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Wahlkampfgeschenk für Obama„Legitime Vergewaltigung“

Der Republikaner Todd Akin löst in den USA mit verqueren Äußerungen zu Vergewaltigungen einen Sturm der Entrüstung aus. Selbst das eigene Lager ist entsetzt.

Mit seiner verqueren Ansicht von „legitimen Vergewaltigungen“ hat sich Republikaner Todd Akin viele Feinde gemacht. Bild: dapd

WASHINGTON taz | „Ich bin kein Schlappschwanz,“ sagt Todd Akin. Trotz immer lauter werdender Aufforderungen aus der Republikanischen Partei hält er am Dienstagmorgen noch an seiner Kandidatur für den US-Senat fest. In einem gleichzeitig veröffentlichten Interview entschuldigt er sich für seine „falschen Worte“. Und bittet um Vergebung der Wähler. „Vergewaltigung“, korrigiert sich der Kandidat im Bundesstaat Missouri am Dienstagmorgen, „ist böse. Sie kann zu Schwangerschaft führen.“

Akin hatte am Sonntag mit einem Interview mit einem Fernsehsender in St. Louis (Missouri) eine Protestlawine losgetreten. Er behauptete, eine Schwangerschaft sei nach einer „legitimen Vergewaltigung“ sehr selten. Der weibliche Körper, so Akin, habe Wege, „das ganze Ding auszuschalten“. In jedem Fall sprach er sich gegen eine Abtreibung aus. „Irgendeine Bestrafung“, solle es geben, sagte er.

In der heißen Phase des US-Wahlkampfes schlug das Interview von Akin wie eine Bombe ein. Führende RepublikanerInnen gingen auf Distanz. Präsidentschaftskandidat Mitt Romney nannte Akins Interview „unentschuldbar und einfach falsch“.

Aus Massachusetts sagte der republikanische Senator Brown, es sei „empörend, unpassend und falsch“, und forderte Akin auf, seine Kandidatur aufzugeben. Aus Texas kündigte der Koordinator des republikanischen Senatswahlkampfes an, Akin den Geldhahn zuzudrehen. Auch der Texaner John Cornyn forderte Akin zum Verzicht auf seine Kandidatur auf. GynäkologInnenverbände erklärten, Akins Worte seien aus medizinischer Perspektive falsch.

Wahlkampfgeschenk für Demokraten

Bei den DemokratInnen nutzte Präsident Barack Obama Akins Interview für einen seiner seltenen Auftritte im Presseraum des Weißen Hauses. „Eine Vergewaltigung ist eine Vergewaltigung“, sagte der Präsident scharf. Und in Missouri kritisierte die demokratische US-Sentatorin Claire McCaskill ihren Herausforderers. McCauskill ist eng mit Obama verbündet. Ihre Wiederwahl im ländlich-konservativen Missouri war zuletzt gefährdet. Jetzt kann sie wieder hoffen.

Der 65-jährige Akin ist kein Neuling in der Politik. Er sitzt seit fünf Legislaturperioden im Abgeordnetenhaus. Und er ist ein Favorit der radikalen AbtreibungsgegnerInnen. Er sprach sich bei sämtlichen Gelegenheiten gegen jede Form von Abtreibung aus – selbst bei Vergewaltigung und Inzest.

Damit ist er nicht weit von den Positionen führender RepublikanerInnen entfernt. Auch Vizepräsidentschaftskandidat Paul Ryan ist ein erklärter Abtreibungsgegner unter allen Umständen. Er stimmte Gesetzen zu, die den Transport von minderjährigen ungewollt Schwangeren zu einer Abtreibung in einen anderen Bundesstaat verhindern sollen.

Bei dem neuen Streit über „legitime Vergewaltigung“ und das Recht von Frauen auf Selbstbestimmung, weniger als 100 Tage vor den Wahlen, geht es um sehr viel mehr als den Senatssitz für Missouri. Schon der wäre wichtig für eine etwaige Umkehrung der Mehrheitsverhältnisse im Senat, wo gegenwärtig noch die DemokratInnen eine knappe Mehrheit haben.

Doch Akins Worte können Auswirkungen auf Wählerinnen im ganzen Land haben. Frauen sind eine der meistumworbenen WählerInnengruppen. Schon vor Akins Worten zeigten alle Umfragen, dass Frauen eher zu einer Stimmabgabe zugunsten von Präsident Obama neigen. Deswegen sehen sich republikanische Spitzenpolitiker wie Romney und Brown gezwungen, sich von ihrem Hauptthema – der Wirtschaftspoiltik – abzuwenden, um Akin zurechtzuweisen.

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17 Kommentare

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  • A
    Anna

    Schlimmer als schlechte Grammatik und Schreibfehler finde ich Übersetzungsfehler oder Missverständnisse. "Legitime Vergewaltigung" sollte zumindest erklärt werden, was Herr Akin damit gemeint hat. Wenn er Vergewaltigungen als wirklich "legitim" betrachtet wäre das doch der eigentliche Skandal. Da es aber um seine konfuse und falsche Äußerung ging, dass Frauen die Fähigkeit hätten, Abtreibungen auf natürliche Weise selbst herbeizuführen, wenn sie vergewaltigt wurden, nehme ich an, dass die Übersetzung falsch war. Wäre ja interessant, wenn Frauen das könnten, einfach durch Gedankenkraft ungewollte Schwangerschaften abzubrechen. Aber dann würde Herr Akin den Frauen wahrscheinlich einen Chip einmontieren, um das Denken zu beeinflussen. Der Körper der Frau soll seiner Meinung nach ja schon Allgemeingut sein, die Gedanken wären dann auch kontrolliert.

  • N
    noevil

    Vielleicht könnte Todd Akin einmal erklären, was er unter einer "legitimen Vergewaltigung" versteht.

     

    Über den unbeschreiblichen Schwachsinn, der den kläglichen Rest seines Interviews in Richtung der körpereigenen Abwehr einer Schwangerschaft nach Vergewaltigung kann ich mich gar nicht erst auslassen, wenn ich nur an die ungezählten Frauen im ehemaligen Yugoslawien denke, die ohnehin in den Augen ihrer Familien ihre Ehre verloren hatten. Was eine solche dumm-dreist-bornierte Behauptung in den Köpfen nicht nur unaufgeklärter Frauen, ihrer Familienangehörigen und möglicherweise auch in der Fantasie potentieller Gewalttäter auslösen könnte, darf man sich gar nicht vorstellen....

     

    Da kann ich für die eifrige Diskussion über diverse grammatikalische Ansichten in dem Artikel nur ein kleines Stirnrunzeln erübrigen. Habt Ihr nichts Wichtigeres zu tun als mal wieder Oberlehrer zu spielen?

     

    Besser, man hätte sich mit dem Inhalt befasst.

    Tröstlicherweise gab es da ja wenigstens einige Wenige..

  • L
    Lena

    "Legitime" Vergewaltigung... Legitim..

     

    Bitte was?!?

  • J
    Johann

    Einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich Euch!

    Und schon geht das gewohnt bissige Gekeiffe und Gezicke der LeserInnengruppen auf den Komentarseiten der taz los...

    Diesmal, man glaubt es nicht, um Doppelmoppelweibchen. Das verspricht ein amüsanter Tag zu werden. Mehr davon!

  • T
    T.V.

    ...und seine Rente wird dann in Zukunft von den Demokraten bezahlt.

  • E
    emil

    @andreas

     

    wie würdest du es denn formulieren um dem schwachsinn zu entgehen?

     

    -->

    Frauen sind eine der meistumworbenen Wählergruppen.

    suggeriert, dass es nur wähler aber keine wählerinnen gibt, ein kleines paradoxon!

     

    -->

    Frauen sind eine der meistumworbenen Wählerinnengruppen.

    suggeriert, dass es nur wählerinnen gibt, was nicht zutreffend ist.

     

    wo ist also genau das problem? männliche sprachdominanz in gefahr? ;)

  • A
    Artemis

    Tja deviant…

    nicht alle erkennen die Aussage eines anderen Posts.

     

    Denk nochmal drüber nach, warum in dem Kommentar steht, dass sie einen Lektor einstellen sollen. (Kleiner Hinweis es geht um das Wort mit "Wähler" und "Gruppen" in das "Innen" nun überhaupt nicht passt…)

  • C
    Christine

    Interessant dazu ist eine sprachliche Klarstellung: http://www.scilogs.de/wblogs/blog/sprachlog/sprachgebrauch/2012-08-20/legitimes-befremden

    Die Sache wird dadurch natürlich nicht besser.

  • W
    Wolf

    Er redet wahrscheinlich von "WählerInnengruppen", nicht von der Denkweise. Mich stören die paar Buchstabendreher und Fehlerchen, die es im Artikel gibt, zwar auch nicht wirklich aber etwas unseriös ist es schon.

  • Y
    Yannick

    Deviant,

     

    wenn die Frauen im Gesamten eine Wählergruppe sind, dann sind die Männer im Gesamten doch auch eine (alles andere wäre doch Sexismus oder?). Ergo sind die Frauen in dieser Unterteilung eine von nur zwei Wählergruppen und somit logischerweise "eine der meistumworbenen". Allein dadurch ist der Satz schon schwachsinnig, weil unnötig.

    Hinzu kommt die Idiotie das Wörtchen "Wählergruppe" zu gendern, bedeutet das doch, dass es diverse Wählergruppen gibt, die je nachdem weiblich oder männliche "Mitglieder" haben können. Laut diesem Satz gibt es für Frauen aber nur eine Wählergruppe.. irgendwie vertrackt das Ganze, finden Sie nicht?

     

    Schön, dass Sie dennoch die Zeit gefunden haben den Kommentator Andreas in eine rechte, erkonservative Ecke zu stellen. Das zeigt ganz klar: Sie stellen das Denken nicht leichtfertig ein!

  • A
    Annika

    Nicht erstaunlich eigentlich, aber trotzdem regt mich so was immer wieder auf. Fast so schlimm, wie der Polizist der letztes Jahr in Kanada sagte, dass sich eine Frau nicht zu wundern braucht, dass sie vergewaltigt wird, wenn sie nuttig herumläuft (und damit den Slutwalk auslöste).

    Ich habe mehrere Monate im republikanisch geprägten Virginia gewohnt, da sind Homosexuelle eklig, in den High Schools wird Schöpfungsgeschichte anstatt Biologie unterrichtet und Alkohol und Sex sind tabu (letzteres nur vor der Ehe). Moslems sind das Übel der Welt, am Sonntag geht man in die Sonntagsschule nach der Kirche und wen wundert's da noch, dass natürlich auch Abtreibungen einen in die Hölle bringen.

    Totaler Schwachkram.

  • R
    Raimund

    lieber andreas:

    "uns stellt vielleicht einen Lektor ein" ist schon eine geile Stilblüte...

     

    Was der Artikel jedoch - wie zu viele Publikationen zum Thema - vermissen lässt ist eine Auseinandersetzung mit dem Begriff "legitimate".

    Der kann nämlich nicht nur als"legitim" übersetzt werden sondern auch mit "tatsächlich" oder "rechtmäßig".

    Davon nur eine Übersetzung rauszusuchen ist fast bisschen zu kurz gegriffen.

    Übrigens gibt es einen echt lesenswerten Artikel zu genau dem Thema:

    http://www.scilogs.de/wblogs/blog/sprachlog/sprachgebrauch/2012-08-20/legitimes-befremden

  • C
    Collembola

    Tja, Deviant... mit dem Denken hat es nicht jeder. Sonst würde konsequenterweise auf dieser Seite des Artikels über US-RepublikanerInnen im See Genezareth geschrieben, über RepublikanerInnen für Radikale etc.

     

    Wie bedauerlich, dass Negatives nie als weiblich gekennzeichnet wird. Und nebenbei hat Andreas absolut recht. Da ist der militante Feminismus mit dem AutoIn durchgegangen.

  • L
    lotus

    Deviant,

     

    womöglich ging es Andreas um einen weißen Schimmel?

    Oder verstehe ich das "Innen" immer noch nicht?!

     

    "Frauen [...] Wählergruppen" = Frauen sind gemeint

    "Frauen [...] Wählerinnengruppen" = Frauen sind gemeint (in doppelter Ausführung...)

    "Frauen [...] WählerInnen" = Frauen sind gemeint aus der Anzahl von weiblichen und männlichen Wähler (...auch doppelte Ausführung?! Ja ich bin verwirrt.)

     

    Grüße

  • A
    AntiFunt

    Kluger deviant, welche anderen Gruppen als Frauen gibt es denn noch, wenn man das Geschlecht als Kriterium nimmt?

     

    Männer und Transleute.

    Macht zwei weitere Gruppen, wobei Transleute mengenmäßig dann doch eher weniger sind.

    Dass also eine von 2 Gruppen eine der meistumworbenen ist, könnte zwingend erwähnenswert oder schlicht - offensichtlich sein.

     

    Aber lassen Sie sich in Ihrem Penishaß nicht bremsen, Sie kämpfen schließlich für das Gute!

     

    Gruß an den Zensor.

  • D
    deviant

    Tja Andreas...

    nicht alle können nur um männliche Weiße werben.

     

    Denk mal drüber nach und stelle vielleicht das Denken nicht leichtfertig ein.

  • A
    andreas

    liebe taz,

     

    Saetze wie " Frauen sind eine der meistumworbenen WählerInnengruppen. " sind Schwachsinn. Absoluter Schwachsinn. Denkt mal darueber nach uns stellt vielleicht einen Lektor ein. Danke.