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Trauma nach Zugriff

PROZESS Berufungsverhandlung im Fall Amare B. fortgesetzt. Experte: Blaue Flecken „normal“

Zur falschen Zeit am falschen Ort? Oder doch die falsche Hautfarbe? Das ist die Frage, die sich der Nebenkläger Amare B. im Prozess gegen zwei Polizeibeamte vor dem Landgericht stellt, der am Freitag fortgesetzt wurde.

Vor knapp drei Jahren wurde der äthiopischstämmige Deutsche von zwei LKA-Beamten überwältigt, als er am Tempelhofer Damm auf einen Makler wartete, um eine Wohnung zu besichtigen. Die Polizisten begründeten dies später mit einem Irrtum bei der Verfolgung von Ladendieben. B. trug eine schwere Prellung an den Rippen davon und musste sich in psychologische Behandlung begeben.

Die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) sieht hier einen Fall von „Racial Profiling“, im Strafgesetz gibt es diesen Tatbestand jedoch nicht. B. erstattete Anzeige wegen Körperverletzung im Amt. Überraschend verhängte das Amtsgericht 2011 Bewährungsstrafen: Die Beamten hätten B.s Verletzungen billigend in Kauf genommen, so die Begründung. Die Polizisten gingen in Berufung, der Fall landete beim Landgericht.

Am zweiten Verhandlungstag am Freitag präsentierte ein Sachverständiger den Befund zu B.s Gesundheitszustand nach dem Vorfall. „Ich habe einen völlig veränderten Mann erlebt“, sagte der Arzt, zu dem B. in die Sprechstunde ging. Er habe ihn darauf an das Zentrum für Folteropfer überwiesen. Ein weiterer Sachverständiger sagte dagegen, blaue Flecken seien nach Festnahmen die Regel. Die Richterin machte nicht den Eindruck, als wolle sie sich der erstinstanzlichen Entscheidung anschließen. Das Urteil wird für den 8. April erwartet. M. RANK

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