Parteitag der Republikaner in Florida: Alles Obamas Schuld!
Vizekandidat Paul Ryan begeistert den republikanischen Parteitag. Mit seiner von Halbwahrheiten gespickten Rede fährt er eine direkte Attacke gegen Obama.
TAMPA taz | Wer vor vier Jahren Sarah Palin genossen hat, wird sich auch mit ihrem Nachfolger amüsieren: Paul Ryan hat seinen ersten großen Auftritt als Vizepräsidentschaftskandidat von Mitt Romney zu einer offenen Attacke gegen Barack Obama genutzt.
In einer von zahlreichen Halbwahrheiten und einigen echten Lügen gespickten Rede machte Ryan am Mittwochabend in Tampa den US-Präsidenten für sämtliche wirtschaftlichen Übel des Landes verantwortlich – von dem hohen Defizit über die Krise des Immobilienmarktes, die Arbeitslosigkeit und das Downgrading der US-Kreditwürdigkeit bis hin zur Schließung einer Autofabrik in seiner eigenen Heimatstadt.
Das – mehrheitlich grauhaarige – Publikum empfing den zwei Wochen zuvor von Romney ernannten Vizepräsidentschaftskandidaten aus Wisconsin mit großzügigem Beifall. Der 42-Jährige stellte seine Familie – Gattin, drei Kinder und Mutter – vor. Kokettierte mit seiner Jugend und seinem Generationsunterschied zu Romney.
US-Präsident Barack Obama hat für die US-Staaten Louisiana und Mississippi den Notstand ausgerufen, nachdem das Sturmtief "Isaac" mit Dauerregen weite Landstriche unter Wasser gesetzt hatte. Damit können diese Staaten nun Hilfen der Bundesregierung in Washington beantragen. "Isaac" war am Dienstag als "Hurrikan" vom Golf von Mexiko kommend an der Küste von Louisiana und Mississippi auf das Festland getroffen und hatte danach schnell an Stärke verloren. Vielerorts regnete es aber ununterbrochen.
In New Orleans waren die Straßen zwar menschenleer, während Sturm und Regen über die Stadt zogen, aber das nach Hurrikan "Katrina" seit 2005 runderneuerte System aus Deichen, Wällen und Pumpen hielt stand. Nördlich und südlich der Stadt mussten aber Gebiete wegen der schnell steigen Wasserstände evakuiert werden.
New Orleans hatte vor allem mit Stromausfällen zu kämpfen, der Wind hatte die Überlandleitungen heruntergerissen. In der Region waren zeitweise bis zu 700.000 Menschen ohne Strom. (dapd)
Sich selbst beschrieb er als jemanden, der sein Leben auf „amerikanische Art“ in die Hand nimmt und selbst denkt und entscheidet. Sein Politikverständnis definierte Ryan so: „Unsere Rechte kommen von der Natur und von Gott. Nicht von der Regierung.“ Sein Dogma sind: „freie Menschen und starke Unternehmen“.
„Wir werden nicht vor toughen Maßnahmen zurückschrecken“, kündigte Ryan an. Und ließ durchblicken, was dem Land blüht, wenn das Tandem Romney & Ryan im November die Wahlen gewinnt: massive Sparmaßnahmen im Sozial- und Erziehungsbereich, radikale Steuersenkungen für SpitzenverdienerInnen und Privatisierungen der verbleibenden öffentlichen Sozialversicherungs- und Gesundheitssysteme.
Doch anstatt in Details über seine Pläne für die Zukunft zu gehen, versuchte Ryan seine eigene Mitverantwortung als der bisherige führende Haushaltspolitiker der RepublikanerInnen im Kongress für die Probleme der Gegenwart zu kaschieren. Während die Schuldenuhr an den Wänden des Kongresszentrum von Tampa tickte, behauptete Ryan, Präsident Obama habe keine Haushaltspolitik gemacht, kein eigenes Programm vorgelegt.
Republikanische Blockade Strategie
Dabei unterschlug Ryan das nur ein Jahr zurückliegende Psychodrama in Washington, bei dem die republikanische Mehrheit im Kongress jeden Haushalt – und jeden Versuch zur Defizitreduzierung – blockierte, inklusive der Empfehlungen der paritätisch besetzten Simpson-Bowles-Haushaltskommission.
Ryan behauptet auch, die Demokraten wollten der Gesundheitsversorgung von SeniorInnen Milliarden entziehen. Dabei unterschlägt er, dass sein eigenes Haushaltsprogramm das Medicare-Programm privatisieren – und damit für die heute unter 55-Jährigen ganz abschaffen – und durch ein Couponsystem ersetzen will. Sein unredlichstes Extrem erreichte Ryan in Tampa, als er eine Fabrikschließung, die noch zu Amtszeiten von George W. Bush stattfand, in die Verantwortung von Obama schob.
Ein zentrales Stichwort, das Ryan mehrfach für die Obama-Regierung benutzte, hat vor ihm auch schon Ex-Außenministerin Condoleezza Rice vor dem Parteitag genannt: „Führungsschwäche.“ In ihrer Rede, die sich mit der Außenpolitik der USA beschäftigte, warnte Rice, dass ein führungsschwaches Amerika international entweder ins Chaos oder zur Führungsübernahme durch gefährliche Alternativen führen würde.
„Wir können uns keine Führungsschwäche leisten“, sagte Rice. Sie ist die höchste Repräsentantin der ehemaligen republikanischen Spitze, die in Tampa Rederecht bekam. Ihr früherer Präsident George W. Bush musste den Parteitag aus der Ferne verfolgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
Ampelkoalition gescheitert
Endlich!
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Scheitern der Ampelkoalition
Ampel aus die Maus
Ampelkoalition zerbricht
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Antisemitismus-Resolution im Bundestag
Kritik an Antisemitismus-Resolution