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Mord an GewerkschafterAnzeige gegen Nestlé verschleppt

Nestlé soll Mitverantwortung tragen für den Mord an einem kolumbianischen Gewerkschafter. Justizbehörden der Kantone streiten sich über die Zuständigkeit.

Der Konzern soll Mitverantwortung an der Ermordung des kolumbianischen Gewerkschafters haben. Bild: dapd

GENF taz | Ist die Schweizer Führung des weltgrößten multinationalen Nahrungsmittelkonzerns mitverantwortlich für die Ermordung des kolumbianischen Gewerkschafters und ehemaligen Nestlé-Mitarbeiters Luciano Romero im September 2005? Die Klärung dieser brisanten Frage wird von den Schweizer Justizbehörden nun schon seit sechs Monaten verschleppt.

Am 5. März reichten das in Berlin ansässige Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) und Kolumbiens nationale Gewerkschaft der Beschäftigten in der Lebensmittelindustrie (Sinaltrainal) bei der Staatsanwaltschaft im Schweizer Kanton Zug eine gemeinsame Strafanzeige ein gegen den damaligen Nestlé-Chef Peter Brabeck-Letmathe sowie vier weitere führende Manager der Konzernspitze und der Nestlé-Filiale in Kolumbien. „Fahrlässige Tötung durch Unterlassen an dem kolumbianischen Gewerkschafter Luciano Enrique Romero Molina“ wirft die Strafanzeige den Nestlé-Managern vor.

Romero, ein ehemaliger Mitarbeiter und für Nestlé unbequemer Gewerkschaftsaktivist in der Milchpulverfabrik des Konzerns in Valledupar wurde am 11. September 2005 von Paramilitärs ermordet. Zuvor war Romero vom Nestlé-Management in Kolumbien öffentlich als Guerillero diffamiert worden und hatte daraufhin jahrelang Morddrohungen erhalten. Von der „Chronik eines angekündigten Mordes“ schreiben die Kläger in ihrer Strafanzeige. Die Konzernspitze in der Schweiz trage Mitverantwortung für den Mord, weil sie die Diffamierungen durch das kolumbianische Nestlé-Management nicht unterbunden habe.

Nestlés Firmenzentrale befindet sich zwar in Vevey am Genfer See, das zum Kanton Waadt gehört. Doch die Kläger hatten ihre Klage in Zug, dem steuergünstigsten aller Schweizer Kantone, eingereicht. Hier hat Nestlé seinen Steuer- und zweiten Unternehmenssitz. Die Zuger Staatsanwaltschaft verfügt über einen hartnäckigen Ermittler mit internationaler Erfahrung, der auch in der Vergangenheit schon mit Erfolg gegen Großunternehmen vorgegangen ist.

Doch vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Konzern mit 328.000 Beschäftigten in 150 Ländern, der mit einem letztjährigen Umsatz von 70 Milliarden Euro und einem Reingewinn von 8 Milliarden Euro auch wichtigster Steuerzahler der Schweiz ist, scheute die Zuger Staatsanwaltschaft dann doch zurück. Anfang Juni reichte sie den Fall klammheimlich und ohne die Kläger zu informieren an die Staatsanwaltschaft im Kanton Waadt weiter.

Die Anwälte der Kläger kritisierten diese Entscheidung als willkürlich und legten Ende Juni Berufung beim Bundesstrafgericht ein. Dieses prüft nun bereits seit über zwei Monaten die Frage, ob die Justiz in Zug oder im Waadt zuständig ist.

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5 Kommentare

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  • PG
    Paul Grunder

    Die Schweizer Gerichte; die in der Schweiz tätigen Juristen kommen allmählich in den Verruf, aus finanziellem Eigennutz Fälle zu verschleppen. Es wird Zeit, dass sie das Gegenteil unter Beweis stellen.

  • B
    bull

    Der Nestle Konzern ist der gefährlichste Terrorkonzern den ich kenne.Seit über 20 Jahren kauft dieser Dreckskonzern nun schon Quellen und ganze Flussläufe und Seen in allen Ländern auf.

    DAS IST DER EIGENTLICHE SKANDAL DIESER FIRMA.DIE SPIELEN MIT DER ZUKUNFT VON MILLIONEN MENSCHEN AUF DIESEM PLANETEN.

  • GD
    globale Demokratie

    Was in Deutschland die Coordination gegen BAYER-Gefahren CBG, ist in der Schweiz mit Multiwatch und paar anderen vergleichbar.

    http://www.multiwatch.ch/de/p97000084.html

     

    Wie aus vielen Inhalten heraus geht, ist die Firma Securitas weltweit aktiv.

    Ob Securitas Raab Karcher oder umgekehrt aufkaufte, ist unerheblich.

    http://www.multiwatch.ch/cm_data/Beobachter_Juli08.pdf

    Interessant für Deutschland sind die deutschen Bahnimmobilien, Bahnhöfe, ECE Gebäude und vor allem Behörden, auch in höchst-sicherheitsrelevanten Bereichen wie Staatsschutz etc.

    Die Arbeitsagenturen, Nürnberg, befördern viele in den Bereich Sicherheit.

    Von Österreich bis zur dänischen Grenze, ein Securitas Gestrüpp sondergleichen.

     

    Die neue global, fordsche Boxertruppe der INSM? Da stellt sich die Frage ob jemals der Wirtskern-/ideologie der SS,SA aufgelöst war.

     

    Securitas hat, wie der Nestle Fall zeigt, eine spezielle geldwillig korrupte Abteilung "Investigation Service".

    Sie könnte durchaus mit Scientology geheimdienstlicher Abteilung vergleichbar sein.

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/anzeige-nestle-soll-attac-bespitzelt-haben-a-559661.html

    Es gibt diverse Gemeinsamkeiten, personenbezogene Datengier, auch die der CIA und vor allem parallel Aktivitäten in anderen Ländern.

     

    Wie weit die staatsfinanziert-/tragenden Konrad Adenauer oder Friedrich Naumann Stiftung, nun nennt sie sich "Stiftung für die Freiheit", basierend auf F. Naumanns Doktrin:

    „Die Weltgeschichte muß fortfahren Nationen zu zerstören“, schrieb er, „wir scheuen uns gar nicht, Polen, Dänen, Suaheli, Chinesen nach Kräften zu entnationalisieren.“

    in Lateinamerika aktiv ist, sollte genauer betrachtet werden.

     

    SPD, E. Eppler klatschte Beifall für F.Naumann, nun gibt es Autos und Atombomben für Brasilien, damit sie auch Rohöl benötigen!, posthume Ehrung und Fortführung des Henry Ford Gedankenmodell?

    Die Innen- und Außenansicht Deutschlands und ihre Un-UNCAC Bundespolitiker die eine speziell, bewaffnete Wirtschaft förden und behaupten das wäre freie Marktwirtschaft und Deutschland müsse sich am Hindukush verteidigen.

     

    Fürchtet sich die deutsche Gewaltenteilung oder Europa vor Großkonzernen?

  • B
    Bachsau

    Mal wieder typisch "Demokratie": Somit jemand Geld hat, nimmt man es mit der Justiz nicht mehr so genau.

  • U
    Ungläubiger

    Und wieder ein Grund mehr keine Produkte des Nestlé-Konzerns zu kaufen. Das gelingt mir seit Jahren weitestgehend recht erfolgreich (leider weiß man nicht immer, was man in welchen Kantinen oder Mensen bekommt...) und daran werde ich festhalten.

     

    Alle denen nicht egal ist, wo und wie ihre Nahrung entsteht und die sollten Nestlé boykottieren, nur so kann und wird ein Umdenken in solchen Unternehmen stattfinden.

     

    Also: Nestlé (und am besten auch gleich Kraft) boykottieren! Für faire und nachhaltige Nahrung!

     

    Übrigens: nur weil ich die widerliche Kunstplörre (und Kunstmatsch) von Nestlé nicht kaufe bin ich noch nicht verhungert, ich werde immer satt und ich schmecke nach wie vor den Unterschied zwischen Erdbeeren und Milch mit Erdbeeraroma!