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Kommentar StrompreisdebatteAltmaiers Dilemma

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

„Bezahlbare Strompreise“ für alle wird es so nicht geben. Der Umweltminister muss entweder die Industrie beteiligen oder Geringverdiener unterstützen.

D ass die Debatte über steigende Strompreise derzeit so gewaltig anschwillt, ist mit rationalen Fakten nicht zu erklären. Bisher zahlt ein Vierpersonenhaushalt etwa 12 Euro monatlich für die Förderung von Ökostrom, 2013 werden es voraussichtlich 16,60 Euro sein. Wenn die Preise für Monatskarten oder Lebensmittel in diesem Umfang steigen, interessiert das kaum jemanden – doch wenn es um Strom geht, entdecken alle möglichen Akteure ihr Herz für die Geringverdiener.

Dass es sich dabei um eine Kampagne handelt, die die Energiewende insgesamt infrage stellen soll, ist offensichtlich. Die großen Energiekonzerne, die um ihre Macht fürchten, werden dabei fleißig unterstützt von Teilen der Industrie – obwohl deren Strompreise eher gesunken als gestiegen sind – und einigen Verbraucherschützern, die in den Energiekosten ein neues Profilierungsfeld sehen. Ob diese Kampagne Erfolg haben wird, ob es gelingt, das Image der erneuerbaren Energien von einer umweltfreundlichen Erfolgsbranche zu gefährlichen Kostentreibern zu verändern, ist zweifelhaft. Klar ist nur, dass das Thema im Wahlkampf eine zentrale Rolle spielen wird.

Davon profitieren werden die Grünen, die im Wesentlichen das bisherige System verteidigen und dabei die Mehrkosten gerechter verteilen wollen. Die Gegenposition ist vor allem durch die FDP besetzt, die das bisherige Gesetz mit seinen garantierten Einspeisetarifen infrage stellt und sich als Anwalt von Verbrauchern und Industrie präsentiert.

taz
Malte Kreutzfeldt

ist Parlamentskorrespondent der taz mit Schwerpunkt Wirtschaft und Umwelt. Er twittert unter MKreutzfeldt.

Ein Dilemma zeichnet sich hingegen für die Union ab. Weil sie die Energiewende zu einem Schlüsselprojekt erklärt hat, kann sie sie nicht ohne Weiteres infrage stellen – und braucht demzufolge auch ein Konzept, wer die weiter steigenden Kosten tragen soll. Doch Umweltminister Peter Altmaier hat „bezahlbare“ Strompreise für Verbraucher und Industrie zu seiner „höchsten Priorität“ erklärt – was sich als gefährlicher Fehler erweisen dürfte.

Denn wenn er die Energiewende nicht stoppen will, muss er die Kosten entweder zum Teil aus Steuern finanzieren oder Geringverdiener unterstützen. Beides dürfte am Finanzminister scheitern. Oder die Industrie wird endlich an den Kosten beteiligt. Oder die Mehrkosten für Verbraucher werden für „bezahlbar“ erklärt. Allen alles versprechen, ohne jemanden zu belasten, wird jedenfalls auf Dauer nicht funktionieren.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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1 Kommentar

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  • DQ
    Der Querulant

    Wie im Beitrag schon richtig anklang, werden die Pfründe bald neu verteilt - an die Monopolisten. Die Chance, auf Dauer bezahlbare Energie für das Volk sicherzustellen, wird vergeben werden.

     

    Die Kosten der Energiewende, so sie denn überhaupt existieren müßten, trägt wie immer der gemeine Bürger. Bei den Monopolisten fließen die Milliardengewinne weiter wie bisher. Allem ökologischen Sinn entgegengesetzt bezahlt wenig, wer viel verbraucht. Innovative Anreize bleiben so aus. Aber auch Standorte erzeugen unnötige Kosten. Windräder in den Bergen, für einen Bayern undenkbar. Dann doch besser Leitungen längs durch die Republik. Und das unternehmerische Risiko, das soll wie bei der Atomenergie der Bürger tragen, der mit absurd teurem Strom die Gewinne der Monopolisten sicherstellt.

     

    Und wenn ich mir dann noch Gas und Öl ansehe, dann bin ich eigentlich sehr dafür, den gesamten Energiesektor zu verstaatlichen. Eigentlich. Denn an den Energiesteuern erkenne ich überdeutlich, daß hier zusammenkam, was augenscheinlich zusammengehört: Unfähige oder korrupte Politiker, Lobbyisten und gierige Kapitalisten. Und so muß ich einsehen, daß mit solchen "Eliten" kein Staat zu machen ist. Jedenfalls keiner, mit dem ich mich identifizieren könnte.