Gesetzentwurf zur Frauenquote: Kein „Luxusthema“
Mehr Platz für Frauen in Aufsichtsräten: SPD und Grüne bringen einen Gesetzentwurf zur Frauenquote in den Bundestag.
BERLIN taz | Nächstes Jahr, 2013, werden rund 80 Aufsichtsräte in den DAX-Unternehmen neu gewählt. Das sei die Chance, Frauen dort nach vorne zu bringen, findet die Opposition im Bundestag. Während Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) das Thema Frauenquote schon auf die nächste Legislaturperiode verschoben hat, brachten Grüne und SPD am Freitag gemeinsam einen Gesetzentwurf ein, den zuvor bereits der Bundesrat gebilligt hatte. Darin wird eine Mindestquote von 20 Prozent Frauen in Aufsichtsräten der deutschen DAX-Unternehmen ab 2018 vorgesehen. Ab 2023 sollen es dann 40 Prozent werden.
Vor kurzem hatten diesem Gesetzentwurf im Bundesrat überraschend die von großen Koalitionen regierten Länder Sachsen-Anhalt und Saarland zugestimmt. Grüne und SPD übernahmen den Entwurf für den Bundestag, um noch in dieser Legislaturperiode Druck auf die Regierung aufzubauen.
Renate Künast, Fraktionschefin der Grünen, wies auf das breite gesellschaftliche Bündnis hin, das in der sogenannten Berliner Erklärung eine solche Quote fordere: „Selbst Verlegerin Friede Springer hat unterschrieben.“
Der liebe Koalitionszwang...
Da auch die Frauen der Union mehrheitlich für eine solche Quote sind, ergibt sich rein rechnerisch eine Mehrheit im Bundestag – wenn es den Koalitionszwang nicht gäbe. Künast forderte denn auch, diesen aufzuheben. Für die CDU antwortete im Bundestag Stephan Harbarth, der in der Aktion der Opposition eine „Showveranstaltung“ sah. Mit dem Gesetzentwurf würden nur etwa 100 Frauen in die Aufsichtsräte befördert. Die Selbstverpflichtung der Unternehmen dagegen, die CDU-Frauenministerin Kristina Schröder initiiert hatte, sehe vor allem unterhalb der Vorstände eine Erhöhung des Frauenanteils vor. Von diesen bescheideneren Quoten (ThyssenKrupp will etwa auf 15 Prozent Frauen in Chefsesseln kommen) profitierten viel mehr Frauen, nämlich etwa 5.000. „Sie setzen auf die gläserne Decke nur ein paar Frauen drauf“, erklärte er. „Das ist eine Mogelpackung.“ Die Flexiquoten von Ministerin Schröder dagegen seien maßgeschneidert und passgenau.
Untersuchungen der London School of Economics hätten ergeben, so ergänzte FDPler Marco Buschmann, dass die gesetzlich geforderten 40 Prozent Frauen in Norwegens Aufsichtsräten keine Frauen auf unteren Ebenen nach sich gezogen hätten. Auch das FDP-eigene „bürokratische Monstrum“ holte er hervor.
Elisabeth Winkelmeier-Becker von der CDU machte dagegen aus ihrer Sympathie für den Oppositionsentwurf keinen Hehl. Frauen in Toppositionen der Wirtschaft seien kein „Luxusthema“, erklärte sie. „Wir brauchen eine gesetzliche Regelung.“
(Update 29.10.: In einer früheren Version hieß es, dass die Frauenministerin Kristina Schröder der Debatte ferngeblieben sei. Richtig ist, dass sie später, noch während der Debatte im Plenarsaal anwesend war.)
Leser*innenkommentare
Sandra
Gast
Hier gibt es einen interessanten Artikel von unserer Familienministerin Kristina Schröder zum Thema Frauenquote http://www.atkearney361grad.de/2012/10/29/nicht-mit-dem-kopf-durch-die-wand-sondern-mit-kopfchen-durch-die-glaserne-decke/
Franzi
Gast
Warum startet man nicht einfach eine Volksabstimmung? Jeden den ich frage, egal ob Mann oder Frau ist gegen eine Frauenquote.
Bob
Gast
...und ewig grüßt das Murmeltier...man kann es schon nicht mehr hören wie immer und immer und immer wieder das gleiche Thema wieder und wieder heraus geholt wird...und wie jedesmal fordert man wie selbstverständlich die Bevorzugung der Frauen und somit eine Benachteiligung der Männer (was offenbar in der Gesellschaft und Politik legitim ist...) ohne auch nur wenigstens ein einziges mal die Behauptung der ANGEBLICHEN "unterdrückung" der Frauen auch nur ein einziges mal zu Belegen...-.-...aber ist wohl bei so einem Thema nicht von nöten...
Kerstin
Gast
Wenn die Debatte um eine Frauenquote in den Vorstands- und Aufsichtsratsetagen der deutschen Wirtschaft kein Luxusthema ist, was dann? Frauen, die für die wenigen Stellen in den DAX-30-Vorständen in Frage kommen, sind professionell längst angekommen und brauchen keine Förderung mehr. Ich finde es beschämend von Frauen und für Frauen, dass sich etwa Viviane Reding, die EU-Justizkommissarin für die Frauenquote auf dem beruflichen Toplevel stark macht, ohne an die Millionen Frauen auch nur zu denken, die für zu wenig Geld in Jobs ohne nennenswertes Prestige arbeiten (müssen): in der Gastronomie, der Altenpflege, im Handel etc. Mich beschleicht der Verdacht, dass es Frau Reding und in ihrem publizistischen Gefolge auch der Journaille à la taz zuerst um Teilhabe an der Macht geht und erst danach - vielleicht - um Geschlechtergerechtigkeit.
Alreech
Gast
nächstes Jahr werden nicht nur 80 Aufsichtsräte gewählt, es wird auch ein neuer Bundestag gewählt.
Wäre es nicht auch sinnvoll für diese Wahl eine Frauenquote vorzuschreiben, und die Wähler zu bestraften bzw. die Wahl für ungültig zu erklären wenn die Wähler nicht genügend Frauen wählen ?
Ubuntu
Gast
Warum glauben Frauen eigentlich,sie hätten es nicht nötig sich dem Wettbewerb zu stellen?
Arne
Gast
Natürlich ist das Thema für Frau Winkelmeyer-Becker von der CDU kein Luxusthema. Ebensowenig für Frau Künast,
Wo sollen ausrangierte Politikerinnen denn hin, wenn sie ausreichend Politik für die ganzen Banken und Energiekonzerne gemacht haben, wenn dann keine Posten für Frauen in den Aufsichtsräten zur Verfügung stehen?
Um eine Quote in den Betrieben, um auch über 50jährige Frauen (und nicht nur diese) zu integrieren und diese vor Altersarmut zu bewahren, kümmern sich die Damen (und natürlich auch die Herren) in CDUCSUSPDFDPGRÜNE sich natürlich nicht.
Michael
Gast
Der Zusammenhang zwischen Text und Bild erschließt sich mir nicht. Noch schlimmer: Ich glaube nicht, dass Fingernagelpflege vorrangige Aufgabe von Aufsichtsratsmitgliedern ist.
Dieses Bild ist 1. sexistisch und 2. eher ein Argument gegen als für Frauen in Führungspopsitionen.
Lässt sich das nicht ändern? Warum wird nicht einfach eine Aufsichtsrätin bei der Arbeit gezeigt?