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Mehr Tracking im NetzDen Nutzern auf den Fersen

Die Zahl der Cookies, mit denen Websites ihre Nutzer ausspähen, ist stark gestiegen. Wie sehr, zeigt der „Privacy Census“ der Uni Berkeley.

Wer surft da auf meiner Website? Und was kann ich ihm verkaufen? Bild: kallejipp / photocase.com

BERLIN taz | Reklametreibende wollen heute ganz genau wissen, wer ihre Botschaften online zu sehen bekommt. Entsprechend intensivieren die Website-Betreiber ihre Trackingmaßnahmen. Zu diesem Ergebnis kommt der jüngste „Web Privacy Census“, der am „Center for Law and Technology“ der University of California in Berkeley entsteht.

Die Forscher erfassen in regelmäßigen Abständen, wie viele Schnüffeldateienl, sogenannte Cookies, und andere Online-Verfolgungsmethoden die populärsten Angebote im Netz einsetzen. Cookies werden von einer Website auf die Festplatte des Nutzers geschrieben und können dann später wieder ausgelesen werden, um ihn wiederzuerkennen. Dabei ergab sich insbesondere in den letzten fünf Monaten eine Steigerung.

So wurden im Oktober, dem Monat mit den aktuellsten Zahlen, auf den nach dem Webanalyseunternehmen Quantcast 100 beliebtesten Seiten insgesamt 6.485 Cookies gesetzt. Im Mai waren es nur 5.795 Stück, 2009 gar nur 3.602. Die Mehrzahl kommt dabei nicht von den Seitenbetreibern selbst, zu denen zahlreiche bekannte Marken wie New York Times, Google, AOL, Microsoft, Yellowpages.com oder Yelp gehören. Stattdessen setzen viele offenbar sogenannte Third Party Tracker ein - Unternehmen, die die Nutzerverfolgung zentral organisieren.

Das hat deutliche Auswirkungen auf die Privatsphäre: Sind die Tracker auf verschiedenen Seiten postiert, lässt sich das Nutzerverhalten durch das halbe Web verfolgen. Das erlaubt die verschiedensten Vermarktungsmodelle: So wird etwa beim „Retargeting“ Nutzern ein Produkt, das sie zuvor beinahe gekauft hätten, immer wieder in Bannern und anderen Werbeformen vorgesetzt. Interessensbasierte Anzeigen, wie sie etwa Google einsetzt, legen dagegen aus dem Surfverhalten Nutzerprofile an, mit denen Werbetreibende dann passgenaue Zielgruppen ansprechen können sollen.

„Flash-Cookies“

Die über Cookies gesammelten Daten sind normalerweise nicht einzelnen Personen zuzuordnen, sondern nur Computern beziehungsweise Browsern. Die Datenkrümel lassen sich derzeit noch vergleichsweise einfach löschen. Wobei die Anbieter es Nutzern, denen ihre Privatsphäre lieb ist, zunehmend schwer machen: Statt normaler Cookies im Browser werden dann beispielsweise an anderer Stelle auf der Festplatte liegende „Flash-Cookies“ gesetzt.

Zwar nahm die Flash-Cookie-Nutzung insgesamt ab, so der aktuelle Privacy Census, doch prüften Anbieter neue Methoden wie das Speichern von Daten mit der neuen Browser-Technik HTML5. Mittlerweile wurden immerhin 38 Websites gefunden, die dieses Verfahren einsetzen.

Je populärer, desto mehr

Die Zunahme der Überwachungstechniken zu Marketingzwecken betrifft auch das weitere Web. Ein ähnliches Wachstum haben die Berkeley-Forscher auch bei den Top 1.000 und Top 25.000 im Internet festgestellt. „Je populärer eine Seite ist, desto mehr Cookies werden verwendet“, heißt es in dem Bericht. „Wer die Homepages der populärsten Websites besucht, erhält schon Tausende Cookies installiert.“

Dabei zeigte kaum ein Anbieter Hinweise auf die hauseigene Datenschutzpolitik - es passiere einfach so. Die am häufigsten vorkommenden Cookies waren solche, mit denen sich einzelne User tracken lassen; auch Googles Web-Analyse-Software Analytics ist enorm beliebt. Was mit den Informationen geschieht, darüber informieren Website-Betreiber häufig nur im Kleingedruckten.

Die Berkeley-Forscher fordern die Politik auf, die im Privacy Census gemachten Erfahrungen in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. So wird aktuell im US-Repräsentantenhaus über eine „Do Not Track“-Gesetzgebung debattiert. Das Verfahren, das bereits in einigen Browsern wie dem Internet Explorer 8 steckt, soll es Nutzern erlauben, Werbefirmen zu signalisieren, dass man kein Tracking möchte. Doch das Signal allein reicht noch nicht, es muss auch ausgewertet werden. Die Marketingbranche argumentiert, sie könne sich hier selbst regulieren. Der Anstieg bei den Cookies könnte dafür sprechen, dass das nicht der Fall ist.

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9 Kommentare

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  • MB
    Michael Buran

    Eigentlich weiss oder ahnt man dies alles, fühlt sich aber nicht wirklich betroffen, denn man spürt es nicht direkt. Hilfreich kann hier eine Visualisierung des Hintergrundgeschehens sein. Ich empfehle im Chrome- oder Firefox-Browser die Erweiterung Collusion zu installieren, einige Websites zu besuchen und zu beobachten wer da mit wem im Hintergrund 'spricht'. Anti-Tracking-Tools wie Ghostery müssen dazu selbstverständlich deaktiviert sein. Als kleinen Appetizer dazu dieser Screenshot http://i48.tinypic.com/28bwisy.jpg aufgenommen nach etwa 10 Website-Besuchen.

  • G
    Ghostery

    Ihr wollt keine Cookies? Die Einstellungen lassen sich ganz einfach unter Einstellungen anpassen. Ist dann natürlich nicht mehr so bequem beim online-shopping oder so. Oder eine White-List anlegen, geht auch. Die Keksspender setzen definitiv auf die Faulheit, ggfs. auch Dummheit, der User. Und haben offensichtlich erfolg. Alle Jahre wieder das gleiche Gejammer. Und als wär's nicht genug hier noch ein Tip für's shoppen: Cookies nicht zulassen, erst bei Kauf Cookies zulassen, Kauf abwickeln, Cookies abschalten. Die besseren Browser ermöglichen die einstellung, das beim beenden alle Cookies gelöscht werden. Flash-Cookies werden nur vom BetterPrivacy sicher enttarnt und gelöscht.

  • K
    Karl

    Immer wieder schön, wie Menschen ohne tieferes Fachwissen über Themen diskutieren. Was genau ist denn nicht "Datenschutzfreundlich"? Der Datenschutz regelt den Umgang mit personenbezogenen Daten - werden hier personenbezogene Daten getrackt?

     

    adition.com - Ist der Ad-Server der Werbung ausliefert. Wer auf Werbung komplett verzichtet, schwächt die Inhalteproduzenten. Folge sind Payment-Modell bzw. Inhalte werden eingestellt

     

     

    etracker - Trackt das Userverhalten anonymisiert (http://www.etracker.com/de/datenschutz.html)

     

    VG Wort - Pixel um die Reichweite versch. Artikel zu tracken, die von der Verwertungsgesellschaft Wort vergütet werden (Einnahmen für Autoren & Verlage)

     

    flattr - Möglichkeit quasi eine Spende für einen Artikel zu geben - also für alle die Werbung mittels Ad-Blocker blockieren die erste Wahl!

     

    ;O)

  • R
    rollimops

    Kann mich meinen VorrednerInnen nur anschliessen: Wer TAZ aufruft, wird fünfmal getrackt, die Seite mit dem Artikel ebenso, nur wenn man kommentiert, sind es "nur" noch vier. Dass das Angebot der Tracker je nach Seite unterschiedlich ist, wirkt dabei nicht beruhigender. Ich denke, hier muss die TAZ definitiv nachbessern!!

  • P
    Peter

    Ich kann jedem Nutzer, den das stört, empfehlen Ghostery für seinen Browser zu installieren. Ghostery ist ein Addon für eine Vielzahl von Browsern, welches eben dieses Tracking von seitenübergreifenden Portalen (den Weg, den man durch's Internet geht) verhindert.

  • J
    jakicoll

    Die Taz hat schon vor einiger Zeit eine Erklärung zum Tracking abgegeben:

     

    http://blogs.taz.de/hausblog/2012/05/11/taz-de-bindet-etracker-ein/

  • S
    somi

    Ich frage mich, inwieweit sich Werber überhaupt bewusst sind, dass gesehene Werbung noch lange nicht Wirksamkeit bedeutet.

     

    Ich habe in meinem ganzen Leben wohl nicht öfter als 5 mal auf ein Banner oder Ad geklickt. "Sponsored Links" klicke ich grundsätzlich nicht an.

     

    Zumal ich nur noch wenige Menschen kenne, die nicht mit Adblock unterwegs sind.

     

    Meiner Meinung nach zählt Betriebs/Produkt-gesamtes Image nach wie vor wesentlich mehr als jegliche, intrusive Marktschreier-Werbung.

     

    Abgesehen davon danke, liebes Taz-Captcha-script, für den Lacher des Tages:

     

    "

    Bitte geben Sie hier das Wort ein, das im Bild angezeigt wird. Dies dient der Spamvermeidung Wenn Sie das Wort nicht lesen konnten, bitte hier klicken.

     

    keks

     

    "

  • E
    Egal

    Allein auf dieser Seite habe ich 5 Tracking-Cookies gefunden...

  • M
    Michael

    Eine wichtige Ergänzung: Bei taz.de werde ich übrigens laut Ghostery von vier Stellen getrackt:

    - adition.com

    - etracker

    - VG Wort

    - flattr

     

    Das ist auch nicht gerade Datenschutzfreundlich. Manch andere Zeitung hat zwar deutlich mehr (Bei sueddeutsche.de sind es 15, bei bild.de 9, bei welt.de 11, bei Spiegel Online 7, hingegen bei faz.net nur2). Wär aber doch mal eine nette Geste der Transparenz, zu erklären, warum ich von vier verschiedenen Stellen ausspioniert werden muss, wenn ich taz.de lese.