piwik no script img

Berlin-FriedrichshainEin Mieter sticht zu

Kurz vor seiner Zwangsräumung verletzt ein 51-Jähriger seine Vermieter lebensgefährlich.

Blutige Eskalation: Am Montag hat ein Mann in der Friedrichshainer Simon-Dach-Straße seine beiden Vermieter mit einem Messer lebensgefährlich verletzt – kurz bevor seine Wohnung zwangsgeräumt werden sollte.

Der 51-Jährige war im Hausflur den Vermietern begegnet – einem Ehepaar, beide 66 Jahre alt – und mit diesen in Streit geraten. Schließlich zog er ein Messer und verletzte beide schwer. Dann ging der Mann zurück in seine Wohnung, offenbar um diese unbrauchbar zu machen: Er öffnete die Wasserhähne und legte Feuer. Als alarmierte Polizisten eintrafen, ließ sich der Mann widerstandslos festnehmen – er saß im Hausflur. Die Brände wurden gelöscht, größerer Schaden entstand nicht.

Laut Polizei war der Täter strafrechtlich „nur mit Kleinigkeiten“ aufgefallen. Die Zwangsräumung sei wegen nicht bezahlter Mieten veranlasst worden, die Wohnung soll verwahrlost gewesen sein. Die Mietpreise in der Simon-Dach-Straße sind zuletzt beständig gestiegen.

Zahlen über Zwangsräumungen werden in Berlin nicht gebündelt erhoben. Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, geht „aufgrund der drastisch steigenden Mieten“ von einem Anstieg in den letzten Jahr aus. Betroffene befänden sich meist in auswegslosen Situationen, so Wild. Sie fürchteten Obdachlosigkeit, empfänden die Räumung als entwürdigend. Auch jetzt vermutet Wild eine „Verzweiflungstat“.

Im Friedrichshainer Fall ermittelt die Mordkommission. Erst im Juli hatte in Karlsruhe ein 53-Jähriger bei einer Zwangsräumung vier Menschen und sich selbst erschossen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
  • L
    Leserin

    Super Beitrag! Danke für den Hintergrund.

  • MI
    Mensch in Wohnung

    @ ach echt?

     

    Echt. Es sei denn, jemand beharrt auf seinen Lebensgewohnheiten und geht keine Kompromisse ein wie zum Beispiel:

     

    - Ich schlafe nicht mit anderen Menschen in einem Raum.

     

    - Meine Daten bekommt niemand, SozialarbeiterInnen erst recht nicht.

     

    - Ich habe schon immer bei Edeka eingekauft und dabei bleibts!(Die Marke trägt übrigens immer noch "Kolonial" in ihrem ausgeschriebenem Titel)

     

    - Lasst mich alle in Ruhe!

     

    - Ich bin trotzig und uneinsichtig; ich lebe lieber auf der Straße als mir eigene Fehler beim Wirtschaften einzugestehen

     

    - Ich muss in einem "Szenekiez" wohnen!!! No way.

     

    - Der Staat ist immer schlecht und daher nehme ich nicht, was er mir freiwillig gibt.

     

    - Was denn, Flaschensammeln ist doch geil! Auf der Straße spielt das Leben! Ihr Höhlenmenschen!

  • S
    Schade

    Er hätte lieber die ganze Simon-Dach-Strasse raus schmeissen sollen, denn das ist nicht mehr Berlin.

  • M
    Miethai

    Bitte mal genau lesen, bevor wieder die Verdraengungskeule rausgeholt wird. Von einer MietERHOEHUNG, die den Taeter betrifft, sagt der Artikel gar nichts. Er vermengt die Story nur (vermutlich bewusst zur Meinungsmache) mit dem steigenden Niveau bei Neuvertraegen.

     

    Hier scheint der Mieter seine vertraglich vereinbarte Miete (ohne jede Erhoehung) nicht gezahlt zu haben. Selber Schuld, hat nichts mit Mietsteigerungen zu tun. Immerhin, der einzige fast schon makabre Trost fuer die Vermieter ist, dass sie von einem Nachfolgemieter ein wenig mehr werden verlangen koennen...

  • AE
    ach echt?

    "Hohles Gebrabbel. In Deutschland wird man nicht so ohne Weiteres Obdachlos. Und es dauert ewig, bis eine Wohnung geräumt werden kann (zum Glück - sage ich aber als Nichtvermieter)."

     

    achja? eigentlich geht das relativ schnell, insbesondere wenn man von behörden abhängig ist. und es dauert inzwischen auch nicht mehr ewig.

  • C
    cengiz

    Aufwertung heißt in der Regel Verdrägung einkommensschwacher Menschen. Auch wenn der Vorgang staatlich Gedeckt ist, weil der Senat den Prozess subventioniert, um das Geld nach Berlin zu holen, bleibt es ein massenhafter gewaltsamer Eingriff in die Leben von tausenden Menschen.

     

    Dass da auch mal einer durchdreht, wenn er ohnmächtig aus seinem Heim geschmissen wird, war nur eine Frage der Zeit. Was nützt es klagen zu können, wenn man als durchschnitts-Niedriglohnverdiener dem Druck doch letztendlich hilflos ausgeliefert ist und nach Jahrzehnten aus seinem Wohnumfeld fliegt. Ist vielleicht auch eine Frage des Einkommens, bzw. der Privilegien, ob man versteht, was es heißen kann, eine 20-prozentige Mieterhöhung aufgebrummt zu bekommen. Dank massenhaft unsozialer Wohnraumpolitik wird es solche Tragödien in Zukunft noch weit öfter geben.

  • L
    Luise

    Höchste Zeit, dass die Zwangsräumungszahlen in Berlin endlich erhoben werden, damit man das soziale Elend endlich mal klar sieht.

     

    Natürlich ist es nicht akzeptabel, Vermieter bei Zwangsräumungen tätlich anzugreifen!

     

    Nicht akzeptabel ist auch das Nichtstun des "sozialdemokratisch" dominierten Senats gegen die steigenden Mieten, den mangelnden sozialen Wohnungsbau und den Ausverkauf Berlins u.a. an steuerhinterziehende reiche griechische Immobilieninvestoren!

     

    Taz-Zitat:

    "Zahlen über Zwangsräumungen werden in Berlin nicht gebündelt erhoben. Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, geht „aufgrund der drastisch steigenden Mieten“ von einem Anstieg in den letzten Jahr aus"

  • G
    Gebrabbel

    Soso, nicht der Mörder ist schuld, sondern die (fast) Ermordeten.

     

    "Betroffene befänden sich meist in auswegslosen Situationen, so Wild. Sie fürchteten Obdachlosigkeit, empfänden die Räumung als entwürdigend. Auch jetzt vermutet Wild eine „Verzweiflungstat“."

     

    Hohles Gebrabbel. In Deutschland wird man nicht so ohne Weiteres Obdachlos. Und es dauert ewig, bis eine Wohnung geräumt werden kann (zum Glück - sage ich aber als Nichtvermieter).