trümmern der Bildungspolitik einer bestimmten politischen Richtung in den letzten Jahrzehnten stehen: Funktionaler Analphabetismus bei zahlreichen Abiturienten. In solchen Fällen kann man nur zum Abbruch raten. Fazit: Das Heranzüchten studierunfähiger Abiturienten führt zwangsläufig zu einem solchen Effekt, da kann die Uni nicht den Wahn von Bildungsideologen ausgleichen können. Um es klarzustellen: Die Guten werden keinesfalls weniger, nur am "unteren Rand" erleben wir teils Unglaubliches: Der Ruf nach mehr Gleichheit erzeugt also eher das genaue Gegenteil.

  • J
    Justin

    Mag das vielleicht daran liegen, dass die Abituraufgaben immer leichter werden[1] und die Ersties deshalb immer schlechter vorgebildet das Studium beginnen?

    Irgendwann schlägt die Realität halt zu...

     

     

    [1] einfach mal die Abiturpüfungen in Mathe der letzten Jahre mit denen der 90ger vergleichen. Und dann am Besten noch Norddeutschland heute mit Süddeutschland vor 20 Jahren. Der Unterschied sollte jedem auffallen.

  • TO
    Tim O.

    Wenn die Abbrecherquoten auffällig höher sind, gerade in den Fächern, die bevorzugt von Arbeiterkindern gewählt werden, dann ist der Grund vielleicht nicht nur in der Umstellung auf den Bachelor zu suchen.

  • I
    Ingenieur

    Vielleicht liegt es aber auch daran, dass das Abitur heute nichts mehr wert ist und die Studenten daher den Anforderungen einfach nicht gewachsen sind. Wenn man sieht, wie hoch der Anteil eines Jahrgang ist, der Abitur und damit die allgemeine Hochschulreife erlangt, denn müssen die Schüler in den letzten 20 Jahren entweder sehr viel klüger, oder die Anforderungen sehr viel geringer geworden sein.

    Natürlich ist die Bologna-Reform unausgereift und kurzsichtig gewesen. Es scheint fast so, also hätte man mittendrin aufgehört zu reformieren. Das in Kombination mit schlechter schulischer Vorbereitung reicht denn eben nicht. Oder zumindest nicht außerhalb der "Laberfächer", die ja sowieso mehr der Selbsfindung dienen.

  • H
    HCBresson

    Abbruchquoten von über 50% im Maschinenbau gab es schon vor 30 Jahren. Viele stellen sich etwas anderes unter diese Studium vor, die Mathematik ist auch anspruchsvoll. Ohne Matheleistungskurs wird es meist nichts. Was ist denn nun neu?

  • KS
    Karl-Michael Schindler

    Die Abbruchquote allein ist denkbar schlechtes Kriterium, weil die sich durch geringere Anforderungen leicht ändern lässt, ohne dass die Studienbedingungen verbessert werden. Eine höhere Eingangshürde ist zum einen praktisch schwierig und allgemein auch nicht wünschenswert, weil viele nach dem Abitur nicht wirklich eine Vorstellung davon haben, was auf sie zu kommt und ob das ausgewählte Fach das richtige ist oder nicht und deshalb erstmal "reinschmecken" können sollen. Allerdings braucht es dann im 1. und 2. Semester entsprechende Prüfungen, die das Anspruchsniveau deutlich machen. Wichtiger als die generelle Abbruchquote ist, wann der Abbruch erfolgt. Denn wenn der Abbruch im 1. oder 2. Semester erfolgt, hat man große Chancen, das eine oder andere anerkannt zu bekommen, vor allem wenn der Abbruch nur ein Wechsel in eine Nachbardisziplin ist. Die Quote sagt ja auch überhaupt nichts darüber aus, ob und wie Studienanteile oder -leistungen (z.B. ein bestandener Mathekurs oder ein bestandenes Praktikum) wo anders eingebracht werden konnten. Ein Abbruch und Wechsel im 1. oder 2. Semester ist etwas völlig anderes als ein Abbruch kurz vor dem Abschluss. Darüber hinaus stellt sich natürlich die Frage nach dem Nutzen eines Abschlusses, mit dem man kaum Chancen auf eine Anstellung mit angemessener Bezahlung hat.

  • LL
    Lehrer Lämpel

    Der Grund für die hohe Abbrecherquote dürfte bestimmt nicht nur in dem Baxchelor/Masterstudienmodell liegen. Hohe Abbruchsquoten lassen immer auf schlechte Vorbereitung zum Studium schließen. Abgesehen vom Mathematikstudium, wo auch schon zu meiner Zeit 30% der Mathematikstudenten endgültig das Handtuch warfen, die Studierenden verfügen ja nicht über die Voraussetzungen zu einem anspruchsvollen Studium. Die maßlose Arroganz der Kultusminister, dass sie allein in der Lage sind zu beurteilen, welche Voraussetzungen zur Studienreife gegeben sein müssen, ist dafür verantwortlich, wenn soviele Studenten scheitern. Das Abitur reicht zwar für solche Pipifax-Studiengänge wie Jura & Medienwissenschaften, selbst die Diplom-Koofmichs brauchen noch jede Menge Nachhilfe in Mathematik, damit sie die Anfangssemester überstehen.

     

    Als diplomierter Naturwissenschaftler und Gymnasiallehrer sehe ich mit Grauen, wie wenig die Schüler heute noch lernen dürfen. Es reicht für einen erweiterten Realschulabschluss, aber nicht zur Aufnahme eines Studiums der Natur- oder Ingenieurswissenschaften. Kein Wunder, dass die Betroffenen aufgeben - meist ist das nicht ihre Schuld.

     

    Leider sind meine verbeamteten Kollegen zu feige gewesen diesem Politikerwahnsinn Einhalt zu gebieten. So konnte die Bertelsmann-Stiftung die Richtlinien für das Abitur in Deutschland ausarbeiten. Diese jedoch orientieren sich nur an handwerklichen Voraussetzungen, die ein unbedarfter, williger Angestellter mitbringen muss, um Aufgaben von etwas höherem Niveau abzuarbeiten.

     

    Mein Beileid genießen jene jungen Leute, die als "verkrachte Studenten" nun mit einem Knick im Lebenslauf aufwarten. Dazu fällt mir ein; "verkracht" bedeutet im Niederländischen soviel wie "vergewaltigt" Diese Studenten sind von einem neoliberalen Herrschaftssystem verkracht worden, das eine panische Angst vor Bildung besitzt, weil gebildete Menschen die eigenen Pfründe gefährden könnten.

  • T
    Tigger

    Klar hat das B/M Studium einen Mangel: Zeitmangel.

    Studieren heißt auch sich Zeit nehmen und sich mit Dingen auseinanderzusetzen. Solange wirtschaftliche Einflüsse weiter auf die Lehre drücken, wird es auch nicht besser werden.