Innenpolitik: Innensenator will keine Kinder einbürgern
Flüchtlings-Kinder warten immer noch auf Erleichterungen bei der Einbürgerung: Erneut ignoriert der Innensenator einen entsprechenden Beschluss der Bürgerschaft.
Zum zweiten Mal hat der Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) einen Parlamentsbeschluss zur erleichterten Einbürgerung von Kindern ignoriert. Das hatte die Bürgerschaft Anfang Juli beschlossen, es sollte ein weiterer Schritt in Richtung Integration sein. „Voll ausschöpfen“ sollte der Innensenator die rechtlichen Spielräume. Nach Kritik von SPD, Grünen und Linken soll nun eine neue, mittlerweile dritte Fassung eines Erlasses erarbeitet werden. Ob die bis Anfang September vorliegt, ist noch nicht klar. Erst dann kann die Innendeputation dem Erlass zustimmen.
Die Verwaltungs-Anweisung aber braucht es, wenn für die Kinder vor den Schreibtischen der Einbürgerungs-Beamten nicht alles bleiben soll, wie es ist: Also alle ein bis zwei Jahre darum zu bangen, ob der Aufenthaltsstatus ein weiteres Mal verlängert wird, der Pass noch gültig ist oder sich gar die zynische Frage stellen zu müssen, ob die Mutter noch krank genug ist, damit die Familie „aus humanitären Gründen“ bleiben darf, wo sie seit Jahren lebt und wo die Kinder aufgewachsen sind.
2010 hatte Innensenator Mäurer durch einen viel gelobten Erlass ermöglicht, gut integrierten Kindern und Jugendlichen aus humanitären Gründen mit einem Aufenthaltsstatus aus der unsicheren Situation der Duldung zu verhelfen. Für den nächsten Schritt aber lässt das Innenressort sich nun bitten: Erst sollten nur Jugendliche ab 16 Jahren leichter eingebürgert werden. Nach Kritik zog der Innensenator die Vorlage zurück. Die zweite Fassung nun gilt immer noch nicht für Kinder jeden Alters. Darin heißt es: „Junge Ausländerinnen und Ausländer, die eine aus humanitären Gründen erteilte Aufenthaltserlaubnis besitzen, können ab sofort eingebürgert werden, wenn sie das 12. Lebensjahr vollendet haben“.
Das Hin und Her mit dem Innenressort nennt der grüne Innenpolitiker Björn Fecker „einen mühsamen Kampf“. Die zweite Vorlage sei eine Verbesserung, aber bei Weitem noch nicht das, was der Bürgerschaftsantrag fordere, nämlich: „dass Kinder unabhängig vom Alter ein Anrecht auf die deutsche Staatsbürgerschaft haben“.
Für Rolf Gössner, parteiloses Mitglied der Linkspartei in der Innendeputation, ist die Altersgrenze für Kinder „willkürlich“ und „nicht gerechtfertigt“: „Mit der Vorlage des Innenressorts werden die Kinder aufgesplittet, dafür gebe es keine Begründung“, so Gössner. Er kann nicht nachvollziehen, warum aus dem Innenressort dauernd Einschränkungen gemacht werden.
Selbst in Mäurers eigener Partei herrscht Unzufriedenheit: „So werden wir es nicht mitmachen“, sagt Sükrü Senkal, Innenpolitiker der SPD-Fraktion. „Unser Fokus ist es, die Kinder einzubürgern, den sehen wir in dieser Vorlage noch nicht.“ Auch wenn alle Entwürfe die Situation verbessern und es viele rechtliche Fragen auch in Bezug auf die herrschenden Bundesgesetze gebe: „Wir berufen uns auf die UN-Kinderrechtskonvention und die ist weitergehend“, so Senkal.
Dass die Einbürgerungsstelle des Stadtamtes endlich anfangen kann, seinen zahlreichen Mandanten zur deutschen Staatsangehörigkeit zu verhelfen, darauf wartet auch der Bremer Anwalt Jan Sürig. Erst ein Erlass weist die Stadtamt-MitarbeiterInnen etwa an, von Kindern für eine Einbürgerung nicht mehr den Nachweis zu fordern, dass sie ihren Lebensunterhalt selbstständig bestreiten können. Für ihn ist es eine „hartnäckige Weigerung“ des Innensenators, die erleichterte Einbürgerung von Kindern umzusetzen, „ein Machtkampf gegen das Parlament, der auf dem Rücken von Kindern ausgetragen wird“, so Sürig.
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